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Titan 14

Titan 14

Titel: Titan 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Ärztepflicht vertragen? So also kurieren wir einen Patienten?«
    Der kleine Blaine meinte frostig: »Wenn Sie gestatten, Dr. Semmelweiss, es sind schon eine ganze Menge Patienten kuriert worden, ohne daß es sich als notwendig erwies, von den Vorschriften abzuweichen. Ich selbst habe…«
    »Sie selbst!« spottete Semmelweiss. »Sie haben Ihr ganzes Leben lang noch keinen Patienten alleine behandelt. Wann verlassen Sie denn je eine Gruppe, Blaine?«
    Blaine wurde wütend. »Dr. Fairless, ich glaube nicht, daß wir solche persönlichen Attacken zulassen sollten. Nur weil Semmelweiss etwas älter ist und an einem Tag die Woche ein paar Privatpatienten hat, bildet er sich ein…«
    »Aber meine Herren«, sagte Fairless mild. »Bitte, gehen wir doch an die Arbeit. Mr. Fry ist zu uns gekommen, damit wir ihm helfen, nicht, um zuzuhören, wie wir uns streiten.«
    »Es tut mir leid«, sagte Semmelweiss kurzangebunden. »Trotzdem erhebe ich gegen die willkürlichen und schematischen Vorschriften Einspruch.«
    Fairless nickte. »Alle mit der Entscheidung des Vorsitzenden einverstanden? Ich zähle hier neun Ja-Stimmen. Also bleiben nur Sie in Opposition, Dr. Semmelweiss. Dann wollen wir mit dem Psychodrama beginnen, wenn der Schriftführer uns bitte die Notizen und Kommentare der letzten Sitzung vorlesen möchte.«
    Der Schriftführer, ein etwas dicklicher junger Mann von niedrigem Rang namens Sprogue, blätterte in seinem Notizbuch und las dann mit etwas singender Stimme vor: »Sitzung vom vierundzwanzigsten Mai, Patient Morey Fry; anwesend: Doktoren Fairless, Bileck, Semmelweiss, Carrado, Weber…«
    Fairless unterbrach mit freundlicher Stimme: »Nur die letzte Seite bitte, Dr. Sprogue.«
    »Äh – oh, ja. Nach zehn Minuten Unterbrechung für zusätzliche Rorschachs und ein Elektro-Enzephalogramm, trat die Gruppe zusammen und nahm eine Reihe schneller Wortassoziationen vor. Die Ergebnisse wurden tabellarisch festgehalten und mit den Standardabweichungen verglichen. Anschließend wurde festgestellt, daß die Haupttraumata des Patienten…«
    Morey stellte fest, daß seine Aufmerksamkeit nachließ. Therapie war gut; das wußten alle, trotzdem fand er sie gelegentlich etwas langweilig. Freilich, wenn es keine Therapie gäbe, könnte das zu unausdenklichen Folgen führen. Ihm jedenfalls war beträchtliche Hilfe zuteil geworden – zumindest hatte er sein Haus nicht angesteckt und dann die Feuer-Roboter angeschrien, so, wie Newell in seiner Straße, als seine älteste Tochter sich von ihrem Mann hatte scheiden lassen und wieder zu ihm zurückgekommen war, und dabei natürlich ihre Rationszuteilung mitgebracht hatte. Morey war nicht einmal versucht gewesen, etwas so Empörendes zu tun, etwas so Unmoralisches, wie Dinge zu zerstören oder zu verschwenden – nun, gestand er sich selbst ehrlich, versucht vielleicht hin und wieder schon, aber ganz selten.
    Aber nie etwas, das wirklich wichtig genug war, um sich darüber Sorgen zu machen; er war gesund, völlig gesund.
    Er blickte verblüfft auf. Sämtliche Ärzte starrten ihn an. »Mr. Fry«, wiederholte Fairless, »würden Sie jetzt bitte Ihren Platz einnehmen?«
    »Aber sicher«, sagte Morey hastig. »Äh – wo?«
    Semmelweiss schien verblüfft. »Habe ich Ihnen doch gesagt. Schon gut, Morey; Sie haben nicht viel verpaßt. Wir wollen eine der großen Szenen Ihres Lebens ablaufen lassen, die, von der Sie uns letztes Mal erzählten. Erinnern Sie sich? Sie waren vierzehn Jahre alt, haben Sie gesagt. Weihnachten. Ihre Mutter hatte Ihnen etwas versprochen.«
    Morey schluckte. »Jetzt erinnere ich mich«, sagte er unglücklich. »Nun, meinetwegen. Wo stehe ich?«
    »Hier«, sagte Fairless. »Sie sind Sie, Carrado ist Ihre Mutter, ich bin Ihr Vater. Würden die nicht teilnehmenden Kollegen bitte einen Schritt zurücktreten? So ist es gut. So, Morey, wir haben jetzt den Morgen des Weihnachtstages. Frohe Weihnachten, Morey!«
    »Frohe Weihnachten«, sagte Morey halbherzig. »Äh – Vati – wo ist denn mein… äh… mein Hündchen, das Mami mir versprochen hat?«
    »Hündchen!« sagte Fairless jovial. »Deine Mutter und ich haben etwas, das viel schöner ist als ein Hündchen. Schau einmal unter den Baum dort – es ist ein Roboter! Ja, Morey, ein Roboter, ganz für dich alleine – ein vollautomatisches Achtunddreißig-Röhren-Modell. Nur zu, Morey, geh zu ihm und sprich mit ihm! Er heißt Henry. Nur zu, Junge!«
    Morey spürte plötzlich ein unbegreifliches Prickeln an seiner

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