Titan 16
Jede größere Bibliothek und jede Universität auf der Welt erhielt einen Satz dieser Bücher. Mike und ich bereitete es große Genugtuung, einige der Probleme zu klären, an denen die Gelehrten seit Jahren herumgerätselt hatten. In dem Band, der sich mit Rom befaßt, lösten wir zum Beispiel das Triremen‐Problem mit einer Folge von Bildern. Wir zeigten nicht nur das Innere einer Trireme, sondern auch eine Kriegs‐Quinquereme. (Natürlich waren die Professoren und Amateur‐Schiffskundigen keineswegs überzeugt.) Wir ließen eine Reihe von Luftaufnahmen der Stadt Rom herstellen, im Abstand von hundert Jahren über tausend Jahre verteilt. Luftaufnahmen von Ravenna und Londinium, Palmyra und Pompeij, von Eboracum und Byzanz. Oh, das machte Spaß. Wir hatten einen Band über Griechenland und einen über Rom, über Persien und Kreta, über Ägypten und das Zarenreich. Wir hatten Bilder des Parthenons und des Pharos’, Bilder von Hannibal und Caractacus und Vercingetorix, Bilder der Mauern von Babylon und vom Bau der Pyramiden und des Palastes von Sargon, Seiten aus den verschollenen Büchern von Livius und den Dramen des Euripides. Solche Sachen.
Schrecklich teuer, die zweite Auflage verkauften wir zu Gestehungskosten an eine überraschend große Zahl von Privatbürgern. Wenn die Kosten geringer gewesen wären, wäre Interesse für Geschichte noch mehr in Mode gekommen.
Als die Aufregung sich schließlich gelegt hatte, stieß ein Italiener, der im bisher wenig erforschten Teil des unter Asche begrabenen Pompeij buddelte, auf einen winzigen vergrabenen Tempel genau an der Stelle, wo ihn unsere Luftaufnahme gezeigt hatte. Sein Etat wurde erhöht, und er fand weitere aschebedeckte Ruinen, die mit unserer Luftaufnahme übereinstimmten, Ruinen, die seit fast zweitausend Jahren das Licht des Tages nicht gesehen hatten. Alle erhoben sofort ein großes Geschrei, daß wir wirklich Glück gehabt hätten; der Leiter irgendeines Kults in Kalifornien argwöhnte laut, daß wir die Reinkarnationen zweier Gladiatoren namens Joe wären.
Um etwas Frieden und Ruhe zu bekommen, zogen Mike und ich in unser Studio und machten hinter uns dicht. Auf unsere Bitte hin war der alte Banksafe nie entfernt worden, und er eignete sich auch gut dazu, unsere Geräte aufzubewahren, wenn wir nicht im Hause waren. Sämtliche Post, mit der Ruth nicht allein zurecht kam, erledigten wir, ohne sie zu lesen; das alte Bankgebäude begann wie eine beliebte Suppenküche auszusehen. Wir stellten vierschrötige Privatdetektive an, um die unangenehmeren Besucher abzuhalten, und abonnierten einen telegrafischen Schutzdienst. Wir hatten wieder Arbeit – einen weiteren abendfüllenden Film.
Wir blieben den historischen Themen treu. Diesmal versuchten wir das zu tun, was Gibbon mit Abstie g un d Fal l de s Römische n Reiche s getan hatte. Ich glaube, wir hatten ziemlich großen Erfolg. In vier Stunden kann man zwar nicht zweitausend Jahre völlig abdecken, aber man kann, so wie wir das taten, zeigen, wie eine große Zivilisation zerbröckelt und auch wie schmerzhaft dieser Vorgang sein kann. Die Kritik, die uns zuteil wurde, weil wir Christus und das Christentum fast völlig ignorierten, war, meinen wir, ungerecht und unfair. Sehr wenige wußten damals oder wissen heute, daß wir als eine Art Versuchsballon einige Stellen eingeblendet hatten, die Christus selbst und seine Zeit zeigten. Diese Stellen mußten wir schneiden. Wie Sie wissen, ist der Prüfungsausschuß paritätisch aus Katholiken und Protestanten zusammengesetzt. Er – der Ausschuß – ging auf die Barrikaden. Wir protestierten nicht sehr, als sie meinten, unser ›Treatment‹ sei unehrerbietig, unanständig, mit Vorurteilen behaftet und ›nach jeglichem christlichen Standard‹ ungenau. ›Er sieht Ihm ja nicht einmal ähnlich‹, jammerten sie, und damit hatten sie recht; es war auch so. Kein Bild, das si e je zu sehen bekamen. An diesem Punkt entschieden wir, daß es sich nicht lohnte, sich mit den religiösen Anschauungen von irgend jemandem anzulegen. Deshalb haben Sie auch nie etwas von uns Kommendes gesehen, das auch nur im entferntesten Maße mit den akzeptierten historischen, soziologischen oder religiösen Zügen von ›jemandem, der es besser wußte‹, in Konflikt geriet. Dieser römische Film übrigens wich – keineswegs zufällig – so wenig von den Schulbüchern ab, mit denen Sie in der Schule zu tun hatten, daß nur ein paar begeisterte Spezialisten unsere Aufmerksamkeit auf
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