Timeless: Roman (German Edition)
Notenblatt aus ihrer Umhängetasche und reichte es Lily.
»›Musik von PW und Text von MW ‹«, las Lily. »Was bedeutet das? Keine richtigen Namen? Und wer ist PW ?«
»Niemand, den du kennst«, wich Michele der Frage aus. »Und genau so wollen wir auch erwähnt werden. Nett und … einfach.«
»In Ordnung«, erwiderte Lily zweifelnd. »Wenn du es so willst.«
Michele nahm Lily erneut in die Arme, überwältigt von ihren Gefühlen. »Viel Glück, Lily. Ich drück dir die Daumen.«
»Danke. Ich werde mein Bestes geben, mein lieber Geist«, lächelte Lily.
Als Michele am nächsten Tag aus der Schule nach Hause kam, war Annaleigh ganz aufgeregt.
»Deine Großeltern gehen heute Abend mit dir aus«, rief sie so begeistert, als hätte sie im Lotto gewonnen. »Ist das nicht wunderbar? Ihr drei werdet viel Spaß haben.«
»Wohin gehen wir denn?«, fragte Michele. Sie freute sich zwar, dass ihre Großeltern ihr etwas Gutes tun wollten, musste sich aber eingestehen, dass sie der Gedanke, einen Abend mit ihnen zu verbringen, etwas nervös machte.
»Ich habe für euch drei Tickets für Mary Poppins am Broadway besorgt, und dann gibt es Dinner bei Chez Josephine.«
»Mary Poppins?« , kicherte Michele. »Ist das nicht was für Kinder?«
»Das ist eine Familienshow«, korrigierte Annaleigh sie, wirkte aber dennoch ein wenig verunsichert. »Ich hoffe, ich habe nicht das Falsche gewählt? Deine Großeltern haben mich gebeten, eine Show auszusuchen. Ich hielt ein Musical für das Beste, aber viele davon sind so modern, mit Rockmusik und dergleichen, und ich wusste, dass Mr. und Mrs. Windsor das nicht sehr schätzen würden. Als mir der Ticketverkäufer Mary Poppins anbot, dachte ich: ›Nun, das scheint das Richtige zu sein …‹«
»Hört sich toll an«, unterbrach Michele sie und lächelte. »Machen Sie sich keine Sorgen, ich bin sicher, es wird uns gefallen.«
Da sie das erste Mal zu einer Broadwayshow ging, beschloss Michele, sich etwas zurechtzumachen. Sie zog sich ein knielanges schwarzes Kleid und hochhackige Schuhe an und legte sich Marions Van-Cleef-Schmetterlingskette um. Als sie die Treppe hinunterging, erwarteten ihre Großeltern sie, ebenfalls in Ausgehkleidung. Dorothy trug ein marineblaues Chiffonkleid und Walter einen eleganten Anzug mit Krawatte.
»Michele, wie hübsch du aussiehst!«, rief Dorothy, und ein warmer Glanz trat in ihre Augen, als sie Marions Schmetterlingskette bemerkte.
»Danke«, lächelte Michele. »Und vielen Dank für diesen Abend.«
»Oh, der Dank gebührt Annaleigh. Aber wir wollten einen schönen Abend mit dir in der Stadt verbringen. Du hast eine schlimme Zeit hinter dir«, antwortete Dorothy.
»Und … na, es tut uns leid, dass wir keine besseren Gesellschafter waren«, ergänzte Walter mit einem verlegenen Lächeln. »Es fällt uns nicht leicht, aber wir wollen uns Mühe geben.«
Michele betrachtete sie gerührt. Vor allem überraschte sie, wie sanftmütig Walter sein konnte, und sie fragte sich, ob Dorothy ihm von ihrem emotionalen Ausbruch nach dem Newport Trip erzählt hatte.
»Ich weiß das alles sehr zu schätzen. Und es tut mir auch leid wegen neulich Abend. Ich hätte eure Regeln besser respektieren sollen. Von nun an halte ich mich an sie, versprochen!«
»Gut«, erwiderte Dorothy herzlich. »Jetzt sollten wir uns aber beeilen, wenn wir nicht zu spät kommen wollen.«
Fritz chauffierte sie durch die Stadt bis zur zweiundvierzigsten Straße mitten auf dem Times Square, die laute, hell beleuchtete »Hauptverkehrsstraße der Welt«. Sie kamen an Dutzenden Broadway-Theatern vorbei, deren Markisen so auffällig waren, dass man sie schon von Weitem erkannte; ebenso die Wahrzeichen von New York City, wie die MTV -Studios und das Hard Rock Café. Fritz fuhr zum New Amsterdam Theater, an dessen Außenwänden ein riesiges Plakat von Mary Poppins prangte.
Als sie das Foyer betraten, blieb Michele fast die Luft weg. Das im Kitsch des Times Square versteckte New Amsterdam Theater war im Inneren ein regelrechter Palast, ein Jugendstiltraum in Schattierungen von Malve, Grün und Gold. Das Foyer war mit Shakespeare’schen Wandreliefs und Holzschnitzereien geschmückt, gerahm te Schwarz-Weiß-Poster von altmodischen Showgirls und Schauspielerinnen hingen an den Wänden. Nach der Kartenkontrolle führte Walter Michele zu einem der Poster in der Nähe der Treppe zum Zwischengeschoss.
»Das ist meine Mutter«, sagte er stolz.
Aufgeregt betrachtete Michele das Poster. Das war
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