Tim (German Edition)
doch einen Freund oder eine Freundin suchen sollte. Seine Antwort, dass er nur eine Liebe in seinem Leben hat, ließ mein Herz höher schlagen. Womit hatte ich diesen wundervollen Mann nur verdient? Außerdem beichtete er mir, dass meine Eltern ihn besucht hatten und dass sie zusammen Essen gegangen sind. Wie fies war das denn? Sie dürfen Charlie besuchen und ich darf nicht einmal mit ihm telefonieren? Das würde ich ihnen noch lange vorhalten! Genau das schrieb ich auch Charlie auch in meinem Februar-Brief und beschwerte mich bei ihm. Aber ich wusste natürlich, dass es nichts an unserem Deal ändern würde. Deshalb machte ich mir auch keine falschen Hoffnungen.
Darüber hinaus berichtete ich ihm vom Wettbewerb und meiner Vorführung auf dem Schwebebalken. Es fiel mir wieder schwer, nicht zu sehr zu prahlen, aber ich wusste einfach nicht, wie ich es anders formulieren sollte. Es klang immer wie Angeberei. Ich erzählte ihm auch, dass Franklin, Hal und Ronnie da waren, um mir zuzusehen. Meine Eltern hatten sie eingeladen und ich freute mich riesig über diese Überraschung. Nur schade, dass Charlie nicht dabei sein konnte. Nach dem Wettkampf gingen wir zusammen Essen und plauderten über das Camp und was es seit unseren letzten E-Mails neues in unserem Leben gab. Ich merkte, dass Franklin einsam und unglücklich wirkte. Ich teilte diese Entdeckung mit Charlie.
Die Antwort, die ich von ihm Ende Februar bekam, zerriss mich innerlich. Über einen Teil seines Briefes freute ich mich riesig. Über einen anderen Teil war ich enttäuscht und sogar eine Weile lang wütend. Wie konnte er nur?
Kapitel 43: Charlie
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Tim‘s Februar-Brief war lang und er schrieb über seinen Wettbewerb. Er war wieder einmal unglaublich bescheiden. Aber nichts, was ich las, war für mich neu. Da der Wettbewerb in Madison stattfand, war ich natürlich dort. Ich achtete jedoch darauf, weit hinten zu sitzen, sodass Tim mich nicht sehen konnte. Ich konnte ihn allerdings bestens sehen und aus der Entfernung bewundern. Ich sah auch, dass seine Eltern, Carl und Tina dabei waren. Auch Hal und Franklin waren nach Madison gekommen. Ronnie wohnte hier, also ließ auch er sich denn Wettbewerb nicht entgehen. Es tat mir in der Seele weh, nicht mit ihnen reden zu können, aber ich wusste, dass es unmöglich war.
Tim‘s Vorführung war atemberaubend. Ich habe keine Ahnung von Gymnastik, aber was Tim da veranstaltete war ganz großes Kino. Ich saß neben einem jungen Mann, der fast vom seinem Platz gefallen wäre, als Tim eine besonders spektakuläre Aktion vorführte. Als er merkte, dass ich Tim kannte, kamen wir ins Gespräch. Er wollte alles über ihn wissen. Natürlich erzählte ich diesem Fremden nicht alles, was ich über Tim wusste. Dennoch machte es mir Spaß, über ihn zu sprechen.
Als seine Vorführung beendet war und Tim zu seinem kleinen Fanclub ging, fragte mein Nachbar, warum ich nicht zu ihnen ging, um Tim zu seinem großartigen Auftritt zu gratulieren. Ich versuchte ihm zu erklären, dass Tim nicht wusste, dass ich dort war und dass ich ihn nicht aus seiner Konzentration reißen wollte. Ich war mir nicht sicher, ob er mir das glaubte, aber er fragte zumindest nicht weiter nach. Stattdessen stellte er sich mir als Alex vor und lud mich zum Abendessen ein. Ich nahm das Angebot dankend an.
Alex studierte an der Uni in Madison. Er war kein Turner, kam aber zu dem Wettbewerb um Tim‘s Vorführung zu sehen. Neugierig fragte ich, wie er von Tim gehört hatte. Er antwortete, dass ihm der Coach der Uni von Tim erzählt und ihn neugierig gemacht hatte. Ich fragte mich, ob Tim wusste, dass er mittlerweile auch außerhalb von Minneapolis bekannt war. Alex und ich verstanden uns auf Anhieb und wir hatten einen wirklich unterhaltsamen Abend zusammen. Er schaffte es sogar, mich eine Weile von meinen Gedanken an Tim abzulenken.
»Du willst heute Abend aber nicht noch nach Rockford fahren, oder?«, fragte er. »Ich habe zwar nur ein kleines Apartment, aber wenn du möchtest, kannst du gerne bei mir übernachten.« Ich nahm das Angebot an.
Sein Apartment war zwar klein, aber schön. Es war ungewöhnlich sauber für eine Studentenwohnung und man konnte sich dort wohlfühlen.
»Ich bin übrigens schwul«, verkündete er. »Ich hoffe, das stört dich nicht?«
»Nein, ganz und gar nicht«, antwortete ich. Wir setzten uns und unterhielten uns eine Weile, während er ein Bier und ich eine Cola trank.
»Ich habe nur ein Bett, aber das kannst du heute
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