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Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Tochter des Nordens: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Gesetz: Ich bin mir mehr wert als ihr.«
    Ihr Mund wurde trocken, als sie ihn anstarrte. Aus den Augenwinkeln meinte sie zu sehen, dass Taurin an seinen Fesseln zerrte. Er spie einen Namen aus, den sie noch nie gehört hatte.
    »Judas!«
    Ihr selbst ging ein anderer durch den Sinn.
    Adarik.
    Da draußen stand Adarik oder zumindest Männer, die er beauftragt hatte. Und diesmal würden sie nicht den Fehler machen, sie nur über die Klippen zu werfen. Noch warteten sie, noch drangen sie nicht in die Hütte ein - vielleicht jenen Teil der Abmachung einhaltend, dass Thure die Frauen töten durfte, wenn er sie zu ihnen führte. Sie glaubte ihm nicht, dass ihn dabei einzig der Hunger nach Leben trieb - vielmehr, dass er sie immer noch für ihren einstigen Verrat bestrafen wollte. Aber alles Sinnieren half nicht - sie würde sich nicht wehren können. Und es war zu wenig Zeit, um zu hoffen, dass sie den Weg zu Hel finden würde, bei der es zwar kalt und finster war, aber bei der sie auf Asrun treffen würde.
    Erstaunlich nur, dass Thure nicht lachte, dass er vielmehr ernst blickte. Da stand kein Hohn in seinem Gesicht, kein Wahnsinn und keine Lust an Grausamkeit, nur der feste Wille, zur Tat zu schreiten. Er zog eine Streitaxt, und als Runa auf die blitzende Klinge starrte, ging ihr auf, dass er zum ersten Mal freundlich zu ihr war. Er machte ihren Tod nicht zum Spiel, und indem er sie nicht mit bloßen Händen erwürgte, sondern wie eine Kriegerin tötete, erwies er ihr mehr Ehrerbietung denn je.
    Sie schloss die Augen. Ob er nun lachte oder nicht - sie wollte nicht in sein Gesicht sehen, wenn sie starb, wollte ein anderes heraufbeschwören. Das Gesicht ihrer Großmutter, ihres Vaters, Gislas, Taurins ...
    »Thure!«
    Sie verstand nicht, wer da schrie. War es Taurin? Und warum er schrie, verstand sie noch weniger. Im nächsten Augenblick erhielt sie einen Stoß, aber nicht eine scharfe Klinge durchschnitt ihre Haut, sondern eine Faust traf ihren Leib. Sie taumelte, stieß gegen die Wand. Als sie sich umdrehte und die Augen öffnete, sah sie, dass Taurin aufgesprungen war. In einer Hand hielt er die durchgeschnittene Fessel, in der anderen ihr Messer, das sie hatte fallen lassen - nahe genug, damit er es an sich ziehen und sich damit hatte befreien können. Wieder trafen sich ihre Blicke, wieder konnte sie fühlen, was er fühlte.
    Dies ist meine Rache.
    Er war nicht besitzgierig, überließ ihr einen Teil von der tiefen Genugtuung, dem gerechten Zorn, dem Genuss, das Messer auf Thure zu schleudern.
    Unwillkürlich ahmte sie die Bewegung nach. Ihr Vater hatte ihr einmal erzählt, dass Odin vor jeder Schlacht eine Waffe geopfert werden müsse - ein Speer, den man über die Reihen der Feinde schleuderte. Dieses Messer würde nicht über den Feind hinwegzielen, es würde Thure treffen - und dennoch schien es plötzlich Menschen- und Götterwelt zu verbinden.
    Runa konnte den Luftzug spüren, als das Messer an ihr vorbeischnellte und Thure mitten in der Kehle traf. Eben noch hatte sie geglaubt, dass es kein Fleckchen Haut gab, das nicht verwundet oder vernarbt war - nun sah sie, dass seine Kehle glatt und weiß gewesen war, ehe das Messer sie zerfetzte. Blut schoss hervor, sie spürte seinen warmen Strahl. Ein Röcheln erklang, ein Japsen, vielleicht wollte Thure etwas sagen, aber konnte es nicht. Erst als er stürzte und das Röcheln verstummte, wusste sie, dass er nichts mehr hatte sagen, sondern selbst am Ende noch hatte lachen wollen - wenn nicht über ihren, so über seinen Tod.
    So zusammengekrümmt wie Thure lag auch Gisla da. Als Runa einen Blick zu ihr warf, war sie sich gewiss, dass sie tot war wie er: Noch mehr Blut war zwischen ihren Beinen hervorgesickert, die Haut war bleich, die Augen waren geschlossen.
    Es war ein grauenhafter Anblick - und er stimmte Runa doch erleichtert. So war Gisla von dem Kind gemordet worden und würde nicht von Adariks Männern erschlagen. Ihr war zwar kein schmerzhafter Tod erspart geblieben, aber zumindest ein gewaltsamer.
    Dann lauschte sie den fränkischen Worten, die draußen vor der Tür gewechselt wurden. Obwohl sie der Sprache eigentlich mächtig war, verstand sie sie nicht, und noch weniger verstand sie, warum Taurin das Messer aus Thures Kehle gezogen hatte, es aber nicht sofort gegen sie richtete - nun, da ihre Wut auf Thure sie nicht mehr einte, da sie nicht länger genau das Gleiche fühlte wie er: die Entschlossenheit zu töten und das Wissen, stärker zu sein.
    Taurin trat

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