Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Titel: Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Monir
Vom Netzwerk:
hölzerne Tür befand. Kurz darauf blickte sie zum Himmel hinauf und atmete die Nachmittagsluft. Sie hielt die Tür offen, damit sie wieder in den Gang zurückkam, und als sie den Hals reckte, erkannte sie, dass sie sich unter der großen Rasenfläche hinter dem Windsor-Haus befand. Wer sollte einen solchen Tunnel anlegen? , fragte sich Michele, als sie wieder in den Gang kroch.
    Schweren Herzens ging sie zur Bibliothek zurück. Ohne die lebhafte, herzliche Gegenwart ihrer Eltern fühlte sie sich einsamer denn je.
    Plötzlich blieb sie mit dem Fuß an etwas hängen. Sie fing sich an der Wand ab, um nicht hinzufallen, leuchtete mit der Taschenlampe auf den Boden – und erstarrte.
    Zu ihren Füßen lag eine Schachtel – eine Schachtel, auf der in altmodischen Buchstaben Marions Name stand.
    Als sich Michele auf die Knie sinken ließ, hatte sie Gänsehaut am ganzen Körper. Noch bevor sie die Schachtel öffnete, wusste sie, dass sie von ihrem Vater stammte. Mit zitternden Händen nahm sie den Deckel ab und fand drei in Leder gebundene Bücher und ein handbeschriebenes, vergilbtes Blatt Papier. Die Schrift war so alt und verblasst, dass Michele die Augen zusammenkneifen und das Papier gegen das Licht ihrer Taschenlampe halten musste, um die Worte lesen zu können.
    Meine liebste Marion,
    seit zwanzig furchtbaren Tagen warte ich nun hier auf dich – seit dem Moment, als ich gezwungen wurde, in eine Welt zurückzukehren, in der ich nicht mehr leben kann. Ich bin zu nichts anderem fähig, als die Tür anzustarren und darauf zu warten, dass du hindurchgelaufen kommst. Mit jedem Augenblick, in dem du es nicht tust, verfluche ich mich für meine Entscheidung. Ich fürchte mich davor, mein Leben ohne dich verbringen zu müssen.
    Jetzt weiß ich, dass es ein entsetzlicher Fehler war, mich dir nicht anzuvertrauen. Ich war sicher, der Schlüssel würde dich zu mir bringen, sobald du ihn findest – und jetzt befürchte ich, dass ich mich geirrt habe und dich nicht mehr erreichen kann. Meine einzige Hoffnung ist, dass du hierher, an unseren geheimen Treffpunkt, zurückkehrst und die Antworten findest, die ich für dich hinterlasse. Ich bete jeden Tag dafür – und dafür, dass du mir vielleicht vergeben kannst, wenn du meine Geschichte gelesen hast.
    Ich werde dir nichts mehr vorenthalten. Hier wirst du alles über mich erfahren, was ich dir schon von Anfang an hätte sagen sollen. Ich weiß, es wird ein Schock für dich sein, und es tut mir leid … Ich hätte dich darauf vorbereiten sollen. Bitte glaube mir, wenn ich dir sage, dass alles, was ich getan habe, ob es nun richtig oder falsch war, nur deinem Schutz und deiner Sicherheit dienen sollte.
    Ich liebe dich, jetzt und in alle Ewigkeit.
    Irving Henry
    Als sie zum Ende des Briefs kam, war Micheles Blick von Tränen verschleiert. Ihr Vater konnte nicht geahnt haben, dass Marion ihren Eltern die Schuld an seinem Verschwinden geben und nie wieder nach Hause kommen würde. Sie malte sich aus, wie er den Rest seines Lebens Höllenqualen gelitten haben musste, während er voller Ungewissheit auf sie wartete. Hätte Mom das hier bloß gefunden!, dachte Michele. Der Kummer schnürte ihr die Kehle zu.
    Sie ließ den Brief sinken und griff in die Kiste. Als Erstes holte sie ein ledergebundenes Buch ohne Titel heraus. Neugierig schlug sie den Band auf. Das Handbuch der Zeitgesellschaft.
    Was um alles in der Welt ist die Zeitgesellschaft?
    Sie blätterte auf die nächste Seite, auf der nichts zu sehen war als die Zeichnung einer Uhr, umringt von einer kleinen Krone.
    Auf dem Grund der Schachtel lagen zwei Tagebücher, auf denen Irvings Name stand, das erste war mit 1887–1888 datiert, das zweite mit 1991–993 . Jeder andere hätte beim Anblick dieser beiden Tagebücher gedacht, es müsste ein Scherz sein und sie könnten nie und nimmer derselben Person gehören. Aber Michele kannte die Wahrheit.
    1888 – in diesem Jahr sind Irving und Rebecca zum letzten Mal zusammen fotografiert worden, erinnerte sich Michele, als sie rasch das Tagebuch der Jahre 1887 – 1888 zur Hand nahm. Sie musste so viel wie möglich herausfinden – bevor es zu spät war.

6
    Tagebuch von Irving Henry
24. Dezember 1887 – New York City
    M itten im Weihnachtschaos treffe ich am Grand Central Depot ein und kann beobachten, wie Gepäckträger mit ihren weißen Handschuhen dienstbeflissen die wohlhabenden Damen und Herren aus der ersten Klasse umschwärmen, um ihnen mit den monogrammierten Koffern und

Weitere Kostenlose Bücher