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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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persönlicher Traum. Woran, glaubst du, denken Traumdiebe am häufigsten?«
    »Vielleicht an einen traumlosen Schlaf«, sagte ich. Ich war immer noch überrascht, so unverhofft mein Kind gefunden zu haben. Ein Kind, dessen Schönheit atemberaubend war und dessen Persönlichkeit, soweit ich es sagen konnte, aufrecht und stark schien. Eine Tochter, die mich am Rande der Zeit auf ihre kleine Erde geholt hatte. In ihr Geburtshaus, wie sie mir beim Essen verriet.
    Der Wald, der mir bedrohlich schien, sei voller liebenswerter Wunder, erklärte sie. Sie hatte eine unbeschwerte Kindheit verlebt. Der Wald und die Hütte waren auf ähnliche Weise vor der Raubgier der Ordnung und des Chaos geschützt wie Tanelorn. Dabei war es keineswegs ein einsamer Ort. Viele Freunde ihrer Mutter reisten genau wie sie selbst zwischen den Welten und sie liebten es, am Abend am Feuer zu sitzen und Geschichten zu erzählen.
    Als sie fünfzehn war, ging sie mit ihrer Mutter in die Welten, in die Oone sich schließlich zurückziehen wollte, doch es hatte ihr dort nicht gefallen. Sie beschloss, ihrer eigenen Berufung zu folgen. Auch sie wollte eine Zeit lang durch die unzähligen Reiche des Multiversums wandern - und um ihren Reisen einen Sinn zu geben, wollte sie herausfinden, ob ihr Bruder noch lebte. Doch der einzige Albino, von dem sie überhaupt hörte, war ihr Vater, der gefürchtete und gehasste Elric von Melnibone\ Sie hatte kein großes Verlangen, ihm zu begegnen.
    Später hatte sie dann andere entdeckt. In gewisser Weise stieß sie auf eine Abstammungslinie, die sie zurückverfolgen wollte. Sie hoffte, das würde ihr einen Ansatzpunkt geben, um ihren Bruder zu finden. Sie glaubte, er könne sich in einem bestimmten Reich niedergelassen haben, das dem ähnlich war, das ihre Mutter bevorzugte. Er hatte sich dort nicht nur niedergelassen, er war sogar ganz und gar in dieser Kultur aufgegangen, hatte geheiratet und Kinder gezeugt.
    Ich fühlte mich schlagartig älter. Ich konnte zwar nachvollziehen, dass die Zeit in verschiedenen Reichen anders verlief, doch da ich ein recht junger Mann war, fiel es mir schwer, mir vorzustellen, ich sei ein Patriarch, dem bereits mehrere Generationen nachgefolgt waren. Allein schon die damit verbundene Verantwortung bereitete mir Unbehagen. Ich spürte, wie mich eine gewisse Müdigkeit überkam und fragte mich, ob dies nicht doch eine besonders komplizierte Täuschung der Ordnung sei, ein Teil eines größeren kosmischen Plans, in dem ich eine unbedeutende Rolle spielte. Wieder fühlte ich mich wie ein Bauer auf dem Schachbrett. Ein Spiel, das die Götter spielten, um sich die Langeweile zu vertreiben.
    Dieser Gedanke erzeugte eine stille Wut in mir. Wenn dies zutraf, dann würde ich alles tun, um ihre Pläne zu durchkreuzen.
    »Ich habe dich nicht aus Neugierde hergerufen, sondern aus einer dringenden Notwendigkeit heraus. Ich weiß, wie sehr man dich getäuscht hat, Vater, und warum.« Sie schien meine Stimmung zu spüren. »Miggea und ihre Anhänger bedrohen Tanelorn und einige andere Reiche, darunter auch jenes, das von deinen Nachkommen bewohnt wird.«
    »Eine Rasse, die den Melnibonöern ähnelt?«
    »Sie ähnelt jedenfalls ihrem letzten Herrscher. Sie kämpfen gegen dieselben Kräfte wie wir, Vater. Es sind unsere natürlichen Verbündeten und es gibt einen unter ihnen, der uns helfen kann, die Ordnung zu besiegen.«
    »Madam«, sagte ich, wieder höflich und formell sprechend, »Ihr wisst vielleicht, dass ich jenseits dieses Reichs keinen physischen Körper habe. Ich bin nichts als ein Schatten. Ein Geist. Außerhalb dieser Umgebung bin ich ein Gespenst. Ich bin, Madam, so gut wie tot. Ich könnte nicht einmal eine Tasse heben, wenn dieser Ort oder Ihr mir nicht vorübergehend diese physische Erscheinung verliehen hättet. Mein Körper liegt in einem tiefen Schlaf, aus dem ihn nichts erwecken kann, in der dem Untergang geweihten Stadt Tanelorn, während Miggea, die Herzogin der Ordnung, das Schwarze Schwert in Besitz genommen hat und mit ihm nach Belieben verfahren kann. Ich bin geschlagen, Madam. Ich habe in allem versagt, ich bin nur noch ein Traum in einem Traum. All dies kann nichts anderes sein als ein Traum. Ein nutzloser, sinnloser Traum.«
    »Nun ja«, sagte sie, während sie die Teller abräumte, »was dem einen ein Traum, ist dem anderen die Wirklichkeit.«
    »Dumme Sprüche, Madam.«
    »Aber es ist wahr«, erklärte sie. Eine stille Zuversicht ging von ihr aus, als sie die Schürze abnahm

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