Tim (German Edition)
Aber es ist für mich offensichtlich, dass ihr es bis dahin schaffen werdet«, sagte Norman. »Betsy und ich möchten dich wissen lassen, dass du in unserer Familie willkommen bist. Das gilt auch für Carl. Wir freuen uns darauf, einen weiteren Sohn zu bekommen.«
»Mom, Dad, ich danke euch«, sagte ich und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. Dann wechselte ich aber auf ein mir viel wichtigeres Thema. »Nun sagt mir aber, wie Tim dieses Jahr überlebt. Ich kann seinen Trainingsplan noch immer nicht fassen.«
»Niemand kann das. Besonders wir nicht«, antwortete Norman. »Er hat sich vier Dingen leidenschaftlich verschrieben: dir, Turmspringen, Turnen und dem Lernen. Tina landet abgeschlagen auf Platz 5. Aber sie akzeptiert das. Er geht mit ihr meistens Samstag Abend aus und anschließend sind sie bei uns.«
»Ich kann nicht glauben, was Tim dir alles erzählt«, sagte Betsy. »Und noch weniger kann ich glauben, dass du dich damit wohlfühlst. Aber es fällt mir schwer, das meiste an eurer Geschichte zu glauben. Eines Tages vielleicht...« Sie grinste.
Bevor ich antworten konnte, sprach Norman. »Du scheinst mit Tim und Tina klar zu kommen. Aber was ist mit dir?«
»Ich glaube nicht, dass du das wirklich gefragt hast«, sagte Betsy und sah ihren Mann erstaunt an.
»Norman, du kennst die Antwort. Ich hatte eine kurze Affäre mit meinem Mitbewohner letztes Jahr. Seitdem nichts mehr. Und auch nichts geplant.«
»Charlie, wie geht es dir?« fragte Betsy. »Ich sehe, dass du gut aussiehst und ich gehe davon aus, dass deine Noten nach wie vor tadellos sind. Aber Tim ist so weit entfernt. Wie fühlst du dich?«
»Manchmal wünschte ich mir, ich hätte so viel Ablenkung wie Tim mit seinem Sport. Jetzt, da ich so diszipliniert in meinem Studium bin, habe ich viel Freizeit. Dann ist immer ›Denk-an-Tim-Zeit‹ . Das ist hart«, gab ich zu.
»Möchtest du ihn besuchen?« fragte Norman. »Du weißt, dass es ein selbst auferlegtes Exil ist. Weder Tim, noch wir haben gesagt, dass du ihn nicht besuchen darfst.«
»Nein, ich meinte es ernst, als ich Tim sagte, dass wir diese Jahre getrennt sein müssen«, antwortete ich. »Wir beide brauchen die Möglichkeit, Erfahrungen unabhängig von einander zu machen. Besonders Tim mit 14 Jahren — nun mittlerweile fast 16.«
»Was würdest du machen, wenn Tim dir schreiben würde, dass er sich in Tina verliebt hat und sie heiraten wollten, sobald sie ihren Abschluss gemacht haben?«, fragte Betsy.
»Ich würde ihnen viel Glück wünschen und es auch ehrlich so meinen. Natürlich würde es mir Sorgen machen, ob so etwas für einen schwulen Jungen das richtige wäre. Aber ich bin mir sicher, dass Tim die richtige Entscheidung treffen würde. Ich habe immer daran gezweifelt, ob es richtig für Tim war, sich in jemanden zu verlieben, der so viel älter ist. Aber wir haben beide gelernt, es zu akzeptieren. Aber gerade deswegen ist es für ihn so wichtig, dass er diese Erfahrungen machen und seine Meinung jederzeit ändern kann.«
»Ich verstehe, warum Tim dich so sehr liebt«, sagte Betsy. »Und auch, warum er auf dich warten wird. Ich glaube, ich würde es nicht anders machen.«
»Es gab einen Grund, warum ich dich darum gebeten hatte, Tim nichts von unserem Treffen zu erzählen«, sagte Norman. »Wir wollten dich und ein paar andere aus der Gang zu dem Gymnastik-Wettkampf nächsten Monat einladen und ihn damit überraschen.«
»Oh, Norman, wie gerne würde ich kommen. Aber es geht nicht.«
»Okay, dann sag ihm, dass wir hier waren«, bat Betsy. »Er wird verdammt neidisch sein.«
Kapitel 42: Tim
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In meinem Januar-Brief, Nummer 16, schrieb ich über meinen bevorstehenden Gymnastik-Wettkampf und meine Erwartungen. Ich ergänzte ihn zu dem mit ein paar Zeilen aus meinem Alltag. Ich wollte ihn nicht langweilen und immer wieder das gleiche schreiben. Seitdem sich mein Trainingsplan so verschärft hatte, verzichtete ich auch auf mein Tagebuch. Ich ermutigte ihn, sich einen Freund oder eine Freundin zu suchen, damit er nicht so einsam ist. Ich betonte aber, dass Tina als Leihgabe nicht zur Verfügung stand.
Die Antwort bekam ich genau an meinem Geburtstag. Es war ausnahmsweise mal nicht nur ein Brief, sondern ein kleines Paket. Seinen Glückwünschen zu meinem Geburtstag fügte er ein gerahmtes Foto von sich selbst hinzu. Ich freute mich riesig darüber und stellte das Bild sofort neben mein Bett.
In seinem Brief ging er zuerst auf meinen Vorschlag ein, dass er sich
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