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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Tochter der Traumdiebin
     
    Irgendwie spürte ich, dass meine Freunde aus der Stadt kamen und mich zurücktrugen. Ich war völlig unfähig, mich zu bewegen, immer wieder fiel ich in einen verzauberten Schlaf. Die Welt um mich herum war mir nur verschwommen bewusst, manchmal spürte ich überhaupt nichts mehr. Ich wusste, dass meine Freunde und vor allem Mondmatt sich Sorgen machten. Ich wollte mich aufrichten und sprechen, doch jede Anstrengung ließ mich nur noch tiefer in die Traumwelt sinken.
    Ich wollte aber nicht tiefer sinken. Dort war etwas, das ich fürchtete. Etwas, das Miggea für mich vorbereitet hatte.
    Der einzige Weg, der mir noch blieb, war der Weg nach innen. Unfähig, mich zu bewegen oder mich mitzuteilen und mir doch meines Zustandes bewusst, ließ ich mich schließlich hinuntergleiten, während ich fürchtete, aus diesem Abgrund meiner komplizierten Seele nie wieder auftauchen zu können. Ich ertrank in meinen eigenen dunklen Träumen.
    Endlich ließ ich meinen Willen los und fiel. Ich stürzte aus Tanelorn heraus, heraus aus allen unmittelbaren Gefahren der Zukunft. Gefahren, denen ich mich ohne mein Schwert nicht würde stellen können. Wie würde das Schwert jetzt eingesetzt werden? Um das Gleichgewicht selbst zu vernichten? Meine Gedanken rasten. Der endgültige Sturz in dunkles Vergessen war eine Erlösung.
    Ich blieb Sekunden bewusstlos, dann begann ich zu träumen. Im Traum sah ich einen in Lumpen gekleideten Mann, der mit dem Rücken zu seinem Haus stand. Er hatte ein Buch in der Hand und trug ein großes Bündel auf dem Rücken. Ich wollte ihn nach seinem Namen fragen, doch seine Augen waren voller Tränen und er konnte mich nicht erkennen. Einen Augenblick lang glaubte ich, mein eigenes Gesicht zu sehen, als er sich zu mir umdrehte, doch es war ein schlichter, runder, menschlicher Kopf. Er zögerte, kehrte dann in sein Haus zurück, wo seine Frau und seine Kinder ihn erwarteten. Er war froh, dass er sie nicht verlassen hatte, dass sie nicht bemerkt hatten, wie gequält er war. Es war beinahe widerlich für einen von meiner Art, Mitgefühl mit so gewöhnlichen Seelen zu haben. Dennoch spürte ich das Verlangen, diesen Menschen in ihrer Not zu helfen.
    Die Zeit verging. Endlich sah ich den Mann mit seiner Last das Haus verlassen und weggehen, bis ich ihn aus den Augen verlor. Ich folgte ihm, konnte ihn jedoch, als ich die Hügelkuppe erreichte, hinter der er verschwunden war, nirgends entdecken. Ich sah ein Tal, in dem gleichzeitig mehrere Schlachten gefochten wurden. Männer verbrannten Burgen, Dörfer und Städte. Sie metzelten Frauen und Kinder nieder. Sie töteten alles, was dort lebte, dann wandten sie sich gegeneinander und töteten sich gegenseitig. Die einzige Straße führte mich mitten durch dieses Tal. Versöhnt begann ich den Abstieg.
    Doch ich war noch nicht weit gekommen, als eine kleine, gebückte Gestalt von einem Felsen herunter vor mir auf den Weg sprang. Das Männlein bot mir grinsend einen wundervollen Bogen an. Er sprach auch mit mir, doch ich konnte nichts verstehen. Aufgebracht fuchtelte er herum und deutete, aber ich wusste nicht, was er wollte. Schließlich nahm er meine Hand und führte mich um den Felsen herum. Dort vor mir sah ich dann etwas, das mir vorkam wie ein aufrecht stehender Ozean, der vor mir aufragte wie eine Wand aus Wasser. Durch das Meer lief eine funkelnde, mit Lichtflecken gesprenkelte Straße, ähnlich einem Sonnenstrahl, der auf ein Gewässer fällt.
    So seltsam war die Perspektive, dass mir vom Anblick beinahe übel wurde. Doch der gebückte kleine Mann führte mich weiter, bis wir die gesprenkelte Straße betreten hatten und die steile Steigung hinaufliefen. Der starke Geruch von Ozon stieg mir in die Nase. Dann verlief die Straße wieder gerade und verwandelte sich in einen silbernen Mondstrahl, der zu einem komplizierten Flechtwerk vieler solcher Strahlen gehörte, ähnlich den Straßen zwischen den Reichen. Mein Führer war verschwunden.
    Ich war beunruhigt. Zugleich aber empfand ich ein körperliches Wohlbehagen, wie ich es bisher noch nie verspürt hatte. Ich hatte immer nur Schmerzen oder die Erlösung von den Schmerzen gespürt, jedoch noch nie einen Körper besessen, der überhaupt keine Schmerzen kannte. Mein ganzes Leben lang hatte ich mich mit Schwächen herumschlagen müssen, seien sie körperlicher oder seelischer Natur. Jetzt fühlte ich mich frisch und beflügelt, sogar entspannt. Dennoch wusste ich, dass ich in Wirklichkeit

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