Titanen-Trilogie 01 - Das Erbe der Titanen
zum Stillen an die Brust, während sie weitergingen. Das war es! Das Kind!
»Kann es denn schon ohne Mutter sein?« fragte Sos.
»Nein«, antwortete Sola.
»Meine Tochter wirst du mir nicht nehmen«, sagte Sol. Zum erstenmal hatte er die Stimme erhoben.
»Nein, natürlich nicht. Aber solange sie nicht — entwöhnt ist . . .«
»Oberhaupt nicht«, sagte Sola fest. »Sie ist auch meine Tochter. Sie bleibt bei mir!«
»Soli gehört mir!« sagte Sol nachdrücklich. »Du, Weib, bleibe oder gehe, wie du willst. Trag den Armreif, den du willst; aber Soli gehört mir!«
Das Baby blickte auf und fing zu weinen an. Sol nahm das kleine Mädchen wieder auf den Arm. Sofort war es zufrieden und still. Sola verzog das Gesicht, sagte aber nichts.
»Auf deine Tochter erhebe ich keinen Anspruch«, sagte Sos vorsichtig »Wenn sie aber ihre Mutter nicht entbehren kann . . .«.
Sol setzte sich auf einen umgestürzten Baum und schaukelte Soli auf seinen Knien. »Betrübnis hat sich über unser Lager gesenkt, als du fortzogst. Jetzt bist du zurück und führst eine Waffe. Herrsche über meinen Stamm, über mein Reich so wie früher. Ich möchte dich wieder an meiner Seite haben!«
»Ich bin aber gekommen, um Sola mitzunehmen! Sie kann nicht hier bleiben, wenn sie den Armreif gewechselt hat. Das würde Schmach über uns beide bringen.«
»Warum? - »Sola, die Sols Kind nährt!«
Sol überlegte. »Dann soll sie weiter meinen Armreif tragen. Sie ist trotzdem dein.«
»Du möchtest Hörner tragen?«
Sol ließ Soli auf den Knien hüpfen. Er summte eine Melodie und fiel dann mit dem Text ein. Es war Red River Valley . Sos unterbrach ihn erschrocken: »Du hast es also mitangehört!«
»Ich habe gehört, wer mein wahrer Freund war, als ich fieberkrank da lag und mich nicht rühren konnte. Ich weiß, wer mich auf der Schulter getragen hat, damit ich nicht sterbe! Wenn ich schon Hörner tragen muß, dann möchte ich solche Hörner tragen. Und alle dürfen es sehen!«
»Nein!« rief Sos erschrocken.
»Laß mir nur meine Tochter! Sonst gehört alles dir.«
»Nicht auf unehrenhafte Weise!« Doch für diesen Protest schien es zu spät.
»Und Schmach werde ich nicht akzeptieren, ob es nun meine oder deine wäre.«
»Ich auch nicht«, sagte Sola leise. »Jetzt nicht mehr.«
»Kann zwischen uns Ehre sein?« sagte Sol zu ihr mit Nachdruck. »Es kann doch nur Freundschaft zwischen uns geben.«
Sie sahen einander schweigend an und suchten nach einer Lösung
Sos ließ im Geist alle Möglichkeiten an sich vorüberziehen. Doch an der Lage änderte sich nichts. Er konnte wieder gehen -und alle seine Träume von einer Vereinigung mit der Frau, die er liebte, aufgeben, während sie bei dem Mann bleiben würde, den sie nicht liebte und der sich nichts aus ihr machte. Konnte er sich mit einer blonden Miß Smith trösten? Er konnte natürlich auch bleiben und die unehrenhafte Verbindung akzeptieren, die sich unweigerlich ergeben würde. Das war eine Situation, die seiner Stellung und Waffe unwürdig war. Er konnte auch kämpfen, um die Frau und die Ehre. Alles oder nichts!
Sol begegnete seinem Blick. Er war zu derselben Lösung gekommen. »Bildet einen Kreis!« sagte er.
»Nein!« rief Sola, die merkte, was sich zusammenbraute. »Dieser Ausweg ist falsch!«
»Deswegen muß die Sache trotzdem im Ring ausgetragen werden«, sagte Sos bedauernd. »Du und deine Tochter, ihr müßt zusammen bleiben!«
»Ich verlasse Soli«, sagte sie mit Überwindung. »Laß dich nicht wieder auf einen Kampf ein!«
Sol saß noch immer mit dem Baby da und sah dem Herrn eines Reiches gar nicht ähnlich. »Nein, es ist für eine Mutter ärger, wenn sie ihr Kind verläßt, als für einen Anführer, der seinen Stamm aufgibt. Daran habe ich vorhin gar nicht gedacht. Jetzt weiß ich es.«
»Du hast keine Waffe mitgebracht«, sagte Sola und versuchte damit, den Kampf aufzuschieben.
Sol beachtete sie nicht und blickte Sos an. »Ich möchte dich nicht töten. Wenn du willst, kannst du mir dienen. Du darfst tun und lassen, was du willst. Aber nie wieder sollst du die Waffe gegen mich erheben«, schloß er mit Mühe.
»Ich möchte dich nicht töten. Du magst Waffen und Reich behalten, aber Mutter und Kind kommen zu mir.«
Und dabei blieb es. Wenn Sol gewann, war Sos aller ehrenhaften Mittel beraubt, sein Ziel noch länger zu verfolgen. Gewann Sos, mußte Sol das Kind aufgeben und Sola freilassen, die dann mit Sos fortziehen konnte. Der Gewinner würde sein Verlangen
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