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Tim (German Edition)

Tim (German Edition)

Titel: Tim (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Jäger
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über dich übrigens auch«, sagte Adele aus heiterem Himmel. »Ist es nicht eher unwahrscheinlich, dass 3 von 8 Personen aus einer Gruppe schwul sind?«
    »Wenn man bedenkt, dass zwei weitere höchstwahrscheinlich zumindest bisexuell sind, ist es statistisch fast unmöglich«, antwortete ich, unsicher wohin die Unterhaltung führte. Ich entschied mich, dem auf den Grund zu gehen. »Es scheint euch nicht sonderlich zu stören, dass so viele aus der Gruppe schwul sind?«
    »Warum sollte uns das stören?«, fragte Frank. »Es ist nichts ansteckendes. Und wer weiß? Vielleicht ist Ronnie auch schwul? Eine Freundin hat er jedenfalls nicht.« Er grinste schelmisch. »Ich sollte aber schnell hinzufügen, dass er auch keinen Freund hat.«
    »Ist euch jemals in den Sinn gekommen, mich zu fragen, wenn es euch interessiert?« warf Ronnie ein.
    »Interessieren schon«, gab Adele zu. »Aber es ist für uns vollkommen unwichtig. Wir gingen davon aus, dass du mit uns reden würdest, wenn es für dich wichtig wäre. Aber beantworte mir bitte eine Frage. Ist die Beziehung zwischen uns gut genug, dass du mit uns darüber reden würdest?«
    »Ihr habt gerade beide viel über eure Haltung zu dem Thema gesagt. Von daher würde ich mit dieser Kenntnis nicht zögern, wenn es denn ein Thema für mich wäre. Aber vor dieser Unterhaltung heute? Ich denke schon, aber ich kann es nicht mit Sicherheit sagen.«
    Danach schweiften wir von diesem Thema ab und sprachen über andere Dinge, bis Ronnie vorschlug, mir die Stadt zu zeigen. Ich stimmte zu, also verbrachten wir eine Weile damit, in der Stadt herum zu fahren. Er zeigte mir die Uni, die Seen und die Flüsse in der Umgebung. Ich bestand darauf, dass er mir die Plätze zeigen sollte, die für ihn persönlich wichtig waren. Also fuhren wir zu seiner Grundschule, an der Junior High und der High School vorbei. Er zeigte mir, wo seine Freunde wohnten und wo er sich mit Cola und Burgern versorgte.
    Am Sonntag trafen wir uns mit Ronnie‘s Physiklehrer im Labor der Schule. Sie versuchten, mir eines ihrer Schulprojekte zu erklären und ich verstand sogar fast, wovon sie sprachen. Es war interessant, die Unterschiede in unserer Beziehung zu Ronnie zu vergleichen. Sein Lehrer behandelte Ronnie wie einen intellektuell gleichwertigen Partner, ignorierte aber alle anderen Aspekte an ihm. Diese spielten für mich hingegen eine größere Rolle als seine Intelligenz. Während wir uns unterhielten, stand Ronnie immer in meiner Nähe, manchmal lehnte er sich sogar bei mir an. Ich hatte den Eindruck, dass er uns beide brauchte, um sich als vollständiger Mensch zu fühlen.
    Die Nächte verbrachte ich im Gästezimmer des Hauses, aber Ronnie kam jeden Abend vorbei und legte sich zu mir aufs Bett. Wir unterhielten uns jeden Abend so lange, bis Ronnie müde wurde. Er umarmte mich dann und ging in sein Zimmer. Am nächsten Morgen weckte er mich und wir wiederholten dieses Ritual. Nach dem Mittagessen am Sonntag wurde es für mich aber Zeit, nach Rockford zurück zu fahren. Mit dem Versprechen, in Verbindung zu bleiben und sie wieder zu besuchen, machte ich mich auf den Heimweg.

    Ich war noch nicht lange zuhause, als mich zwei Briefe erreichten. Einer war natürlich von Tim, der zweite kam von seinem Vater. Ich öffnete natürlich Tim‘s Brief zuerst. Er schrieb über seine Erfolge und hatte Angst, dass er zu sehr angeben könnte. Man konnte erkennen, wie sehr er sich bemühte, seine eigenen Erfolge klein zu reden. Aber man konnte auch herauslesen, wie stolz er auf sich selbst war. Ich wusste, dass Tim in seinen Sportarten gut war. Aber war er wirklich so gut, dass er von olympischen Medaillen reden konnte? Ich musste schmunzeln, denn es war so typisch Tim. Er strebte immer nach dem Unerreichbaren.
    Bevor ich ihm antwortete, las ich auch Norman‘s Brief. Erst dieser schockte mich ein bisschen.
Lieber Charlie,
Tim hat uns seinen letzten Brief an dich gezeigt. Er wollte wissen, ob er nicht zu sehr geprahlt hat. Natürlich hat er das, aber wir haben ihn überredet, den Brief so wie er war abzuschicken. Mein Brief ist dazu da, um das ganze in einen realistischen Rahmen für dich zu setzen. Ich hoffe, du sitzt gut? Seine Beschreibungen waren nämlich außerordentlich bescheiden. In seiner Schule ist er ein Held für seine Erfolge beim Turmspringen.
Außerdem habe ich dir ein Foto von Tim auf dem Schwebebalken beigelegt, das in der Zeitung zu sehen war. Es war eine Wahnsinnsshow. Auch in seinem Turnverein ist er ein

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