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Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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sich nie an derlei Dingen gestört.
    »Womit wäscht man bei euch die Wäsche?«, fuhr Runa sie an. »Meine Großmutter hat die Kleidung immer rein bekommen.« Sie fügte hinzu, dass diese stets mithilfe eines Mittels, das aus Jauche gewonnen wurde, gewaschen habe. »Eigentlich merkwürdig«, schloss sie in Gedanken versunken, »dass aus Jauche etwas entstehen kann, was sauber macht.«
    Gisla zuckte die Schultern. »Ich habe gehört, dass man auch Asche zum Waschen verwenden kann.«
    Und wieder sagte Runa: »Eigentlich merkwürdig, dass aus Asche etwas entstehen kann, was sauber macht.«
    Eine Weile hockte sie reglos da, dann stürmte sie ins Freie. Gisla schüttelte den Kopf und fragte sich, ob nicht nur Taurin langsam den Verstand verlor, sondern auch Runa - und dass sie von ihnen dreien, obwohl doch am schwächsten, am ängstlichsten und obendrein schwanger, als Einzige Herrin ihrer Sinne war.
    Die Tage verrannen, und nicht nur die Stille, sondern auch die Hitze lastete schwer auf ihnen. Im kalten Winter hatten sie sich danach gesehnt, nun war sie kaum erträglich. Selbst in den Nächten trockneten ihre Kittel nicht, sondern blieben nass vom Schweiß.
    Gisla setzte die Hitze mehr zu als alles andere. Immer wieder verließ sie die Hütte, schleppte sich zum Meer, watete bis zu den Knien hinein, weiter hinaus wagte sie sich nicht. Runa hingegen stürmte juchzend an ihr vorbei, tauchte selbst ihren Kopf unter und schwamm weit hinaus. Sie schien es zu genießen. Gisla wünschte sich, sie würde sich gleich ihr einfach ins Wasser fallen lassen können. Sie wusste jedoch: Sie würde nicht juchzen, sondern untergehen. Das Kind würde sie in die Tiefe ziehen, schwer wie ein Stein.
    Sie stellte es sich nun oft genau so vor - grau und leblos wie ein Stein - dann konnte es nicht höhnisch lachen wie Thure.
    Es war wohl ein Jahr her, seit Karl und Rollo bei Saint-Clair-sur-Epte den Vertrag geschlossen hatten, und sie überlegte sich, was in diesem Jahr geschehen wäre, wenn sie nicht von Rouen geflohen wäre. Trüge sie Rollos Kind? Oder hätte Taurin sie schon getötet? Taurin, dem Runa nun manchmal die Fesseln lockerer band, damit er nicht gekrümmt hocken, sondern sich erheben, sich strecken und die schlaffen Muskeln stärken konnte.
    Gisla gönnte ihm diese Gnade nicht, doch sie brachte keinen Einwand hervor. Ihre Empörung brach sich erst Bahn, als Runa Taurin nach einer stickigen Nacht vorschlug, ihn loszubinden, damit er wie sie im Meer schwimmen könne.
    »Versprich, dass du uns nichts zuleide tust«, bat sie ihn.
    »Das kann ich nicht versprechen«, antwortete Taurin traurig.
    Gisla sprang von der Bettstatt hoch, packte Runas Arm und schüttelte sie.
    »Bist du von Sinnen? Wie kannst du ihm so etwas anbieten?«, fuhr sie die Gefährtin an.
    »Auch wenn er etwas anderes sagt - ich bin sicher: Er würde uns nichts tun«, erwiderte Runa.
    Trotz stand in ihrem Blick und etwas anderes: ein wenig von dem schwarzen Feuer Taurins, ein wenig Schmerz und Verlorenheit.
    »Wie kannst du ihm vertrauen?«, schrie Gisla. »Ausgerechnet du, die du mir vorgeworfen hast, dass ich Thure vertraut habe!«
    Ihr Griff lockerte sich, doch nun war es Runa, die sie packte: »Du kannst die beiden nicht vergleichen!«, rief sie.
    »Warum nicht? Sie haben es beide darauf angelegt, uns zu töten! Sie sind gefährlich! Der Tod ist nicht weniger endgültig, ganz gleich, von welcher Hand er kommt.«
    »Ja, er wollte uns töten, aber ...«
    Sie sprach nicht weiter.
    Gislas lautes Schreien hatte das Kind geweckt, und nicht nur das Kind, sondern auch einen grässlichen Schmerz. Ihr Leib wurde hart, verkrampfte sich. Zugleich schien etwas an ihm zu zerren, glühender als übliches Rückenweh. Die Beine wurden zu schwach, die Last zu schleppen. Gisla sackte auf die Knie, umklammerte ihren Bauch. Ein Messer schien darin zu hocken, sich immer wieder umzudrehen. Unter ihr wurde es nass.
    »Mein Gott!«, schrie Gisla auf.
    Sie griff sich zwischen die Beine, betrachtete die Hände.
    »Es ist doch viel zu früh«, hörte sie Runa stammeln. »Es ist doch noch lange nicht Zeit!«
    Die Flüssigkeit, die über ihre Schenkel und nun auch über ihre Hände tropfe, war warm. Gisla dachte, es wäre Blut, aber es war farblos wie Wasser und farblos wie Tränen.
    Adarik blickte zu den Reitern hoch. Sie hatten ihn ertappt, als er auf dem Boden saß, die Beine von sich gestreckt und an einen Stein gelehnt. Vor allem hatten sie ihn ganz allein ertappt.
    Schon als er in der

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