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Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Tochter des Lichts: Ein Hildegard von Bingen-Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lise Marstrand-Jørgensen
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als er vom Pferd gestiegen ist, dreht sie sein Gesicht mit der Hand, sodass sie es sich genauer ansehen kann. Er reißt sich los, betastet mit den Fingerspitzen vorsichtig das Mal, während er nach dem Stallburschen pfeift. Sie will eine Erklärung von Meinhardt, aber er hält es nicht der Mühe wert, ihr zu antworten, und stapft zum Haus. Warum sie sich plötzlich für eine unbedeutende Schramme interessiert, kann er nicht fassen und spuckt auf die Erde, bevor er in den Saal geht. Sophia verfolgt ihn, und wäre sie nicht seine Mutter, hätte er sie weggescheucht.
    »Dieses Mal da«, bleibt sie hartnäckig, und ihre Stimme zittert vor Wut.
    »Das ist nichts«, sagt er und sinkt schwer auf den mit Schnitzereien verzierten Stuhl bei der Feuerstelle. Er ist hungrig, aber Sophia hat das Mädchen hinausgeschickt, um unter vier Augen mit ihm zu reden.
    »Ich habe schon schlimmere Verletzungen gehabt«, sagt er müde, »warum ist das plötzlich so wichtig?«
    »Weil du dir das da nicht beim Herzog eingehandelt hast«,beharrt sie, während sie mit den Armen in der Seite vor ihm steht.
    »Nicht?«, sagt er und versucht zu lachen, um zu zeigen, wie albern sie ist. Aber er hat Kopfschmerzen, und das Gesicht gehorcht nicht.
    »Du warst in Mainz, ohne Angelegenheiten zu haben, wie ich höre«, sagt sie geradeheraus.
    »Was weißt du von meinen Angelegenheiten?«, faucht er sie an, besinnt sich aber und fragt: »Was sollte daran nicht in Ordnung sein?«
    »Du solltest dich zusammennehmen und heiraten.« Sie setzt sich an den Tisch schräg hinter ihm.
    »Heiraten?«, lacht er überrascht. »Was hat das mit meiner Verletzung zu tun?«
    »Dann bräuchtest du dich nicht in Spelunken und Hurenhäusern herumzutreiben«, erwidert sie scharf. »Dann könntest du zu Hause trinken und dich mit dem Segen des Herrn zum Beischlaf legen.«
    Meinhardt seufzt, Sophia ärgert sich.
    »Dann müsstest du zusammen mit einer anderen Frau regieren«, stellt er fest.
    »Dann würdest du dich nicht prügeln und besaufen«, antwortet sie matt. Sie ist entsetzt, als ihr plötzlich aufgeht, dass sie Mechthild gedanklich schon zu Grabe getragen und sowohl ihren Mann als auch Haus und Hof von ihr übernommen hat. Sie wünschte, sie hätte dieses Gespräch nicht angezettelt.
    »Ha!« Er wendet sich ihr zu. »Ist es meine Errettung oder deine Ehre, an die du denkst?«, fragt er hart.
    Sie steht auf, verletzt und wütend über seine doppeldeutige Antwort. Sie kann nichts sagen. Meinhardt ist der Mann im Haus, seit Stephan gestorben ist. Eigentlich sollte sie sich glücklich preisen darüber, dass er lieber kämpfen, saufen und huren will, als die Leitung des Gutes zu übernehmen und sie ins Kloster zu schicken. Aber sie ist es leid, Gerüchte über ihre Kinder zu hören, bösartige Gerüchte, die es unmöglich machen, Wahrheit von Lüge zu trennen.
    »Ich bin nur in den Händel geraten, weil einer etwas über Jutta gesagt hat«, sagt er mit dem Rücken zu ihr. Obwohl Sophia nicht sicher ist, dass es wahr ist, spürt sie doch einen Stich von Dankbarkeit.
    »Was ist da gesagt worden?«
    »Nichts Neues«, er zuckt mit den Schultern und macht mit dem Zeigefinger eine drehende Bewegung direkt neben der Schläfe.
    »Wer sagt so etwas?«, fragt Sophia und setzt sich wieder an den Tisch.
    »Einer, der nicht bekam, worauf er ein Recht zu haben meinte«, antwortet er kryptisch und löst seinen Umhang. Sie steht auf, nimmt ihn ihm ab, faltet ihn zusammen und glättet den groben Stoff mit der Hand.
    »Ich habe Hildebert getroffen«, sagt er, als sie Anstalten macht, zu gehen und ihn in Frieden zu lassen.
    »Ja?« Sie versucht, unbekümmert zu klingen, aber ihr Herz hämmert vor ausgelassener Freude. Ihm ist nichts zugestoßen.
    »Er hatte viel zu tun mit der Ernte, aber nun hatte er Zeit, in Mainz den reichen Segen zu feiern«, antwortet er und dreht sich halb um, um die Reaktion seiner Mutter zu sehen.
    Sie gibt sich Mühe, sich bei seinen Worten nichts anmerken zu lassen. Hildebert in einem Hurenhaus. Hildebert als Zechbruder, der den Arm um die Schulter des Taugenichts gelegt hat, der ihr Sohn ist. Sie hat gesehen, wie die Huren in den Gassen in Mainz frech ihre Röcke heben, wie sich angemalte Weiber mit künstlichen Frisuren feilbieten, wenn Markt ist in der Stadt.
    »Er bat mich, dich zu grüßen und zu sagen, er plane am Tag der 11 000 Jungfrauen nach Sponheim zu kommen.« Meinhardt zuckt mit den Schultern, er wird aus seiner eigenen Mutter nicht schlau, die sich

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