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TITANIC-WORLD

TITANIC-WORLD

Titel: TITANIC-WORLD Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Aust-Jones
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vorhandener Kessel und Stimmen hinter Türen leerer Kabinen berichtet hatte. Die Eiseskälte, Salzwasser statt Tee, unzählige – nicht erklärbare – Vorkommnisse in den Cyber-Welten, eine Schiffsglocke, die läutet, obwohl sich niemand in ihrer Nähe befand, ein junger Mann, der mit einem Schock und einer lebensgefährlichen Unterkühlung im Krankenhaus behandelt werden musste, eine alte Frau, die buchstäblich zu Tode erschrocken wurde, Miss Makkileinens Bericht … undsoweiter, undsoweiter. Am Freitagabend war Cecilia bei dem Punkt angelangt, an dem sie nicht mehr weiter darüber nachdenken wollte, was sich ereignet hatte – sie wollte jetzt endlich wissen, warum die Dinge geschehen waren und was man dagegen unternehmen konnte. Zwei Stunden rang sie mit sich; kämpfte ihre Tränen, ihre Enttäuschung und ihre Trauer nieder. Dann stellte sie sich ihrer Verantwortung. Sie rief, trotz der späten Stunde, Inspektor Parker an und bat ihn, am folgenden Abend zu ihr zu kommen.
    Jetzt saß er hier auf ihrer Couch, hatte ein Bier vor sich und sah Cecilia erwartungsvoll an. Sie hatte ihm einen Kaffee oder ein anderes antialkoholisches Getränk anbieten wollen, doch zu ihrer Überraschung hatte er lächelnd erwidert, dass ihm bei diesem herrlichen Wetter der Sinn eher nach einem kühlen Bier stand. Als sie ihm das Glas reichte, wünschte sie sich plötzlich, dass dieses Treffen ein Rendevouz wäre – Smalltalk bei Kerzenschein, Herzklopfen und verliebte Küsse. Seltsamerweise schien ihr Herz das imaginäre Spielchen mitmachen zu wollen, denn es pochte wie verrückt. Das lag aber nicht an Parkers Anwesenheit als Mann, wie Cecilia sich missmutig eingestehen musste, sondern an ihrer Angst vor seiner Reaktion. Bei Craig hatte sie nichts erreichen können, außer, dass sie jetzt exakt in sein Frauenbild zu passen schien – naiv, leicht beeinflussbar und geistig völlig unterbelichtet. Würde der Inspektor nach dem Gespräch ähnlich von ihr denken?
    Es hilft ja alles nix, dachte Cecilia und schluckte ihre Befürchtungen hinunter. Schließlich kann ich nicht den ganzen Abend in seligem Schweigen vertrödeln, dann hält er mich wirklich für bekloppt! Sie gab sich einen Ruck und fragte mit ruhiger Stimme: „Inspektor Parker, glauben Sie an Geister?“
    Für Augenblicke hing die Frage in der Luft und Cecilias Anspannung wuchs ins Unermessliche. Schließlich nickte der Inspektor langsam mit dem Kopf und antworte nachdenklich: „Ich glaube an Gespenster, Mrs. von Hochstett, doch nicht im herkömmlichen Sinne. – Sehen Sie, meiner Meinung nach sind die Gespenster, die uns als Erwachsene heimsuchen, schlimme Ereignisse oder Erlebnisse aus unserer Kindheit. Der betrunkene Vater, zum Beispiel, der das Geld zum Leben versäuft. In seinem Frust, als Ernährer, Vater und Ehemann versagt zu haben, schlägt und tyrannisiert er seine Familie. Dieses Gespenst wird das längst schon erwachsene Kind immer noch verfolgen. Es wird entweder in die Fußstapfen des Vaters treten oder die schrecklichen Erfahrungen als Antriebsfeder zu einem anderen, besseren Leben nutzen. – An Gespenster, die kettenrasselnd durch alte Gemäuer spuken, glaube ich hingegen nicht.“
    Wie vom Donner gerührt, starrte Cecilia den Inspektor an. Mit allem hatte sie gerechnet; vom Auslachen, über mitleidige Blicke, sogar bis hin zum fluchtartigenVerlassen ihrer Wohnung – aber nicht damit! Nicht mit einer sachverständigen Analyse der menschlichen Psyche, die eines der allgemein wenig verständlichen zwischenmenschlichen Unmöglichkeiten zu erklären versuchte. Sprachlos saß Cecilia da. Dass er ihre eigentliche Frage nicht beantwortet hatte, ließ sie in diesem Augenblick außer Acht. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder gefangen hatte und dann sagte sie nur: „Ja, an diese Gespenster aus der Vergangenheit , glaube ich auch.“ „Aber damit habe ich Ihre Frage nicht beantwortet, Mrs. von Hochstett.“
    Aus einem Impuls heraus, bat sie: „Nennen Sie mich doch Cecilia“, und lächelnd fügte sie hinzu: „Sie sind nicht der einzige Engländer, der Schwierigkeiten hat, meinen Nachnamen richtig auszusprechen und ich möchte später nicht für den Knoten in Ihrer Zunge verantwortlich sein.“
    Inspektor Parker lachte. Er nahm sein Glas und sagte: „Ich heiße Jonathan, oder Jon, wenn dir das lieber ist.“
    Sie prosteten sich zu und eine feine Röte breitete sich über Cecilias Zügen aus. Rasch beugte sie sich vor, um eine Zigarette aus der Schachtel zu

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