Tim (German Edition)
vertrauen würde, äußerst überschaubar ist. Wie dem auch sei, es war was Tom in dieser Situation brauchte. Eigentlich sind Nähe, Zuwendung und Umarmungen doch die beste Therapie, die wir haben. Schade, dass wir als Gesellschaft solche Angst davor haben.«
»Ihr könnt euch nicht vorstellen, welchen Effekt das auf mich hatte. Ich konnte alle Last abschütteln, wie ein kleines Baby heulen und einfach darüber hinweg kommen«, warf Tom ein.
»Was uns zu einer interessanten Frage führt. Wie habt ihr euch vorgestellt, heute Nacht die Betten zu verteilen?«, fragte Melanie. Sie schaute dabei direkt ihren Sohn an.
»Nun, Mom. Bevor wir darüber reden, solltet ihr etwas anderes wissen«, sagte Andy.
Es lag ein bisschen Unsicherheit in seiner Stimme, aber er versuchte, sich das nicht anmerken zu lassen.
»Und das wäre?«, fragte Curtis, Andy‘s Vater.
»Jim und ich ... nun ja ... ähm ...« stammelte Andy.
»Ihr schlaft zusammen?«, versuchte Curtis ihm zu helfen.
»Naja, nicht im wörtlichen Sinne. Du verstehst, was ich meine?« Er wurde etwas rot im Gesicht.
»Ich bin Sozialarbeiterin«, sagte Melanie. »Ich weiß, wie wichtig es ist, konkrete Antworten zu geben. Willst du es nicht mal versuchen?«
An dieser Stelle nahm Jim das Gespräch auf. »Nach dem ersten Sommer im Camp haben wir angefangen, miteinander zu experimentieren. Wir zogen uns aus, spielten aneinander herum und hatten Orgasmen.« Das nenne ich mal direkt. Ich musste nur aufpassen, nicht zu lachen.
»Das hat dich sicherlich eine Menge Überwindung gekostet«, sagte Melanie ruhig. »Ich bin stolz auf dich.«
»Wir hatten uns schon etwas in der Art gedacht«, gab Curtis zu. »Aber wir dachten, ihr würdet schon von selbst mit uns reden.«
»Vor einem Jahr hatten wir es aber aufgegeben«, erklärte Andy. »Wir wollten mit Mädchen ausgehen. Genau genommen wollen wir es immer noch. Aber wir waren dabei bisher nicht wirklich erfolgreich. Wir kümmern uns um die Bedürfnisse des anderen. Wir glauben nicht, dass wir schwul sind, aber es macht Spaß.«
»Während ihr dabei seid herauszufinden, an wem ihr lieber rumspielen wollt, kann Jim wenigstens nicht schwanger werden und uns eine Vaterschaftsklage anhängen«, sagte Curtis trocken.
In diesem Moment konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und lachte laut los. Alle schauten mich an, als wäre ich wahnsinnig.
»Curtis, das ist das beste Argument für schwulen Sex, das ich seit langem gehört habe«, erklärte ich, während ich versuchte Luft zu holen. Die anderen verstanden die Komik und lachten ebenfalls.
»Wie ihr schlaft ist euch überlassen«, griff Curtis die ursprüngliche Frage wieder auf. Wir stimmten alle zu und wir wechselten für eine Weile das Thema.
Am Abend kamen wir aber wieder auf das Thema Sex zurück, als Melanie aus heiterem Himmel eine Frage stellte.
»Andy, bist du eigentlich noch Jungfrau?«
Andy schnappte hörbar nach Luft. In seinem offenen Mund hätte man bequem ein Flugzeug parken können. Mit dieser Frage hatte er mit Sicherheit nicht gerechnet.
»Gerade so noch«, murmelte er schließlich.
»Was genau heißt das?«, hakte seine Mutter nach.
»Mom! Es gibt Dinge, über die redet man mit seiner Mutter einfach nicht.«
»Ich dachte, darüber wären wir seit dem Gespräch vorhin hinweg.« Sie suchte bei mir Hilfe. »Charlie, du hast mir mal von der Beziehung von Tim mit seinen Eltern berichtet. Hätte er einer solchen Frage ausweichen können?«
Ich schwieg. Andy schaute mich an, als ob er mich erdrosseln würde, wenn ich auf diese Frage antworten würde.
»Komm schon«, hakte sie weiter nach. »Du legst doch sonst so großen Wert auf Ehrlichkeit.«
Ich gab mich geschlagen und seufzte. »Okay. Also erstens einmal, Tim‘s Eltern würden nie so eine Frage stellen, weil Tim ihnen alles erzählt, ohne dass sie danach fragen müssen. Ich kann manchmal selbst nicht glauben, was er ihnen alles erzählt. Es ist noch nicht so lange her, dass ich selbst ein Teenager war. Aber ich hatte nie eine solche Beziehung mit meinen Eltern. Aber um deine Frage zu beantworten: selbst wenn seine Mutter danach fragen würde, bekäme sie von Tim eine direkte Antwort. Er würde ihr auch kein einzelnes Detail ersparen, wenn sie danach fragen würde. Glaubt mir, sie würde vor ihm rot werden.«
»Also, Andy?«
Für seine Antwort hätte ich ihn umarmen und küssen können. Sie war einfach traumhaft.
»Weißt du, Mom. Das muss nicht unbedingt eine Einbahnstraße sein. Würdet ihr
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