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Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte

Titel: Titanic - Wie ich den Untergang ueberlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Beesley
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Wichtigste, das alle
Beobachter beeindruckt hatte, war der Geist der Ruhe über ihr und das langsame,
teilnahmslose Sinken in die See wie ein tödlich getroffenes Tier.
    Allein die
Masse des Schiffes war vom Wasser aus betrachtet ein einschüchternder Anblick.
Stelle es dir vor, eine sechstel Meile lang, 75 Fuß hoch bis zum Oberdeck, mit
vier großen Schornsteinen über den Aufbauten, mit ihren Hunderten von
Bullaugen, all ihren Salons und anderen Räumen, in strahlendem Licht und
darüber noch Masten. Um sie herum kleine Boote mit jenen, die noch vor ein paar
Stunden auf ihren Decks wandelten, in ihren Bibliotheken lasen und der Musik
der Kapelle in glücklicher Versammlung lauschten. Jetzt sahen sie in höchster
Verwunderung hinauf zu dieser enormen Masse über ihnen und ruderten fort von
ihr, weil sie versank. Ich habe mir oft gewünscht, die Titanic aus
einiger Entfernung zu betrachten. Erst ein paar Stunden vorher, während einer
Unterhaltung mit einem Mitpassagier beim Mittagessen, hatte ich das Gelöbnis
abgelegt, einen tollen Blick auf ihre Linien und ihre Größe zu werfen, wenn wir
in New York gelandet sein würden. In einer gewissen Distanz zu stehen, um einen
vollständigen Blick auf ihre wundervollen Abmessungen zu haben, hatte die Nähe
der Hafenanlagen in Southampton unmöglich gemacht. Ich hätte kaum daran
gedacht, daß die Gelegenheit sich so schnell und unter solch dramatischen
Umständen ergeben würde. Allerdings war der Hintergrund ein völlig anderer als
der, den ich mir für sie vorgestellt hatte. Der schwarze Umriß ihres Profils
gegen den Himmel wurde überall von Sternen umgeben, und auch die Schornsteine
und Masten zeigten sich so; wo ihre Masse stand, waren die Sterne ausgelöscht.
Und noch eine Sache war anders als in der Wunschvorstellung, wobei uns diese
Tatsache förmlich zerriß, als wir sie bemerkten. Die Schönheit der Nacht, die
Schönheit der Schiffslinien, die Schönheit ihrer Lichter – alles für sich
allein genommen war wunderbar – aber, das schlimme Etwas war der schreckliche
Winkel, der durch die Wasseroberfläche und die Lichterlinien – Reihen von
erleuchteten Bullaugen entlang ihrer Seite – gebildet wurde. Eigentlich sollten
diese parallel ausgerichtet sein und sich niemals mit dem Wasser treffen. Doch
nun trafen sie sich in einem Winkel noch innerhalb des schwarzen Rumpfes des
Schiffes. Es gab sonst keinen Hinweis, der anzeigte, daß es beschädigt war;
nichts außer dieser sichtbaren Verletzung eines einfachen geometrischen
Gesetzes – daß parallele Linien »… sich nur in der Unendlichkeit schneiden«.
Jetzt zeigte es sich, daß die Titanic über ihren Bug sank, weil die
untersten Bullaugen vorn schon unter der Wasseroberfläche lagen und ihre
Bullaugen im Heckbereich über ihre normale Position gehoben waren. In der
Stille der Nacht ruderten wir fort von ihr, hoffend und betend mit all unseren
Herzen, daß sie nicht weiter sinken möge und das Tageslicht sie so antreffen
sollte, wie sie jetzt lag.
    Die Besatzung
dachte nicht so, warum auch immer. Es wurde manchmal davon erzählt, daß
Offiziere und Mannschaften davon ausgingen, daß das Schiff sich schwimmend
halten würde, auch als sie wußten, wie schwer die Beschädigung gewesen war.
Einige von ihnen mögen so gedacht haben um diese Zeit – vielleicht mit einer
gewissen Berechtigung, weil sie über spezielles Wissen ihrer Konstruktion
verfügten, jedenfalls mehr als jene, die meinten sie würde sinken –, aber wie
auch immer, die Heizer in unserem Boot hatten keine solche Illusionen. Einer
von ihnen – ich denke, es war der gleiche, der uns von den Falltauen befreite –
erzählte uns, wie er während seiner Wache vor seinem Feuerloch arbeitete. Im
Vorgriff auf sein Ausscheiden in einer Viertelstunde – dieses deckt sich mit
der Zeit der Kollision um 23.45 Uhr – hatte er in seiner Nähe eine Suppenschüssel
auf einem heißen Maschinenteil abgestellt. Plötzlich sei die ganze Wand seines
Abschnitts eingebrochen, und das Wasser strömte um seine Füße. Er rappelte sich
auf und spurtete durch die Abteilungstür. Gerade war er durch, als das
wasserdichte Schott hinter ihm herabkam, »… wie ein Messer«, wie er sagte; »…
sie steuerten es von der Brücke aus.« Er ging hinauf an Deck, wurde aber gleich
wieder nach unten beordert und sollte mit anderen die Feuer unter den Kesseln
löschen, was sie auch taten. Danach war es ihnen dann freigestellt, an Oberdeck
zu kommen. Es sieht so aus, als ob diese

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