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Titan 09

Titan 09

Titel: Titan 09 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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abgelehnt«, sagte Webster. »Als Clayborne sich ausschaltete, war diese Frage offengeblieben. Ich sagte ihm, es wäre mir unmöglich, zum Mars zu gehen, aber er bestritt das, schien es nicht zu verstehen.«
    »Webster, Sie müssen gehen«, sagte Henderson. »Sie sind der einzige Mensch, der die erforderlichen Kenntnisse des marsianischen Gehirns besitzt, um diese Operation durchzuführen. Wenn es sich um eine einfache Operation handelte, könnte es vielleicht jemand anders tun. Aber das ist nicht der Fall.«
    »Das mag stimmen«, sagte Webster, »aber…«
    »Es geht nicht nur darum, ein Leben zu retten«, unterbrach ihn Henderson. »Auch wenn es sich um das Leben einer so bedeutenden Persönlichkeit wie Juwain handelt. Es geht um mehr. Juwain ist ein Freund von Ihnen, vielleicht hat er Ihnen etwas über seine Entdeckung angedeutet.«
    »Ja«, sagte Webster, »ja, das hat er getan. Ein neues philosophisches Konzept.«
    »Ein Konzept«, erklärte Henderson, »ohne das wir nicht auskommen werden. Ein Konzept, das das Sonnensystem völlig verändern wird, das die Menschheit innerhalb von zwei Generationen hunderttausend Jahre vorwärtsbringt. Eine neue Sinngebung, die ein Ziel ansteuert, das wir bisher nicht erahnen konnten, von dessen Existenz wir nicht einmal wußten. Eine völlig neue Wahrheit. Eine Wahrheit, auf die bislang noch nie jemand gestoßen ist.«
    Websters Hände krampften sich um die Schreibtischkante, bis die Knöchel weiß hervortraten.
    »Wenn Juwain stirbt«, sagte Henderson, »stirbt dieses Konzept mit ihm. Vielleicht geht es für alle Zeit verloren.«
    »Ich werde es versuchen«, sagte Webster. »Ich werde es versuchen…«
    Hendersons Blick war eisig: »Ist das alles, was Sie tun können?«
    »Das ist das einzige«, sagte Webster.
    »Aber, Mann, Sie müssen einen Grund haben. Eine Erklärung.«
    »Keine, die ich Ihnen geben möchte«, sagte Webster.
    Bedächtig griff er zum Schalter und kippte ihn auf »Aus«.
    Webster saß am Schreibtisch, hielt die Hände vor sich und betrachtete sie. Kunstfertige Hände, die Kenntnisse enthielten. Hände, die ein Leben retten konnten, wenn er es schaffte, sie zum Mars zu bringen.
    Hände, die für das Sonnensystem, für die Menschheit, für die Marsianer eine Idee bewahren konnten, eine neue Idee, die sie innerhalb von zwei Generationen hunderttausend Jahre vorwärtsbringen würde.
    Aber auch Hände, die von einer Phobie gefesselt waren, die aus diesem ruhigen Leben erwachsen war. Dekadenz – eine seltsam schöne und zugleich tödliche Dekadenz.
    Der Mensch hatte die überfüllten Städte, die Zufluchtsorte, vor zweihundert Jahren verlassen. Er hatte mit den alten Feinden und den vergangenen Ängsten, die ihn an das Lagerfeuer banden, Schluß gemacht. Er hatte die Gespenster zurückgelassen, die ihn seit der Zeit der Höhlen begleitet hatten.
    Und doch…
    Hier war eine neue Zuflucht. Keine Zuflucht für den Körper, aber eine für den Geist. Ein psychologisches Lagerfeuer, das einen Menschen innerhalb seines Lichtkreises festhielt.
    Dennoch wußte Webster, daß er dieses Feuer verlassen mußte. Wie es die Menschen vor zwei Jahrhunderten mit den Städten getan hatten, mußte er weggehen und es verlassen. Und er dürfte nicht zurückschauen.
    Er mußte zum Mars gehen – oder zumindest zum Mars starten. Es gab überhaupt keinen Zweifel. Er mußte gehen.
    Ob er die Reise überlebte, ob er, einmal angekommen, die Operation durchführen konnte: Er wußte es nicht. Er fragte sich, ob Agoraphobie tödlich sein konnte. Vermutlich könnte sie es in ihrer ausgeprägtesten Form.
    Seine Hand griff zur Klingel, dann zögerte er. Es hatte keinen Zweck, Jenkins mit dem Packen zu beauftragen. Er würde es selbst tun – das würde ihn bis zur Ankunft des Schiffes beschäftigen.
    Aus dem obersten Regal des Garderobenschranks im Schlafzimmer holte er eine Tasche und bemerkte, daß sie staubbedeckt war. Er blies, aber der Staub blieb immer noch haften. Er befand sich schon zu viele Jahre dort.
    Während er packte, stritt das Zimmer mit ihm; es sprach mit sich in der stummen Sprache, in der sich leblose, aber vertraute Gegenstände mit einem Menschen unterhalten können.
    »Du kannst nicht gehen«, sagte das Zimmer. »Du kannst nicht gehen und mich verlassen.«
    Und Webster ließ sich in diese Diskussion ein, halb bittend, halb erklärend. »Ich muß gehen. Kannst du das nicht verstehen? Es handelt sich um einen Freund, einen alten Freund. Ich werde zurückkehren.«
    Als er mit

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