TKKG 82 - Der Diamant im Bauch der Kobra
Rest Bier schwappte. Sie trank erstmal, wischte sich dann über den Mund. Das verteilte den Lippenstift bis zu den Ohren. „Ihr seid vielleicht keine“, nuschelte sie. „Aber eure Alten ..
„Auch die nicht“, sagte Tim in scharfem Ton. „Aber lassen wir das Thema. Deine Sachkenntnis hat noch mehr Löcher als dein Pullover. Jedenfalls - hübsch habt ihr’s hier. Wir wollten nur mal hereinschauen. Wo ist denn der männliche Teil?“, wandte er sich an Joan, die eine Miene machte wie ein Fußabstreifer: betreten.
„Ja“, griff sie die Frage auf. „Wo ist Bill, Sheila?“
„Weg.“
„Was meinst du? Abgehauen?“
„Neiiin! Er kann ohne mich nicht leben. Er ist weggegangen. Er bummelt. Er ist ein freier amerikanischer Bürger und kann um diese Zeit einen Stadtbummel machen.“
„Natürlich. Ist doch klar! Habt ihr genug zu essen?“
„Hm. Was du gestern gebracht hast, schmeckte nach Seife.“
„Nach Seife?“, fragte Joan verwirrt. „Das ist unmöglich.“ „Ich sag dir, es schmeckte nach Seife“, beharrte Sheila.
„Um Gottes willen! Es war ein Stück Seife dabei. Aber das ist doch zum Waschen.“
Sheila glotzte. „Seife? Warum sagst du das nicht. Es sah aus wie Rindertalg. Ich glaube, Bill hat’s in die Pfanne getan.“
Auf dem Tisch stand ein Spirituskocher, daneben eine Pfanne.
„Himmel!“, sagte Gaby. „Wie betrunken muss man sein, um sowas fertigzukriegen? Aber gebt Joan nicht die Schuld, verdammt nochmal! Seid lieber froh, dass sie sich um euch kümmert.“
„Aha!“, schnappte Sheila. „Froh sein sollen wir? In Deutschland kämen wir wohl gleich hinter Gitter? Wegen der Seife. Aber hier .“
„In Deutschland“, wurde sie von Tim unterbrochen, „gibt es genauso viel Freiheit wie hier. Hinter Gitter kämt ihr nur, wenn ihr einbrecht, was mit Rauschgift am Hut habt oder andere Straftaten begeht. Das war’s. Good-bye, Miss!“
Die Mädchen folgten ihm hinaus.
Als sie im Wagen saßen, sagte Gaby: „Wie hältst du das aus, Joan?“
„Ich bin ehrgeizig. Wenn ich mich um Gestrauchelte kümmere, dann richtig. Ich setze eben alles daran, um ihnen zu helfen. Kann ich sie bessern, ist das für mich ein Erfolgserlebnis. Später mache ich einen Job als Sozialarbeiterin.“
„Schön und gut“, meinte Tim. „Aber diese Sheila ist eher was für den Staatsanwalt. Ich will dir deine Illusion lassen. Aber dass du für diese Schlampe den Weg begradigst, führt zu nichts.“
Joan schwieg bedrückt.
Sie fuhren zur Hauptstraße, stellten den Wagen ab und bummelten. Auf Bill, der ebenfalls bummelte, trafen sie nicht.
„Wahrscheinlich sitzt er in irgendeiner Imbissbude und stopft sich voll“, meinte Joan. „Er leidet nämlich ständig unter Hunger. Sein Magen knurrt so laut, dass du denkst, er versteckt einen Puma unterm Hemd. Dabei ist er dürr wie Stacheldraht.“ „Wenn er seiner Gefährtin ähnelt“, sagte Gaby, „kann ich meine Neugier auf ihn beherrschen.“
„Naja“, lächelte Joan. „Er kann noch ekliger sein. Aber das wird anders, wenn er erstmal merkt, dass es auch Liebe gibt unter den Menschen. Ich meine: selbstlose Güte.“
„Bill ... und wie heißt er sonst noch?“, fragte Tim.
„Twain. Sheila heißt Finn. Ich nehme an, dass die Namen stimmen.“
„Und wenn nicht“, lachte Tim, „liegt es bestimmt an den deutschen Kriegsverbrechern.“
In einem Eis-Salon entdeckte Joan Schulfreunde. Tim und Gaby mussten ein Dutzend Hände schütteln. Es waren nette Typen, und damit begann der lustige Teil des Abends.
Als Joan die beiden dann zum Plaza fuhr, war die Nacht angebrochen. Ein runder Mond schien auf Springfield und die weite Ebene hinab. Vor vielen Häusern saßen die Menschen auf Bänken, und aus der Dunkelheit drangen leise Gespräche.
Als sie sich verabschiedeten, fragte Tim, wo er Reiseschecks einlösen könne, gleich morgen früh. Joan empfahl ihm die Western-Bank.
In der Hotelhalle war dämmriges Licht. Tim und Gaby holten die Zimmerschlüssel von der Rezeption und liefen die Treppe hinauf.
8. Der Hoteldieb entkommt
Gaby fühlte noch Tims Gute-Nacht-Bussi auf der Wange, als sie ihr Zimmer aufschloss. Sie drückte auf den Lichtschalter, aber kein Licht flammte auf.
Im selben Moment hörte sie das Geräusch: ein Schaben oder Kratzen beim Fenster.
Es war geöffnet. Mondlicht übergoss den Park. Baumkronen ragten hoch auf und dämpften die Beleuchtung des Nachtgestirns.
Dennoch sah sie den Schatten, der sich soeben hinausschwang: eine dunkle
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