Tina und Tini 09 - Geisterstimmen im Park
schließlich schon seit Stunden auf euch.“
„Frechheit! Na warte, wenn du das nächste Mal mit Siegfried über den Fluß paddelst! Rache ist süß!“
„Ich werde mich vor euch zu schützen wissen“, sagte Tobbi geziert und reckte sich zu seiner vollen Größe auf, so daß er auf Tini ein Stück hinuntersah.
Während Tina und Tobbi bei Friseur Hopf darauf warteten, daß sie mit dem Haareschneiden drankamen, machte Tini die Besorgungen. Es ging schneller, als sie gedacht hatte, und als sie den Friseursalon betrat, waren Tina und Tobbi noch gar nicht an der Reihe.
„Macht nichts“, sagte Tini, „ich lasse den Einkaufskorb bei euch und bummle noch ein bißchen durch die Straßen.“
„Du hast’s gut!“ seufzte Tina. „Am liebsten würde ich mit dir gehen!“
Aber da rief Herr Hopf bereits: „Darf ich bitten, gnädiges Fräulein?“ und Tina mußte der Versuchung widerstehen, daß leidige Haareschneiden noch einmal eine Woche aufzuschieben.
Tini bummelte die Hauptstraße hinunter und bog dann in eine kleine Seitengasse ein. Hier hatte sie im Vorübergehen einmal einen kleinen Schallplattenladen entdeckt. Tini hatte eine Idee, und wenn sie auch wenig Erfolg versprach, ein Versuch konnte schließlich nichts schaden.
Der Laden war viel größer, als er von außen wirkte. Er war sogar richtig elegant. In Glasvitrinen lagen und standen die neuesten Erscheinungen auf dem Schallplattenmarkt, vor allem klassische Musik und Opern wurden angeboten. Bequeme kleine Sessel luden zum Sitzen ein, dahinter gab es Kabinen, in denen man sich die gewünschte Platte anhören konnte. Ein dicker roter Teppich schluckte jeden lauten Schritt. Tina kam sich vor wie in einem Theater, als ein roter Samtvorhang im Hintergrund zur Seite geschoben wurde und ein zierlicher alter Herr mit silbernen Haaren heraustänzelte.
„Womit kann ich dienen, meine liebe junge Dame“, fragte er lächelnd und wedelte mit der Hand ein nicht sichtbares Stäubchen von der blitzenden Glastheke.
„Haben Sie vielleicht eine Platte von der berühmten Sängerin Ernestine Hofer?“ fragte Tini.
„Aber selbstverständlich. Eine sehr gute Kundin von mir! Zweifellos weißt du, daß sie hier in der Nähe wohnt?“
„O ja, ich schwärme sehr für sie!“
„Dabei kannst du sie doch eigentlich nicht kennen“, sagte der Verkäufer lächelnd. „Als sie aufhörte zu singen, mußt du noch ein Baby gewesen sein...“
„Oh... h... h ja!“ stotterte Tini. „Das ist richtig. Aber meine Eltern... meine Eltern haben sie gekannt und... und oft in Konzerten gehört, und sie haben auch ein paar Schallplatten von ihr!“
„Ich verstehe“ half der Verkäufer weiter. „Die Platten hast du sicher oft gehört, und nun möchtest du deine Eltern mit einer überraschen, die sie noch nicht haben. Habe ich recht?“
„Genau!“ sagte Tini erleichtert. Daran, daß Frau Hofer ihre Karriere ja schon vor etlichen Jahren beendet hatte, hatte sie überhaupt nicht gedacht.
„Hier — da hast du einen ganzen Stapel. Such dir aus, was du hören möchtest, du kannst dort in die erste Kabine gehen.“
Tini nahm andächtig den Stapel Schallplatten entgegen und ließ sich eine davon auflegen, eine Platte mit Liedern, auf der die Sängerin von ihrem Mann, dem berühmten Pianisten, begleitet wurde. Der Verkäufer hörte sich die ersten Takte mit verzücktem Gesicht an und ließ Tini dann in der Kabine allein.
Schnell blätterte Tini die Platten durch und suchte sich die heraus, auf denen möglichst ausführlich über Frau Hofers Leben und Werdegang geschrieben wurde. Bald konnte sie die wichtigsten Daten auswendig. Frau Hofers Ausbildung am Konservatorium in Wien, ihre großen Reisen und Gastspiele... London, Paris, New York, Rom, Amsterdam... ihre Heirat... die wichtigsten Rollen...
Zwischendurch unterbrach Tini ihre Lektüre immer wieder, um der Musik zu lauschen. Die Sängerin hatte wirklich eine wunderschöne Stimme! Tini konnte verstehen, daß ihr die Leute zugejubelt hatten.
Durch die Glasscheibe beobachtete Tini, wie der Verkäufer mit einer Kundin sprach, die ihr den Rücken zuwandte. Eine große, kräftige Frau in einem etwas altmodischen, aber sehr eleganten schwarzen Seidenkleid, das fast bis zum Boden reichte. Die schwarzen Haare, die von schneeweißen Fäden durchzogen waren, hatte sie zu einem großen Knoten aufgesteckt, und auf dem Kopf trug sie einen breitrandigen Hut aus schwarzer Spitze.
Tini bemerkte, wie der Verkäufer auf sie zeigte. Die Dame
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