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Tochter des Ratsherrn

Tochter des Ratsherrn

Titel: Tochter des Ratsherrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Tan
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soll dieser Bote erfüllen?«
    »Ich habe nach dem Minnesänger schicken lassen, der Euch damals bei der Eiderneuerung so sehr erfreut hat.« Als sie geendet hatte, hielt Margarete die Luft an. Stumm schickte sie ein Gebet gen Himmel, denn sie konnte nicht sagen, ob die Freude des Grafen darüber, die lieblichen Klänge des Walther von Sandstedt erneut zu hören, überwiegen würde oder aber die Erinnerung an den schrecklichen Moment danach.
    Eine Weile verharrte Johann II. reglos, dann jedoch nickte er seiner Frau zu und lächelte. »Ihr habt Euch selbst übertroffen, Liebste. Sicher wird die wohlklingende Stimme dieses Spielmanns mir gut bekommen. Ich danke Euch.«
    Der ihm unbekannte Ritter war fast ebenso schweigsam wie die stumme Johanna, dachte Albert bei sich. Nicht ein Wort hatte er mehr gesprochen, seitdem er Albert im Kontor über seinen Verbleib in der nächsten Zeit aufgeklärt hatte. Doch nicht nur der Ritter war wortkarg, auch seine Gefolgschaft zeigte sich stumm wie ein Haufen Fische. Schnell wusste Albert, dass es der ausdrückliche Wunsch des Ritters war, der die Männer zum Schweigen anhielt. Als zwei der Knechte eine Unterredung begannen, wies er sie mit einem entsprechenden Blick zurecht. Was für ein übellauniger Bursche, dachte Albert im Stillen. Zunächst hatte er gehofft, auf dem Ritt etwas mehr über den Ort seines Einlagers erfahren zu können, doch das konnte er getrost vergessen. Die Lippen des Ritters schienen wie mit Wachs versiegelt. Und so waren das Gerassel seines Kettenhemdes und das Getrappel der Pferde die einzigen Geräusche, welche die Männer auf ihrem Weg nach Südosten begleiteten.
    Das Schweigen lastete schwer auf Albert. Unzählige Gedanken schwirrten ihm im Kopf herum, seit sie das Stadttor hinter sich gelassen hatten. Wie würde es seiner Familie während seines Einlagers ergehen? Wer war dieser stumme Ritter? Was erwartete ihn auf der Riepenburg, und wie lange würde er dort bleiben müssen? Er hatte von Männern gehört, die nie mehr aus ihrem Einlager zurückgekehrt waren, weil ihre Bürgen die geforderte Summe bis zu ihrem Tode nicht hatten aufbringen können. Ihm könnte es genauso ergehen, und ob die lange Zeit bis dahin für ihn angenehm verlief, hing ganz von dem Schweigsamen ab, dessen breites Kreuz er genau vor sich hin und her schwanken sah.
    Der Ritter schien noch jung zu sein – er zählte höchstens fünfundzwanzig Lenze. Albert fragte sich, ob tatsächlich er der Herr der Riepenburg sein konnte oder ob er einem anderen Herrn diente. Das Wappen auf dem Schild, welches der Waffenknecht trug, hatte er noch niemals gesehen. Es war ein nach links gewundener Fisch mit einer langen Rückenflosse.
    Als er die Männer um sich herum betrachtete, fiel sein Blick auf den Pagen, der sein Pferd führte. Aus irgendeinem Grund war der Junge genauso schlammverschmiert wie seine Stute. Albert empfand Mitleid mit ihm, denn auch wenn er sich nichts anmerken ließ, konnte man erkennen, dass der Page humpelte. Sicherlich waren seine Füße vom langen Laufen blutig gescheuert. Was für ein grauenhafter Herr der Ritter sein musste, wenn er einen so kleinen Burschen eine so weite Strecke zu Fuß laufen ließ!
    Aber wenigstens eine winzige Vergeltung schien Gott dem gnadenlosen Ritter angedacht zu haben: Das Pferd, auf dem der Adelige saß, musste wahrhaft unbequem zu sitzen sein. Immer wieder streckte der Ritter seine Glieder und drückte sich die Hand ins Kreuz.
    Selbst Albert als Gefangener schien angenehmer zu reisen als er, was ihm eine gewisse Genugtuung verschaffte. Als sich der Tag dem Ende neigte, erreichten sie eine Mühle mit einem winzigen Häuschen daneben. Ein müder Hund lag davor und hob nur flüchtig den Kopf, als er die Reiter ankommen sah. Albert vermutete, dass die Mühle dem Ritter unterstand, denn der schlohweiße Müller kam flugs herbeigeeilt und begrüßte ihn entsprechend ehrerbietig. Dennoch war in den Augen des Müllers keine Spur von Angst zu sehen, wie Albert es bei einem solch mürrischen Burgherrn erwartet hätte. Im Gegenteil – beide schienen sich aufrichtig zu freuen, einander zu sehen.
    »Seid gegrüßt, mein Herr. Wir haben Euch noch gar nicht auf der Burg zurückerwartet.« Nachdem der Tross zum Stillstand gekommen war, ging der Mann auf das Pferd des Ritters zu und klopfte seinen starken Hals.
    »Der alte Erich mit dem noch viel älteren Hund«, scherzte der Ritter leicht spöttisch. »Es ist kaum zu glauben, aber dich wird es hier wohl noch

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