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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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sie war im Einkaufscenter und kaufte eine Stange King 100 . Oder lag Mommy sogar im Gartenstuhl, und Peter erzählte wie immer von natürlicher Körperlichkeit, FKK-Kolonien und davon, wie Gott uns geschaffen hatte? Konnte er sie auf diese Weise überreden, derartige Bilder machen zu dürfen? Anfänglich mochte Mommy unschlüssig gewesen sein, aber schließlich war es Peter , und Peter hätte genauso gut mein Vater sein können – vor Poppa lief ich zu Hause ja auch ständig in Unterwäsche herum. Ich kann mich nicht erinnern, ob Peter uns zu überreden versuchte, auch noch die Unterwäsche auszuziehen. So sehr ich mich auch anstrenge, mir fällt so gut wie nichts mehr aus jenen gut sieben Monaten nach dem Essen im Benihana ein.
    ***
    Im Sommer 1988 war ich erst neun Jahre alt, doch auf meiner Brust bildete sich bereits ein kleiner Busen. Ich bekam Schamhaar, was mich so anwiderte, dass ich den Rasierer meines Vaters nahm, mich mit Henna-Shampoo einschäumte und kahlrasierte. Zwanghaft überprüfte ich mein Gesicht im Spiegel, nicht aus Eitelkeit, sondern weil ich die Angst entwickelt hatte, eines Tages in den Spiegel zu blicken und dort überhaupt nichts zu sehen.
    ***
    Ich wusste, dass meine Mutter an allem schuld war.
    Man hatte mir gesagt, ich dürfe nicht mehr zu Peter gehen. Zwei Wochen danach war ich mit meiner Mutter in unserem Schlafzimmer und drehte durch, riss den Bezug vom Bett, warf Kopfkissen auf den Boden, schmiss meine Stofftiere aus dem Mahagoni-Sekretär. Jedes Mal, wenn ich sie fragte, warum ich Peter nicht mehr sehen dürfte, log sie mich an, sie hätte einmal gesehen, dass er Karen schlug.
    »Nein, das stimmt nicht! Ich habe gehört, wie du mit Poppa geredet hast! Ich hab’s gehört! Du hast gesagt, es ist wegen einem Kuss! Es ist wegen einem Kuss! Lüg mich nicht an!« Mit erhobenen Fäusten stürmte ich auf sie zu, und sie wich zurück. »Sag mir die Wahrheit!«
    »Peter hat dich im Schwimmbad geküsst.« Mommy begann zu weinen. »Er hat dich auf den Mund geküsst.«
    »Und? Ja, und?«
    »Peter hat dich geküsst! Auf den Mund!«
    »›Ja und?‹, habe ich gesagt! ›Ja und? Ja und? Ja und?‹«
    »Einige Bademeister haben das gesehen …«
    »Was?« Ich schämte mich, dass jetzt jeder über Peters und mein Geheimnis Bescheid wusste.
    »Es war draußen, in der Öffentlichkeit, alle haben es gesehen. Ein Bademeister sprach mich darauf an. Wer Peter denn sei. Er fragte: ›Ist er ihr Vater?‹ Ich sagte: ›nein, er ist nicht mit uns verwandt.‹ Er sah mich an, als hätte ich etwas falsch gemacht. Als wäre ich keine gute Mutter. Ich wollte ihm erklären, dass Peter ein guter Freund der Familie ist. Er schüttelte den Kopf und meinte, das sei eine ernste Sache. Er selbst wolle Peter nicht darauf ansprechen, weil er strenggenommen nichts Verbotenes getan hätte. Aber er meinte, er werde ihn im Auge behalten. Es sei meine Sache, ob ich wegen dem, was bereits geschehen ist, etwas unternehmen würde. Als er das sagte, wusste ich nicht, was ich tun sollte. Irgendwas musste ich machen.«
    »Du hättest es aber nicht Poppa erzählen brauchen!«
    »Doch, das musste ich«, sagte Mommy und wich meinem Blick aus. »Er ist dein Vater. Es hätte sich sowieso bis zu ihm herumgesprochen. Irgendjemand hätte es ihm in der Bar erzählt. Dann wäre er richtig wütend geworden. Dr. Gurney meint, was Peter getan hat, ein kleines Mädchen auf den Mund zu küssen, das sei unerhört. Er hält Peter für krank. Er rät deinem Vater und mir, die Polizei zu verständigen. Aber dein Vater meint, das sei nicht nötig. Peter hat noch Glück gehabt.«
    »Poppa hat mich auch mal auf die Lippen geküsst! Er kam von der Arbeit nach Hause, sagte hallo und küsste mich auf die Lippen!«
    »Das ist was anderes! Er ist dein Vater!«
    »Peter ist eher ein Vater für mich als er! Warum tust du mir das an, warum? Warum bestrafst du mich? Du willst mich umbringen! Du willst, dass ich sterbe!«
    Sie legte die Hand über die Augen und sagte mit zitternder Stimme: »Mein Psychiater hat es gesagt. Dein Vater hat es gesagt. Ich muss auf sie hören. Ich muss das tun, was richtig ist. Ein Mann darf ein kleines Mädchen nicht im öffentlichen Schwimmbad auf den Mund küssen. Dein Vater sagt, er will nicht, dass wir zum Stadtgespräch werden und die Leute ihn angucken, als hätte er was falsch gemacht, wo er doch die ganze Zeit gewusst hat, dass Peter ein schlechter Mensch ist, schon seit dem Essen im Benihana damals. Lass uns bitte damit

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