Tim (German Edition)
genauso offen und ehrlich antworten, wenn ich euch so persönliche Fragen stellen würde?«
»Ich bin mir nicht sicher, dass eine Beziehung zwischen einem Teenager und seinen Eltern so aussehen sollte«, sagte Melanie.
»Nein, eine solche Beziehung sollte von Stillschweigen geprägt sein, so wie sie gestern und jeden Tag zuvor war«, warf Jim mit offenem Sarkasmus ein.
»Der Punkt geht an dich«, gab Curtis zu.
»Nun lasst uns mal nicht um den heißen Brei herum reden«, sagte Andy. »Mom, Dad, habt ihr Oralsex?«
Ich war ein bisschen verdattert, als sie nüchtern antwortete.
»Okay, ich habe damit angefangen. Die Antwort ist: ja, natürlich. Es macht Spaß.«
Jetzt ließ Andy es wirklich drauf ankommen. »Kommt Dad in deinen Mund?«, fragte er genauso nüchtern.
»Mein Gott«, stieß Curtis aus. Seine Frau brachte ihn mit einer Handbewegung zum schweigen.
»Ja«, antwortete Melanie, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie merkte, dass Andy sie testete und dass sie gerade dabei war, das Vertrauen ihres Sohnes auf eine völlig neue Weise zu gewinnen.
Andy grinste. »So weit bin ich mit Mädchen bisher gekommen. Wir hatten aber keinen Geschlechtsverkehr«, beantwortete er schließlich ihre Frage.
»Ich kann nicht fassen, dass diese Unterhaltung gerade wirklich stattgefunden hat«, sagte Jim verblüfft.
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich euch dreien morgen früh in die Augen schauen kann«, sagte Melanie schließlich zu Andy, Jim und Tom.
»Natürlich wirst du das«, sagte ich. »Wenn du den Schock erst einmal verdaut hast.«
»Danke Charlie«, sagte Andy, kam zu mir und umarmte mich. Seine Mutter tat das gleiche.
»Schlafenszeit«, verkündete Curtis und wir stimmten zu.
Andy und Jim schliefen zusammen, Tom und ich im Gästezimmer — allerdings in getrennten Betten.
Als wir am nächsten Morgen beim Frühstück saßen, verkündete Andy, dass er und Jim am Vorabend 69 gemacht hatten.
»Ist Jim in deinem Mund gekommen?«, fragte Curtis, ohne mit der Wimper zu zucken.
Jim und Andy wurden feuerrot, Tom und ich wären vor Lachen fast vom Stuhl gefallen. Sie waren in ihrer eigenen Falle gefangen.
»Jim, ist Andy in deinem Mund gekommen?«, fragte Melanie mit einem fiesen Grinsen.
Wir lachten noch heftiger.
»Alle lachen, aber keiner antwortet. Hat es euch die Sprache verschlagen, Jungs?«, fragte Curtis triumphierend.
»Ja«, rückten beide im Duett mit der Sprache raus.
»Hats geschmeckt?«, fragte Melanie weiter.
Curtis brach wieder in Gelächter aus. »Ich glaube, darauf müsst ihr nicht antworten.« Jim und Andy lächelten ihn dankbar an.
Nach dem Essen gingen Andy, Jim und Tom raus, um Fußball zu spielen. Ich blieb mit Andy‘s Eltern zurück.
»Ich kann nicht glauben, dass wir diese Unterhaltungen geführt haben«, sagte Melanie schließlich.
»Charlie, hast du sie dazu angestiftet?«, fragte Curtis.
»Nein«, antwortete ich.
»Sei ehrlich.«
»Nein, wirklich nicht. Ich habe das Gespräch absichtlich gestern auf das Thema Homosexualität gelenkt, damit Andy sehen konnte, wie ihr darauf reagiert. Als ihr signalisiert habt, dass es kein Problem ist, hat er sich entschieden darüber zu reden. Über die Oralsexfrage war ich genauso überrascht wie ihr. Aber ich denke, das war seine Art euch zu testen. Er wollte wissen, ob es Grenzen gibt und ihm war klar, dass diese Frage jede Grenze überschreiten würde, sollte es eine geben. Das heute morgen war ein weiterer Test. Offensichtlich habt ihr beide Male bestanden. Ich bin mir sicher, dass er euch weiter testen wird.«
»Ich glaube auch, dass Curtis recht hat. Gelegentlicher Sex mit einem Jungen ist wesentlich sicherer als mit einem Mädchen.«
»Testet ihn ruhig auch. Aber nicht nur über Sex. Fragt ihn, ob er bei Arbeiten schummelt. Fragt, wer Alkohol trinkt und wer Drogen nimmt. Fragt Andy, ob er es tut. Aber seid auf die möglichen Antworten gefasst. Stellt besser nie eine Frage, mit deren Antwort ihr nicht umgehen könnt.«
»Das macht Sinn.«
Kurz danach machten wir uns auf den Weg, um den Rest des Tages mit Jim‘s Eltern zu verbringen. Unterwegs unterhielten wir uns über Jim.
»Bei uns würde die Oralsexfrage mit Sicherheit nicht durchgehen. Aber ich denke, ich bin bereit, es ihnen zu sagen. Ich brauche dich auch nicht, um das Eis zu brechen. Aber ich möchte, dass du dabei bist, Charlie.«
Erst nach dem Abendessen kam Jim auf das Thema zu sprechen. Bei seinen Eltern verlief das Gespräch allerdings nicht so reibungslos wie bei Andy.
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