Tochter der Schatten - Vara, M: Tochter der Schatten
Menschen. Für eine Frau.
War er früher nicht besser dran gewesen – ohne Gedanken, ohne Gefühle? Keine Fragen. Keine Verwirrung. Keine Gabriella, die durch seine Gedanken und seinen Körper flutete wie ein ständiger Strom von Wärme, Liebe und Sehnsucht. Er lächelte, sich dessen nur halb bewusst, auf sie hinab. Ihre Augen hatten die Eigenschaft, ihn anzuziehen und nicht mehr loszulassen, bis er vermeinte, darin zu versinken. Wie reich sein Leben durch sie geworden war. Wie glücklich. Und wie fremd zugleich.
Ihre Miene war ausdruckslos. Selbst in ihren Augen spiegelte sich nichts wider, als würde sie ihre Gefühle hinter einem Vorhang verbergen.
Und dann sagte er es. »Ich möchte dich in meinen Armen halten. Wie ein Mann eine Frau hält. Ich möchte dich lieben.«
Ein Zittern lief bei Darrans Worten durch Gabriellas Körper. Ja, das wollte sie auch. Sie trug sich schon seit längerer Zeit mit diesem Gedanken, sie hätte es jedoch nie ausgesprochen oder gar versucht, ihren Wunsch wahrwerden zu lassen. Zumindest nicht in seiner Gegenwart. Was sie dachte, fühlte, fantasierte, ehe sie einschlief, war ganz allein ihre Sache.
Sie musterte ihn verstohlen, während sie sich mit vor Verlegenheit heißen Wangen abwandte und nicht vorhandene Krümel vom Tisch fegte. Darran war schlank, aber alles andere als schmächtig, und wenn er nicht gerade gedankenlos bis zu den Knien in den Boden einsank, war er einen Kopf größer als sie. Im Grunde war es ein Körper, an den man sich gut hätte anlehnen können, um sich in die Arme nehmen und halten zu lassen. Sollte sie? Aber was passierte dann mit ihr? Bisher hatte sie diese Sehnsüchte für sich behalten und auch sich selbst nur ungern eingestanden. Sie war ihm nie so nahe gekommen wie an diesem Tag, als er sie auf die Wangen geküsst und umarmt hatte, und er hatte es auch nie wieder versucht; es war, als würden sie beide den zu engen Kontakt scheuen.
Darran nahm ihr die Entscheidung ab. Er machte einen schnellen Schritt auf sie zu und schloss die Arme um sie, als würde er sie tatsächlich halten wollen. Die Flut seiner Gefühle überschwemmte sie, ihr wurde heiß und kalt.
Erschrocken wich sie zurück, und ein unerträgliches Verlangen nach mehr blieb in ihr zurück. Nach etwas, das Körper und Seele gleichsam berührte. Etwas, das ihr keiner ihrer bisherigen Liebhaber hatte schenken können. Und etwas, das sie, in der Zurückgezogenheit ihres Schlafzimmers, in ihrer Fantasie mit Darran schon einige Male erlebt hatte, halb fürchtend, er würde sie dabei beobachten.
Sein Blick schien in sie zu dringen, ohne dass sie sich dagegen wehren konnte. Sie versuchte ein Lächeln und wusste, dass es misslang. Sie wollte etwas sagen, ihn fragen, ob er empfand wie sie. Und wie er sich das alles vorstellte.
Und dann vergaß sie alle Fragen. Als Darran dieses Mal näher kam, blieb sie – äußerlich ruhig – stehen. Ihr Herz aber schlug heftig, ihr Atem ging rasch. Ihr wurde ganz schwindlig. Sein Blick heftete sich auf sie, sein Gesichtsausdruck wirkte angespannt, als er unendlich langsam seine Hand hob, bis seine Fingerspitzen ihr Gesicht berührten. Wieder dieses Prickeln. Dieses Mal zuckte jedoch keiner von ihnen zurück.
Er fuhr sachte über ihre Wange, sie fühlte ein angenehmes, erregendes Kitzeln, als er mit seinen Fingerspitzen die Konturen ihres Gesichts nachzeichnete, ihre Wangenknochen entlangfuhr, ihr Kinn, ihre Lippen. Er lächelte. Es stand ihm gut, ließ sein etwas kantiges Gesicht weicher und jünger erscheinen.
Er stand so nahe, dass Gabriella kaum zu atmen wagte. Wie ein Liebender vor der Frau, die er begehrte. Gabriella rührte sich nicht, als er die Hände hob und die Konturen ihrer Schultern und Arme nachzeichnete. Er löste damit Unbeschreibliches in ihr aus. Prickelnde Wärme verbreitete sich auf ihrer Haut, erfasste tiefer liegende Körperstellen, die er niemals wirklich berühren konnte und … würde. Auch wenn Gabriella dies in ihren Träumen bereits hatte wahr werden lassen.
Er beugte den Kopf, bis seine Lippen scheinbar ihre Stirn berührten. Ihr Gesicht wurde heiß. Bei einem Menschen hätte sie jetzt seine Lippen gefühlt, seinen Atem, bei ihm war es nur ein elektrisierender Hauch. Seine Lippen glitten über ihre Wangen.
Sie wusste nicht, wie lange sie so gestanden hatten, ehe er sich langsam und fast widerwillig von ihr löste. Die Leere um sie herum tat weh. Die Welt wirkte auf einmal kalt und trostlos.
Der Drang, ihn wieder zu
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