TKKG 82 - Der Diamant im Bauch der Kobra
Gestalt. Sie verschwand hinter der Brüstung. Jetzt tauchte der Kopf weg.
Einbrecher!
„Halt!“, rief sie, obwohl sie ,Hau ab!‘ meinte, denn was hätte sie ausrichten können gegen einen Fassadenkletterer und Einsteigdieb!
Heftig betätigte sie den Lichtschalter, erfolglos natürlich. Dann lief sie zum Fenster.
Kostbare Sekunden hatten ihm Vorsprung verschafft. Als sie sich hinausbeugte, war er fast unten. Affenartig turnte er an den herausragenden Steinen hinunter. Aber das war wirklich kein Kunststück, sondern bequem wie auf einer Leiter.
„Halt! Nein! Stop!“
Ihr fiel ein, dass sie nicht zu Hause war und der Kerl vermutlich kein Deutsch verstand.
Er sprang auf den Boden, wirbelte herum und verschwand in der Finsternis zwischen den Büschen, die unter den Bäumen wuchsen.
Sowas!, dachte sie empört. Gibt’s also hier auch. Friedliches Springfield. Sheila und Bill sind nicht genug. Im Plaza wird geklaut. O weh! Ich dumme Pute! Ist ja meine Schuld!
Letzteres war die Erkenntnis aus einem Blick, der erst nach rechts, dann nach links wanderte: Über die Rückfront des U-förmigen Hotelbaus.
Alle unbeleuchteten Fenster waren geschlossen, die erhellten nur dann geöffnet, wenn ein kräftiger Mann zur Verfügung stand, beziehungsweise das Zimmer belegt hatte.
„Heh, Gaby“, sagte Tim aus seinem Fenster. „Bei dir also auch, ja? Mein Zimmer ist durchwühlt. Ich hatte das Fenster offen gelassen. Weshalb hast du gerufen?“
„Bei mir war er noch, als ich reinkam. Wie King Kong hat er sich abgeseilt. Ich sah, wie er floh.“
Tim kam zu ihr rüber und schraubte die Glühbirne in der Stehlampe fest. Das war die Lichtquelle, die vom Türschalter betätigt wurde. Eine Deckenleuchte fehlte. Auch bei Tim drüben hatte der Einbrecher, offenbar ein Profi, die Birne locker geschraubt: ein Trick, um notfalls im Dunkeln entkommen zu können. Was ihm ja bei Gaby gelungen war, sogar unerkannt.
„Ich meine, es war ein Mann“, sagte sie und blickte ratlos umher.
Fächer und Schubladen waren durchwühlt. Der Inhalt lag verstreut auf dem Boden.
„Mir hat er zwei Hemden geklaut“, wunderte sich Tim. „Die Brieftasche - mit allem was wichtig ist - hatte ich ja bei mir. Ein Glück! Was vermisst du?“
„Woher soll ich das wissen! Ich habe noch gar keinen Überblick.“
„Dann überblicke mal! Ich verständige den Manager.“ Aufgebracht räumte sie ihre Sachen in den Schrank. Der blaue Jeansrock war weg. Unglaublich! Auch nach ihren Ohrclips suchte sie vergeblich. Offenbar war er kein Schmuckkenner, der Dieb. Die Clips sahen zwar aus wie Gold, hatten aber nur 12,50 DM gekostet.
Tim kam mit dem Manager, der ärgerlich war wegen des Vorfalls, jedoch die Ruhe behielt.
„Don’t touch anything until the police arrive (nichts anrühren bevor die Polizei kommt)“, sagte er.
„Zu spät“, meinte Gaby. „Ich bin schon mit dem Einräumen fertig.“
Im selben Moment bemerkte sie den Schuh.
Es war ein blauer Jogging-Schuh, absatz-schief wie nach 25 Marathon-Läufen und staubig. Er lag unterm Fenster. Das Schnürband war zerrissen.
„Den hat er verloren!“, rief sie. „In der Eile. Läuft er also jetzt mit einem Schuh durch Springfield. Tolle Spur.“
Tim besichtigte ihn aus der Nähe, hielt sich aber an das ,Don’t touch!‘ (Nicht berühren).
„Ein Schuh der Marke LET’S GO, abgelatscht und voller Löcher. Der Dieb braucht dringend neue. Wie soll er sonst seinen Job ausüben?“
„Wenn ich so mit meinen Guckerchen schätze“, sagte sie, „meine ich, er hat die gleiche Schuhgröße wie du. Aber deine Ersatz-Turnschuhe sind ja noch da. Oder?“
Tim blickte auf seine Füße, die in Laufschuhen aus ultraleichtem Nylon steckten - und sich dort wohlfühlten. Er hatte ein zweites Paar mit, trägt er doch in der warmen Jahreszeit kaum was anderes als Turnschuhe.
„Verdammt!“, murmelte er. „An die zweiten habe ich gar nicht mehr gedacht. Die sind also auch weg. Der kann was erleben, wenn ich ihn erwische.“
„Ziemlich aussichtslos, Tim. Hier sind wir in der Fremde. Aber vielleicht überlässt dir die Polizei den LET’S GO. Es ist der linke. Wenn du dann noch den rechten findest, ist der Schaden fast behoben.“
Zusammen mit dem Manager warteten sie auf die Polizei, auf zwei Polizei-Detektive, die dann an der Bagatellsache nicht viel Interesse zeigten, aber die beiden Globetrotter ermahnten, Tür und Fenster bei Abwesenheit verschlossen zu halten.
So endete also der erste Tag mit einem
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