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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Tagesritt von der Stadt entfernt ging es in ein flaches, weites Tal hinab, das sich in alle Richtungen mehrere Meilen weit erstreckte. Als wir zur Hälfte hinunter waren und einem großen Haufen verstreuter Felsblöcke auswichen, sahen wir in einiger Entfernung vor uns ein groteskes Gebäude, offensichtlich das Werk geistreicher Wesen, auch wenn es nach einer irren Grausamkeit stank.
    Trockener Wind wehte flüsternd durch einen Palast, der aus Knochen gebaut war. An vielen dieser Knochen hingen noch verwesende Fleischfetzen. Die Knochen von Pferden und Menschen waren es. Allem Anschein nach die Knochen der Ritter der Ordnung, die uns noch vor kurzem bedroht hatten und so kraftvoll herangaloppiert waren, um die weiße Häsin zu verfolgen. Die silbernen Panzer lagen um das Gebäude verstreut. Tausende von Brustharnischen, Helmen, Beinschienen und Handschuhen, die Lanzen und Schwerter halb begraben in der hellen Asche. Miggea hatte das letzte Opfer von ihren treuen Gefolgsleuten verlangt und sie hatten es ihr dargebracht.
    Aber gegen welche Bedrohung hatte sie die Festung erbaut?
    War es denn überhaupt eine Festung? Oder doch eher ein Gefängnis?
    Als wir näher kamen, heulte der Wind elender denn je durch die halb abgenagten Knochen. Ein trauriges Heulen, das die ganze Welt mit Verzweiflung zu erfüllen schien. Wir zugehen die Pferde und ritten vorsichtiger weiter, suchten die umliegenden Hügel danach ab, ob Wölfe auftauchten. Nichts rührte sich.
    Wir näherten uns dem hohen Palast aus Knochen. Burgfriede sahen wir und Kuppeln und Festungsmauern und Pfeiler, die aus den vor kurzem noch lebendigen Körpern von Menschen und Pferden gebaut waren. Streifen von Fleisch und Fell und Leinen flatterten wie Banner im launischen Wind. Das entsetzliche Heulen wollte und wollte nicht verstummen. All der Kummer im ganzen Multiversum kam in diesem Laut zum Ausdruck. All die Enttäuschung, die ganze Verzweiflung. All der vergebliche Ehrgeiz.
    So dicht waren die Knochen zu den Mauern des Palasts zusammengefügt, dass wir keinen Spalt fanden, um nach drinnen zu spähen. Doch wir glaubten, irgendwo hinter dem Palast eine Bewegung zu erkennen. Eine einsame Gestalt, vielleicht auch nur eine Sinnestäuschung.
    »Das Heulen kommt von drinnen, aus den Knochen heraus, Mylord.« Mondmatt legte den Kopf schief. »Es kommt tief aus diesem Haus von Knochen. Hör nur.«
    Er konnte den Ursprung der Geräusche besser ausmachen als ich, auch wenn ich sonst ein schärferes Gehör besaß. Ich hatte keinen Grund, ihm nicht zu glauben.
    Was dort auch heulte, es war entweder im Palast aus Knochen gefangen oder es verteidigte ihn. War Miggea dort drinnen eingesperrt, immer noch in Gestalt einer Wölfin? Das hätte das Heulen und die Wut erklärt. Was aber sollte ihre Pläne durchkreuzt haben?
    Wieder bemerkten wir eine Bewegung, jetzt im Innern des Palasts, als würde etwas hin und her schreiten. Wir ritten näher heran, bis das Gebäude dicht vor uns aufragte. Jetzt konnten wir es auch riechen. Süßlicher, klebriger, entsetzlicher Verwesungsgestank von verfaultem Fleisch.
    Vor dem weiten Haupteingang zögerten wir. Keiner von uns brannte darauf, sich dem zu stellen, was drinnen lauerte.
    Dann, als wir uns gerade entschlossen hatten, abzusteigen und hineinzugehen, tauchte eine weitere menschliche Gestalt hinter der Ecke der Festung aus Knochen auf. Bunte Lumpen hingen an ihm, in beiden Händen trug er je ein Schwert. Breitschwerter mit Klingen, die wie spitze Blätter geformt waren. Eines hatte die kränkliche Farbe von Elfenbein und war mit schwarzen Runen geschmückt. Das Zweite war Sturmbringer, pulsierendes schwarzes Eisen mit blutroten Runen darauf.
    Der Mann, der die Waffen trug, war Prinz Gaynor von Mirenburg. Er war mit einem spiegelblanken Brustharnisch gerüstet, darunter waren die Reste einer zerfetzten SS-Uniform zu erkennen.
    Er lachte herzhaft.
    Bis ich meinen Rabenbrand zog.
    Zischend atmete er aus. Er drehte sich um, als halte er Ausschau nach Freunden oder Feinden, dann sah er mich wieder an und zwang sich zu einem Lächeln.
    »Ich wusste nicht, dass es noch ein drittes Schwert gibt«, sagte er. Ich sah seinen Augen an, dass er einige Berechnungen anstellte.
    »Es gibt kein drittes Schwert«, erklärte ich ihm. »Es gibt auch kein Zweites. Du bist nicht sehr phantasievoll, mein Vetter. Es gibt nur ein einziges Schwert. Du hast es gestohlen. Für deine Herrin, nehme ich an?«
    Er betrachtete, was er in Händen hielt. »Ich habe hier

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