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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Packen fertig war, ging Webster ins Arbeitszimmer zurück und sank in seinen Sessel.
    Er mußte gehen – aber er konnte es nicht. Aber sobald das Schiff ankam, wenn die Zeit gekommen war, das wußte er, würde er aus dem Haus und auf das wartende Schiff zugehen.
    Er versteifte seine Gedanken darauf, versuchte sie in ein striktes Schema zu bringen, versuchte alles, außer dem Gedanken, daß er gehen würde, auszulöschen.
    Die Gegenstände im Zimmer drangen in sein Hirn ein, als wären sie Teil einer Verschwörung, um ihn hier zu halten. Gegenstände, die er so sah, als sähe er sie zum erstenmal. Alte, wohlbekannte Gegenstände, die plötzlich neu waren. Die Uhr, die Erd- und Marszeit, die Mondtage und die Mondphasen anzeigte. Das Bild seiner verstorbenen Frau auf dem Schreibtisch. Die Auszeichnung, die er beim Präparationskurs gewonnen hatte. Die eingerahmte kurze Getränkerechnung, die ihn auf seiner Reise zum Mars zehn Dollar gekostet hatte.
    Er starrte sie an, zuerst fast gegen seinen Willen, dann geradezu begierig, und rief die Erinnerungen an sie wach. Jetzt sah er sie als einzelne Bestandteile eines Zimmers, das er all die Jahre als geschlossenes Ganzes wahrgenommen hatte; er hatte sich nie klargemacht, welche Vielfalt von Gegenständen es zu dem machten, was es war.
    Die Dämmerung kam, die Dämmerung des jungen Frühlings, eine Dämmerung, die nach jungen Weidenkätzchen roch.
    Das Schiff hätte schon längst eintreffen müssen. Er ertappte sich selbst dabei, wie er nach ihm lauschte, auch dann noch, als er sich klarmachte, daß er es nicht hören würde. Ein Schiff mit Atomantrieb war stumm, außer wenn es beschleunigte. Bei Start und Landung bewegte es sich so sanft wie Watte, ohne einen Laut.
    Es würde bald hier sein. Es mußte bald hier sein, sonst könnte er niemals gehen. Wenn er noch länger warten mußte, das wußte er, würde sein hochgestimmter Entschluß wie ein Staubhügel in einem Regenguß zusammenschrumpfen. Er konnte seine Absicht nicht mehr länger aufrechterhalten – gegen das Flehen des Zimmers, gegen das Flackern des Feuers, gegen das Wispern des Lands, auf dem fünf Generationen von Websters ihr Leben gelebt hatten und gestorben waren.
    Er schloß die Augen und kämpfte die Angst nieder, die durch seinen Körper kroch. Er durfte jetzt nicht von ihr überwältigt werden, sagte er sich. Er mußte durchhalten. Wenn das Schiff ankam, mußte er noch in der Lage sein, aufzustehen und durch die Tür zum Startplatz zu gehen.
    Es klopfte an der Tür.
    »Herein«, rief Webster.
    Es war Jenkins; das Licht vom Kamin flackerte auf seiner glänzenden Metallhaut.
    »Haben Sie vorher schon einmal gerufen, Sir?« fragte er.
    Webster schüttelte den Kopf.
    »Ich fürchtete schon, sie hätten gerufen«, erklärte Jenkins, »und sich gewundert, warum ich nicht käme. Etwas wirklich Außergewöhnliches ist passiert, Sir. Zwei Männer kamen mit einem Schiff und sagten, sie wollten Sie zum Mars bringen.«
    »Sie sind da«, sagte Webster. »Warum hast du mir nicht Bescheid gegeben?«
    Er stand mühsam auf.
    »Ich habe nicht geglaubt, Sir«, sagte Jenkins, »daß Sie gestört werden wollten. Das schien doch zu unsinnig. Ich habe ihnen schließlich klargemacht, daß Sie unmöglich zum Mars gehen wollten.«
    Webster erstarrte, fühlte, wie Angst sich seines Herzens bemächtigte. Seine Hände klammerten sich um die Schreibtischkante; er sank in seinen Sessel, spürte, wie sich die Wände des Zimmers um ihn zusammenschlossen – eine Falle, die ihn niemals mehr entkommen lassen würde.
     
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Bernd W. Holzrichter.

Arena
    (ARENA)
     
FREDERIC BROWN
     
    Carson öffnete die Augen und blickte hinauf in das flimmernde blaue Dämmerlicht.
    Es war heiß. Ein spitzer Stein, der aus dem Sand ragte, auf dem er lag, bohrte sich schmerzhaft in seinen Rücken. Er rollte sich auf die Seite, herunter von dem Stein, und richtete sich in eine sitzende Position auf.
    »Ich muß verrückt sein«, dachte er, »verrückt – oder tot – oder sonst etwas.« Der Sand war blau, strahlend blau. Und so etwas wie blauen Sand gab es nicht, weder auf der Erde, noch auf irgendeinem Planeten.
    Blauer Sand.
    Blauer Sand unter einer blauen Kuppel, die nicht der Himmel war, oder sonst ein Raum, und doch irgendwie begrenzt – er wußte einfach, daß sie begrenzt und endlich war, auch wenn er ihren höchsten Punkt nicht erkennen konnte.
    Er nahm etwas Sand in seine Hand und ließ ihn durch die Finger rinnen.

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