Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Wickelkleid, danach zog sie die beiden oberen Ecken über Kreuz, immer neue Falten legend, und drapierte den gefältelten Stoff vor Chloes Brüsten, ehe sie ihn mit einem Knoten unter ihrem rechten Busen befestigte. Auf diese Weise hatte sie zwei perfekt gebügelte Ärmel gefaltet, die ihr vom Schlüsselbein bis zu den Unterarmen reichten. Wieder wünschte Chloe sich Unterwäsche, obwohl das farbige Leinen etwas weniger durchsichtig war. Sie fühlte sich ein wenig unsicher, doch andererseits würde sie nicht viel unternehmen, dachte sie. Nur essen – ihre einzige Form von Bewegung! Irini zauberte ein ganzes Sortiment von Schärpen hervor, und Chloe entschied sich für eine grüne mit aufgestickten silbernen Ankhs.
Sie berührte den geschmiedeten silbernen Ankh um ihren Hals. In den vergangenen Wochen hatte sie immer wieder die Eingravierung studiert … RaEmhetep. Das »et« am Ende ihres Namens war die weibliche Endung. Ihre Erinnerung an jenen Tag im Jahr 1994 am Ufer des Nils verblaßte immer mehr. Sie hatte sogar Schwierigkeiten, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie der Typ überhaupt ausgesehen hatte. Ihr Anhänger hing nun tiefer, eine Tatsache, die sie sich nicht erklären konnte. Während ihrer an einer mittelschweren Kette gehangen hatte, um ihre Reservistenübungen und ihren betriebsamen Lebenswandel zu überstehen, baumelte der hier an einer dünnen Kette, in der sich Lapis- und Malachitperlen abwechselten.
Eigenartig.
Irini kämmte Chloes Haar in eine matt scheinende Onyxmatte und knüpfte ein Band von winzigen Silberglöckchen hinein. Chloes Lider bedeckte sie mit schwerer grüner Farbe und zog sie dann mit dem unvermeidlichen schwarzen Bleiglanz nach. Chloe ließ alle Kragen zurückgehen, statt dessen entschied sie sich für einen Cloisonne-Anhänger in Form eines Falken und für leichte silberne Ankh-Ohrringe. Sie stieg in die Sandalen, die man eigens für ihre Füße angefertigt hatte, und wartete.
Sie wünschte, sie hätte einen richtigen Spiegel, um zu sehen, wie sie sich als antike Cinderella machte.
»Ist die Herrin bereit zum Mahl?« fragte ein männlicher Diener höflich. Chloe folgte ihm eine halbdunkle Treppe hinauf und durch eine Kammer aufs Dach. Die Sonne war eben untergegangen. Immer noch erhellten strahlendes Rosa und Gold den Himmel.
»Du siehst heute abend bezaubernd aus, RaEm«, sagte Cheftu. Sie drehte sich zu dem niedrigen Tischchen um, an dem er saß. Im schwächer werdenden Licht schienen seine Augen zu glühen. Sie lächelte zur Begrüßung und hielt den Atem an, während er sich erhob, kraftvoll und männlich, um sie zum Tisch zu geleiten. Als er ihren Ellbogen nahm und sie zu einem der mit Kissen ausgelegten Stühle führte, spürte sie die Hitze seiner Hand wie einen Schock.
Chloe versuchte sich wachzurütteln. Einerseits fühlte sie sich wie im Märchen; andererseits war dies hier auf schreckliche und beängstigende Weise real.
»Bitte, nimm etwas Wein.« Er hielt ihr ein Glas hin. »Er kommt aus dem Weinberg meiner Familie am Teftefet-See im Fayyum.« Chloe nippte daran; obwohl er für ihren neuzeitlich geprägten Geschmack sehr süß war, fand sie ihn dennoch vorzüglich und zu Kopf steigend. Sie folgte Cheftus Beispiel und naschte wie er Garbanzobohnenpaste und Gemüse, während sie beide ins Halbdunkel blickten.
Wenig später war es total dunkel geworden, und Ehuru entzündete die Öllampen, die ihre tanzenden Schatten auf die Flächen und Kanten von Cheftus Gesicht warfen.
Sie versuchte, sich auszumalen, wie er in einem Frack oder in Levi’s und T-Shirt aussehen würde. Die Bilder waren durchaus ansprechend.
Nicht daß Cheftu ausgesehen hätte wie ein byzantinischer Heiliger oder ein junger griechischer Gott. Er war nur zwei, drei Zentimeter größer als sie, doch er bewegte sich mit der gezügelten Energie eines Athleten. Mit seiner kraftvollen Eleganz, den goldenen Augen und der distanzierten Kühle erinnerte er sie an die Löwen, die sie auf einer Safari mit ihren Eltern gesehen hatte.
Durch ihre Kamera hatte sie die großen Katzen dabei beobachtet, wie sie die Welt um sich herum in Augenschein nahmen, ehe sie sich mit aufblitzenden Zähnen und Klauen auf ihre Beute stürzten. Allerdings waren sie auch die faulsten Tiere, die ihr jemals begegnet waren. Das schien auf Cheftu jedoch nicht zuzutreffen.
Seine Züge waren ebenmäßig, wenn auch etwas zu ungeschliffen für ihren Geschmack. Seine dichten, schwarzen und mit Bleiglanzpulver verlängerten Brauen
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