Time to Die - Stirb noch einmal
Leben gebracht – eine Leidenschaft, wie sie sie nicht mehr gekannt hatte, seit sie zwanzig gewesen war. Jetzt, mit dreiundvierzig, war sie hoffnungslos in einen Mann verliebt, der ihr eines Tages das Herz brechen würde.
“Warum bist du so still?”, fragte Robert. Er war hinter sie an den Schminktisch getreten, an dem sie gerade saß.
Er legte seine Hände auf ihre Schultern, und Alice schmiegte ihre Wange gegen seine Linke. “Ich habe mich gerade gefragt, wie lange das wohl anhält – du und ich.”
Er senkte seinen Kopf und küsste ihren Hals, bevor er den Gürtel ihres Morgenmantels öffnete. Als seine Hände ihre Brüste umfingen, zog sich in ihr alles zusammen. Ihr Körper verlangte schon wieder nach ihm, obwohl sie gerade erst miteinander geschlafen hatten.
“Es wird so lange dauern, wie es dauern soll”, flüsterte er ihr ins Ohr.
Das war nicht die Antwort, die sie sich gewünscht hatte. Die Träumerin in ihr wollte, dass er ihr seine ewige Liebe gestand, dass er schwor, sie niemals zu verlassen.
“Nichts hält ewig, nicht wahr?”, erwiderte sie seufzend.
“Bist du immer noch enttäuscht, weil ich letzte Nacht nicht geblieben bin?”, fragte er. “Denkst du immer noch, es gibt eine andere? Es gibt niemanden.”
“Das beteuerst du mir immerfort, aber dann verlässt du mich mitten in der Nacht, wie gestern, oder kommst zwei Stunden zu spät zu unserem Rendezvous, wie heute Nachmittag …”
Er küsste ihren Nacken.
“Es gibt nur dich”, versicherte er.
Sie griff nach seinen Händen und führte sie zwischen ihre Schenkel. Ohne ein weiteres Wort strichen seine Finger über ihre zarte Haut, wanderten ihren Venushügel entlang und glitten in ihre feuchte Mitte. Während er sie mit geübter Leichtigkeit liebkoste, lehnte sie ihren Kopf seufzend gegen seinen nackten Oberkörper und gab sich ganz dem Moment hin.
Vega Sharif beendete den Brief an ihre Schwester, ließ ihn jedoch noch unversiegelt. Sie würde dem Umschlag noch einen Scheck beilegen, bevor sie ihn per Luftpost nach Gadi schickte. Vega lebte sehr bescheiden in Amerika. Sie teilte sich ein kleines Apartment mit einer Studentin, die sie als Jugendliche in Gadi kennengelernt hatte. Casey Prescott war damals zusammen mit einer Jugendgruppe aus ihrer Kirchengemeinde nach Gadi gereist und hatte Vegas Dorf besucht. Casey und Vega waren sofort Freundinnen geworden. Diese Freundschaft war mit ein Grund für Vega gewesen, Christin zu werden. Ihr Übertritt hatte zu einem Zerwürfnis mit ihrer Familie geführt. Nur eine ihrer Schwestern, Nahid, eine Krankenschwester, die in ihrem Heimatdorf inzwischen ein kleines Krankenhaus führte, sprach noch mit ihr. Von Zeit zu Zeit schickte Vega ihrer Schwester ein wenig Geld, damit sie Medikamente für das Krankenhaus kaufen konnte. Doch trotz der Spenden aus dem Ausland fehlte es dort oft am Nötigsten. Es gab einfach zu viele Dorfbewohner, die an AIDS erkrankt waren, zu viele junge Frauen, die im Wochenbett starben, und zu viele bedürftige Kinder.
Obwohl man Vega in ihrer Kirchengemeinde und bei Helping Hands freundschaftlich aufgenommen hatte, fühlte sie sich in den USA doch oft wie eine Außenseiterin. Sosehr sie Amerika auch liebte, so gern sie auch amerikanische Staatsbürgerin geworden wäre – sie fragte sich doch ab und an, ob sie nicht besser nach Gadi zurückkehren und ihrer Schwester in der Klinik helfen sollte. Doch dann hatte sie Hamal Gazsi kennengelernt, und alles hatte sich schlagartig geändert. Hamal war Assistenzarzt im Erlanger Hospital. Wie Vega war er islamisch erzogen worden, inzwischen aber zum Christentum konvertiert. Auch er bemühte sich um die amerikanische Staatsbürgerschaft. Und auch er war hin- und hergerissen zwischen seinem Wunsch, in den USA ein neues und besseres Leben zu beginnen, und seinen Gewissensbissen, weil er nicht nach Hause zurückkehrte, um seinen Landsleuten zu helfen. Sie lebten in Bahram, einem Nachbarstaat von Gadi.
Hamal hatte Vega heute Morgen angerufen und ihr gesagt, dass er sie nicht in die Kirche begleiten konnte; er musste für einen anderen Assistenzarzt in der Klinik einspringen.
“Sehen wir uns morgen?”, hatte er gefragt. “Ich könnte bei Helping Hands vorbeikommen und dich zum Mittagessen abholen.”
Vega war nicht in Hamal verliebt – noch nicht. Aber sie mochte ihn. Sehr. Er sprach nur sehr selten über seine Familie in Bahram, sondern zog es vor, ihr zuzuhören, wenn sie von Gadi erzählte. Immer wieder sagte er ihr, wie
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