Tochter Der Traumdiebe
geschieht zu ihrem eigenen Besten«, erklärte Gaynor. »Sie hat sich selbst und andere gefährdet.«
»Wie schön es ist, wenn man einem edlen Ziel dienen kann«, sagte ich. »Und unterdessen hast du ihr das Schwert gestohlen, das sie mir im Kampf abnahm.«
»Der Plan war mein, das Schwert ist mein«, sagte er. »Nur die Magie war die ihre.«
Er hielt das weiße Schwert am Griff und legte das Letzte seiner farbigen Tücher ab, als hätte es seinen Zweck erfüllt.
»Ihre Ziele waren unrealistisch. Ich dagegen bin der größte Realist. Bald werde ich alles haben, was ich je erstrebte. All die alten, sagenhaften Schätze unserer Rasse. Alles, was uns für die nächsten tausend Jahre Sieg und Sicherheit garantiert. Hitlers Zeit wird bald vorüber sein. Man wird ihn, meinen Vorgänger, als den unzulänglichen Ritter bezeichnen.«
Er warf mir einen irren, wissenden Blick zu, als wäre ich das einzige Geschöpf, das seine klugen Gedanken und seine logischen Vorstellungen wirklich begreifen konnte.
»Ich werde ein neuer Parzival werden, ein wahrer Führer. Bald schon werde ich das Schwert und den Kelch besitzen und der Welt beweisen, dass ich der geborene Herrscher bin. Die ganze Christenheit in Ost und West wird sich unter meinem Banner versammeln. Arioch hat es mir versprochen. Ich werde keine Rivalen haben, denn meine Macht wird weltlich und spirituell begründet sein. Ich werde der wahre Führer der germanischen Völker werden, ich werde die Welt im Namen unserer heiligen Lehre läutern. Dann wird das goldene Zeitalter beginnen. Das Zeitalter des großen Reichs.«
Solchen Unsinn hatte ich schon öfter gehört. Ich hatte in den Jahren, bevor und nachdem Hitler Kanzler geworden war, Hunderte wie ihn gehört. Trotz seines Pathos schien er jedoch wie ein Anfänger zu spielen. Solche Spiele schreiten oft rasch voran, ob beim Schach oder in der Welt, wenn viel auf dem Spiel steht, weil hinter der Strategie kaum einmal ein kluger Gedanke steckt. Vorhersagen oder logisch erwidern kann man nicht. Irgendwann besiegeln solche Kämpfer selbst ihr Schicksal und gehen unter. Ich interessierte mich viel mehr für das, was er vorher gesagt hatte. »Wie kommt es«, fragte ich ihn, »dass du mit meinem eigenen Schutzherren, dem Chaos-Fürsten Arioch, einen Handel schließen konntest?«
»Miggea war nicht mehr vertrauenswürdig und deshalb meinen Plänen nicht länger dienlich. Eine Ewigkeit lang hat Arioch sich nach der Rache an seiner alten Feindin gesehnt. Ich suchte ihn auf und bot ihm meine Hilfe an, damit er in die Lage kommt, diese Ebene zu erreichen. Er konnte dies nur durch Vermittlung eines menschlichen Helfers tun. Er willigte sofort in die Abmachung ein und setzte Miggea hier fest. Sie kann nicht mehr heraus, denn sie hat niemanden, der ihr noch helfen könnte. Falls du versuchen solltest, sie zu befreien, wirst du Ariochs Vertrauen brechen und dich dem Willen deines Schutzdämonen widersetzen.« Er hob die Stimme und sprach höhnisch, damit die Gefangene es ebenso zu hören bekam wie ich.
Erneut war die Luft von diesem schrecklichen Heulen erfüllt.
Wütend hob ich das schwarze Schwert und trieb das Pferd an, meinem Vetter entgegen.
Er lachte mich aus. Er blieb einfach stehen, als ich auf ihn zuritt.
»Da ist noch etwas, das ich zu erwähnen vergaß, mein Vetter.« Vor sich überkreuzte er die beiden Klingen, als wollte er sich damit vor mir schützen. »Ich bin kein Teil deines Traumes mehr.«
Die Klingen bildeten ein X und sofort begann ein seltsames gelbes und schwarzes Licht in ihnen zu pulsieren, das mich etwas blendete, sodass ich Gaynor nicht mehr deutlich sehen konnte. Ich hob eine Hand, um die Augen zu schützen, und hielt das Schwert bereit. Doch er war nur noch als sich schnell bewegender Schatten zu erkennen, der sich von mir entfernte, während das grelle Licht um ihn flackerte. Er zog sich zwischen zwei große Felsen zurück und verschwand.
Während die Wölfin unablässig heulte, stürzte ich ihm um die Ecke des großen Knochenpalasts hinterher und hätte ihn beinahe noch erwischt. Wieder wurden die beiden Schwerter gekreuzt und wieder erbebten sie unter dem verwirrend gelben und schwarzen Licht.
Geblendet vom Licht und betäubt vom Heulen verlor ich Gaynor abermals aus den Augen. Ich hörte Mondmatt irgendetwas schreien. Ich sah mich nach dem Freund um, konnte ihn aber nirgends entdecken. Jetzt huschten mehrere Schatten vor mir hin und her.
Das Pferd scheute, stieg und begann zu wiehern. Ich
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