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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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anderen Seite des Zimmers aus betrachten. Sie war so frech. So bla-bla. Sie trug ihr Nichts, als wäre es alles.
    Nina war auf der Welt, um Peter glücklich zu machen. Um glücklich zu sein, brauchte er viel Intimität. Intimität bedeutete für ihn manuelle Befriedigung (er nannte das »Massage«) oder Oralsex.
    Nina bekam einen Crashkurs in Sachen Männerbefriedigung, indem sie zusätzlich zu Peters selbstgemachten Filmen auch wahllos Pornos anschaute: eine Collage aus verschiedenen indizierten Ausschnitten, in denen Frauen all das taten, was Männer verlangten. Peter stellte den Ton ab, damit niemand, der sich in der Küche etwas zu essen holen wollte, das Stöhnen durch seine dünne Zimmertür hörte. Besonders gerne sah er sich Frauen an, die Männern kniend einen bliesen, oder Männer, die ins Gesicht einer Frau spritzten; das Penetrieren selbst war für ihn nur bis zu einem gewissen Punkt interessant, dann spulte er vor.
    Einige Pornodarstellerinnen hatten gewaltige, voluminöse Dauerwellen, andere trugen glattes weißblondes Haar, eine Frau hatte violetten Lidschatten streifenartig aufgetragen, damit ihre Augen katzenähnlich wirkten, wieder eine andere war bis auf ihre rosa Stiefel nackt. Es gab eine schlanke, gebräunte Blondine mit einem tätowierten Kolibri auf der Schulter. Immer wenn ein Mann sie von hinten nahm, schien der Vogel zu fliegen; ich freute mich jedes Mal auf diese Szene und stellte mir vor, dass die Schauspielerin dem Regisseur nur erlaubte, sie von hinten zu filmen, weil sie so ihr schönes Tattoo zur Schau stellen konnte. Manchmal wurden die Pornos langweilig, doch trotzdem spendeten sie mir Trost, weil sie mir zeigten, dass das, was Peter und ich zusammen machten, nichts Besonderes war.
    ***
    Was mit meiner Mutter zu Hause geschah, passierte auch mit mir, nur auf einer anderen Ebene. Ich merkte, dass ich häufig wegdriftete, doch es war mir völlig egal. Warum sollte ich mich um jemanden sorgen, der so dumm und unbeliebt war wie ich? Ein Mädchen, das schwach war, das seine Mutter auf der Straße zurückgelassen hatte. Manchmal, wenn ich nichts zu tun hatte, stellte ich mir vor, wie meine Mutter bei ihrem Nervenzusammenbruch wohl ausgesehen haben mochte: ausgestreckt auf der Straße liegend wie ein beim kubanischen Santería-Ritual geopfertes Huhn, das ich einmal im Bordstein hatte liegen sehen. Dann fragte ich mich, ob ihr Schicksal auch meines sein würde. Ich war nicht in der Lage, ihr zu helfen, damit sie nicht mehr so depressiv war, und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie mutlos im Bett lag.
    Wenn ich bei Peter war, musste ich nie an meine Mutter denken. Er sagte mir immer, ich müsse im Hier und Jetzt leben. Nicht in der Vergangenheit oder der Zukunft. Nur wenn man in der Gegenwart lebte und negative Gedanken vermied, konnte man jemals glücklich sein, wiederholte er gebetsmühlenartig. Wenn ich also einen negativen Gedanken in Bezug auf Peter hatte, versuchte ich, ihn so schnell wie möglich zu verdrängen. Da Peter großzügig entschädigt wurde, hörte er schließlich auf, sich über mein stundenlanges, zwanghaftes Geschichtenerzählen zu beschweren. Die Probleme der Figuren wurden zu meinem einzigen Thema. Ich war so selig, wenn wir uns in der Welt von »Die Geschichte« befanden, dass die von Nina geleisteten sexuellen Gunstbezeugungen es mehr als wert zu sein schienen. Wir fingen sogar an, »Die Geschichte« auf Kassette aufzunehmen, und ich vollendete eine Romanversion mit dem Titel Das Tier in mir . Aus der alten Geschichte entwickelte sich eine neue mit anderen Figuren, unter anderem Nina. Diese neue Serie bot Nina eine Spielfläche, um ihre sexuellen Fantasien an gleichaltrigen Jungen auszuleben. Einer musste beispielsweise ein elektrisches Halsband tragen, das Nina per Fernbedienung steuerte. Jeden Tag musste er sie oral befriedigen. Ich spielte beide Figuren: Nina und den Jungen. Gelegentlich bestand ich darauf, Peter seinen Sex in der Rolle eines Jungen zu geben, der ein Mädchen darstellte. Wenn ich diese Rolle spielte, spürte ich eine Freiheit, die ich sonst nur empfand, wenn ich mit meiner Mutter Riesenrad fuhr und an die höchste Stelle kam. Als Junge war ich weiter denn je zuvor von meinem eigenen Leben entfernt.
    ***
    Wenn ich Peter massierte, behandelte ich seinen Penis wie einen Jojo. Ein Jojo ist eine interessante Erfindung, weil er genau genommen gar nichts tut. Er kommt leer nach oben, wie ein Eimer, der in einen ausgetrockneten Brunnen gesenkt

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