Tochter des Ratsherrn
bedeutete, an ihre Brust und schaute an sich herab, nur um daraufhin verträumt durch die Kammer zu tanzen.
Der Rock des überlangen Kleides wippte schwungvoll im Takt und brachte die teure Seide zum Rascheln – ein ganz besonderes Geräusch, welches das Herz einer jeden Frau mit Wohlgefallen erfüllte.
Nur gut, dass Vater Everard sie in diesem Moment nicht sah, dachte Margareta mit einem leichten Schaudern. Er würde sie mit Sicherheit aufs Schärfste tadeln, würde er sie bei diesem in seinen Augen gottlosen, unziemlichen Verhalten ertappen. Doch sie schob das Bild des strengen Geistlichen sogleich weit von sich. Sie wollte sich nicht schlecht ob ihrer Gedanken fühlen. War denn die Ehe nicht auch von Gott gemacht und gewollt? Was konnte falsch daran sein, sich auf etwas so Heiliges zu freuen?
Margareta sah dem Tag ihrer Vermählung jedenfalls mit unverhohlener und wachsender Aufregung entgegen. Wie sollte sie sich benehmen, damit ihr Gemahl keinen Anstoß an ihr nahm? Würde sie ihm gefallen? Wie mochte es sich wohl anfühlen, wenn ein Geistlicher sie beide segnete? Immer wieder stellte sie sich den Moment vor, in dem alle Augen nur auf sie gerichtet wären. Bei dem Gedanken erfasste ein unbeschreibliches Kribbeln ihren ganzen Körper, welches ihre Sehnsucht nach diesem Tage nur noch vergrößerte.
Kurz überlegte Margareta, ob sie heimlich in das Kleid hineinschlüpfen sollte, bevor sie wieder zu den Frauen in die Küche ging, doch dann entschied sie sich dagegen. Es würde ihr wahrscheinlich gar nicht gelingen, denn die vielen Schnüre bedurften mehrerer helfender Hände. Bald jedoch, sehr bald sogar, würde sie es tragen. Fein zurechtgemacht von vor Glück weinenden Frauen, die ihre Schönheit bewunderten, würde sie darin aussehen wie eine Adelige. Auch wenn Eitelkeit zu den sieben Todsünden zählte – Margareta freute sich schon darauf, seitdem sie ein kleines Kind war. Alle jungen Mädchen träumten davon, einen edlen Mann zu heiraten, um den sie beneidet wurden. Hereward war ein solcher Mann, und sie hatte nicht vor, sein Auge zu beleidigen. Hübsch wie nie zuvor wollte sie sein, wenn ihr künftiger Gemahl sie von hier abholen und in sein Haus bringen würde.
Viele Tage und Nächte hatte sie darum bereits darauf verwendet, das einstige Hochzeitskleid ihrer Stiefmutter umzunähen und mit Stickereien und farbigen Bändern zu verzieren. Es sollte zu ihrem roten Haar und vor allem aber zu dem Brusttuch passen, welches Hereward ihr aus Nowgorod mitgebracht hatte.
Ein letztes Mal drückte sie das Kleid an sich, um es dann vorsichtig zurück an seinen Platz in der schweren Truhe zu legen. Noch einmal nahm sie ihr Brusttuch zur Hand, dem ein fremdartiger Duft entströmte. Für Margareta war es der Duft Nowgorods, und sie wünschte sich, dass er niemals verfliegen möge. Wer weiß, vielleicht würde sie eines Tages sogar selbst einmal an der Seite ihres Gemahls dorthin reisen? Manchen Kaufmännern gefiel es, sich von ihren Frauen auf ihren Reisen begleiten zu lassen, und die glücklichen Damen sahen dabei gar wundersame Dinge. Margareta hatte von Menschen gehört, deren Haut so schwarz wie Pech war, oder von Tieren mit überlangen Nasen, welche bis zum Boden reichten, manche sollten gar Hörner im Gesicht tragen. Ob sie so etwas jemals würde mit eigenen Augen sehen können, hing ganz von Hereward ab. Tief im Innern hoffte sie, dass auch er ein Gemahl sein würde, der sein Weib gern bei sich hatte. Denn obwohl Margareta eher still und schüchtern war, erschreckte sie der Gedanke nicht, in die Ferne zu reisen. Was konnte einer Frau schon passieren, wenn ein Mann wie Hereward an ihrer Seite über sie wachte?
Wie schon unzählige Male zuvor fragte sie sich auch jetzt wieder, was für ein Herr er ihr wohl sein würde. Wäre er zugänglich oder launisch, herrisch oder sanftmütig? Sie würde es bald erfahren. Doch ganz gleich, welchen Gemütes er war, sie würde alles geben, um ihm eine gute Ehefrau zu sein. Sie wollte ihm Kinder schenken und sein Haus wohl bestellen, damit er keinen Tadel an ihr fand und es ihn nicht so häufig in die Betten der Huren zog, wie es Agatha bei ihrem Mann Voltseco stets zu beklagen hatte. Noch wusste Margareta zwar weder, was in den Betten der Huren, noch was in denen eines Ehepaares geschah, doch auch das würde sie bald erfahren, dachte sie, während sich ihre Wangen mit Schamesröte überzogen.
Ragnhild und Runa hatten bereits versucht, ihr zu erklären, was auf sie zukam,
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