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Tochter der Insel - Historischer Roman

Tochter der Insel - Historischer Roman

Titel: Tochter der Insel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Oltmanns
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Entfernung die Ställe. Lea warf einen Blick zurück. Noch waren ihre Verfolger vor dem Dunkel des Waldes nicht zu erkennen. Sie hörte nur ihre Schreie und die Pferdehufe. Leas Herz klopfte so stark, als würde es jeden Moment zerspringen. Sie hielt auf Joris’ Farm zu und erreichte endlich die Stallungen, sprang vom Kutschbock, riss das Scheunentor auf und zog den Karren und die Pferde hinein. Dann verschloss sie das Tor rasch.
    Leises Wiehern begrüßte sie. Es roch angenehm nach Heu und Leder. Lea strich sich den Schweiß von der Stirn. Ihre Haare klebten nass am Kopf. Mit leisem »Sch, sch, ruhig, ruhig« beruhigte sie die dampfenden Pferde und strich ihnen über die Nüstern.
    Deutlicher drang nun das Klappern von Hufen an ihre Ohren. Die Verfolger kamen näher. Leas Herz raste inzwischen so schnell, dass ihr Atem stoßweise kam. Am Hals und in den Schläfen pochte ihr Blut. Wenn die Männer nun auf die Idee kamen, den Stall zu durchsuchen? Womit sollte sie ihre Anwesenheit erklären? Es würde ihnen sicher nicht schwerfallen, eins und eins zusammenzuzählen.
    Direkt neben dem Stall kamen die Reiter zum Stehen und Lea vernahm undeutliche Stimmen. »Verdammt! Der Kerl ist wie vom Erdboden verschluckt!«
    »Was haben Sie zu dieser nächtlichen Zeit auf meinem Grundstück verloren?« Lea zuckte zusammen. Das war die Stimme von Joris!
    »Wir jagen entlaufene Sklaven, waren einem Fluchthelfer auf den Fersen. Doch jetzt haben wir ihn verloren. Einem Hinweis nach verläuft die Fluchtroute hier entlang.«
    »Ich weiß nichts von solch einer Route.«
    »Haben Sie etwas gehört oder gesehen?«
    »Nein. Ich bin mir sicher, dass hier in der Nähe der Farm niemand vorbeigekommen ist. Die Abzweigung dort drüben führt direkt ins nächste Dorf. Vielleicht hat der Bursche den Weg genommen.«
    »Henk, wir dürfen uns nicht aufhalten lassen, sonst entkommt der Kerl«, hörte Lea eine junge Stimme sagen. »Lass uns endlich weiterreiten.«
    »Ich werde heute Nacht die Augen aufhalten«, versprach Joris.
    Lea atmete erst auf, als die Reiter außer Hörweite waren. Sie fühlte sich auf einmal sehr erschöpft. Ihr wurde bewusst, in welcher Gefahr sie geschwebt hatte und dass sie an diesem Tag über sich hinausgewachsen war.
    »Nikolas, bist du hier irgendwo?«, hörte sie Joris leise rufen.
    Mit zitternden Knien öffnete Lea das Tor und wankte hinaus. Im fahlen Licht des Mondes erkannte sie seinen fassungslosen Gesichtsausdruck.
    »Lea! Was um Gottes willen tust du hier? Und wo sind die Flüchtlinge?«
    Sie berichtete in aller Eile.
    »Unter der Brücke, sagst du? Ich werde mich um die drei kümmern. Geh ins Haus und ruh dich aus.«
    »Erst nachdem ich die Pferde versorgt habe.«
    »Gut.« Joris ging zum Wagen, drehte sich aber noch einmal um. »Ich schätze, du wirst bis morgen früh hierbleiben müssen. Schon für den Fall, dass die Männer umkehren.«

6
    S elbst wenn das Haus auf dem Mond oder in den Wipfeln eines Baumes gestanden hätte, es hätte Lea nicht fremdartiger vorkommen können. Sie trat durch die Tür und kam sich wie ein Eindringling vor. Ein wehmütiges Gefühl erfasste sie. Noch vor Kurzem war ihr die Farm Schutz und Zuflucht gewesen. Das war erst wenige Monate her und kam ihr doch vor wie eine Ewigkeit.
    Langsam bewegte sie sich durch die Räume, berührte Dinge, die Joris oder Rebekka gehört und mit denen sie zu tun gehabt hatten. Liebkoste Kissen, Decken und Vorhänge, die sie selbst gefertigt hatte. Doch all dies brachte die Nähe nicht zurück. Schließlich wandte Lea sich seufzend ab und trat zum Fenster. Der volle Mond tauchte die Prärie in bleiches Silber. Lea lehnte ihren Kopf gegen den Fensterrahmen und starrte hinaus. Nicht das Haus hatte sich verändert, sie selbst war eine andere geworden. Sie gehörte nicht mehr hierher.
    Die Enge des Raumes schien Lea plötzlich so erdrückend, dass sie sich umdrehte, nach dem Schaukelstuhl griff und ihn nach draußen trug. Lea setzte sich unter den Lindenbaum, der nahe am Haus stand.
    Ein kühler Wind wehte. Sie hüllte sich in ihren Umhang und wickelte eine Decke um sich. Schafe blökten und eine Eule glitt dicht an ihr vorüber. Lea schloss für einen Moment die Augen, fuhr aber erschrocken zusammen, als Joris’ Stimme die Nacht durchdrang.
    »Was, um Himmel willen, machst du hier draußen?«
    »Ich warte auf dich. Ich konnte es im Haus nicht aushalten.« Sie zuckte hilflos die Schultern. »Lass uns eine Weile hierbleiben.«
    »Ich hole mir einen Stuhl und

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