Tim und Charlie (Tim: Teil 2) (German Edition)
richtigen Zeitpunkt einen Abschiedskuss geben? Darüber würden wir uns freuen.«
»Wenn jemand anderes diese Frage gestellt hätte, würde ich fragen, ob ihr total durchgeknallt seid«, antwortete Phil und lachte. »Wer küsst bitte seinen Ex-Freund und seine Ex-Freundin bei seiner Hochzeit? Die Antwort: Charlie und Tim, wer auch sonst? Ich kann nicht für Tina sprechen, aber ich würde mich geehrt fühlen.«
»Dem stimme ich zu«, sagte Tina.
»Dann ist das beschlossen«, stellte Tim fest. »Wir möchten, dass ihr direkt vor uns in die Kirche geht. Wir geben euch heute Nachmittag die Details.«
Es war das letzte Puzzleteil, das wir noch für unsere Feier einsetzen mussten.
Nach unserem Frühstück gingen wir fast direkt zum Mittagessen über. Ich wusste nicht, dass Feiern so anstrengend sein kann. Zum Mittag fuhren wir in ein nettes Restaurant in der Nähe der Kirche.
Wir waren eine ziemlich große Gruppe. Außer Tim und mir waren unsere Familien, die erweiterte Gang mit ihren Familien, Stanley vom Camp White Elk , alle Trainer mit ihren Frauen, Dr. und Mrs. Olafsen sowie Tim‘s enge Freunde aus der Schule und den Vereinen anwesend. Sogar Gene und Ruth waren aus Rockford gekommen, worüber ich mich sehr freute. Zusätzlich hatten Norman und Betsy auch ein paar enge Freunde eingeladen. Ich weiß nicht, wie viele Personen es insgesamt waren, denn ich habe mir nie die Mühe gemacht, die Köpfe zu zählen.
Unsere beiden Väter spielten Gastgeber und beide hielten kleine Reden. Die Rede meines Vaters warf mich regelrecht um und rührte mich zu Tränen.
»Ich bin Charlie‘s Dad«, stellte er sich vor. »Seine Mutter und ich haben einige von euch an diesem Wochenende ein bisschen kennenlernen dürfen. Aber die meisten von euch sind für uns noch Fremde. Zumindest wenn man nach der Definition in den Wörterbüchern gehen würde. Die Freundlichkeit, die ihr unserem Sohn und seinem Partner entgegen gebracht habt, macht euch zu Freunden. Wir möchten euch für diese Freundschaft danken. Ich gebe zu: wir haben hier einen kleinen Nachteil. Norman und Betsy haben Charlie bereits vor dreieinhalb Jahren kennengelernt. Lange vorher wussten sie bereits, dass ihr Sohn schwul war. Sie wussten es, weil sie eine Atmosphäre in ihrer Familie geschaffen hatten, in der es keine Geheimnisse gab. Diese Offenheit gab ihnen die Möglichkeit, die Beziehung zwischen Tim und Charlie fast vier Jahre lang wachsen zu sehen. Es ist seltsam, über so eine große Distanz. Aber dennoch ist sie gewachsen. Und heute Nachmittag trägt diese Beziehung Früchte. Mamie und ich haben versucht, gute Eltern zu sein. Betsy und Norman haben uns freundlicherweise gesagt, dass wir wundervolle Eltern gewesen sein müssen, bei dem was dabei heraus gekommen ist. Wir sind wirklich stolz auf das Ergebnis. Selbst wenn wir einiges richtig gemacht haben, haben wir auch vieles falsch gemacht. Wir haben es nie geschafft, eine Vertrauensbasis aufzubauen, in der Charlie uns sagen konnte, dass er schwul ist. Wir haben es erst vor ein paar Wochen erfahren. Auch von Tim haben wir zu diesem Zeitpunkt erst erfahren und ihn auch gleich getroffen. Wie könnte jemand diesen Jungen nicht lieben? Um ehrlich zu sein, wir versuchen immer noch zu verstehen, was es bedeutet, einen schwulen Sohn zu haben — und einen schwulen Schwiegersohn. Charlie und Tim hatten dabei sehr viel Geduld mit uns. Dafür lieben wir sie und dafür wollen wir ihnen auch danken. Was ich damit sagen möchte: Tim, herzlich willkommen in unserer Familie. Wir lieben dich und werden es immer tun. Wir werden immer hinter euch stehen.«
Ich weinte wie ein kleines Baby und auch Tim verlor völlig die Fassung. Er rannte zu meinem Dad, umarmte ihn und küsste ihn so fest, dass dieser für einen Moment keine Luft bekam. Auch ich umarmte meinen Dad und gab ihm einen Kuss. Ich weiß nicht, wie lange es her war, dass ich ihn zuletzt geküsst hatte. Ich glaube, damals war ich noch ein kleiner Junge.
Danach gingen wir zu meiner Mom, umarmten sie ebenfalls und gaben ihr einen Kuss. Alle standen auf und applaudierten. Jeder schien zu spüren, dass es ein wichtiger Moment in unserer Familie war.
»Vielen Dank euch allen«, sagte ich, nachdem wir uns wieder beruhigt hatten. »Ich glaube, wir müssen langsam in die Kirche. Viele von euch haben eine Rolle in unserem kleinen Stück und wir wollen euch zeigen, was zu tun ist. Normalerweise gibt es schon Wochen vor der Hochzeit eine Probe, aber Tim sagte vor ein paar Wochen
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