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Tochter des Windes - Roman

Tochter des Windes - Roman

Titel: Tochter des Windes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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finster.
    Sie nickte. Affirmativ.
    Â» So desu . Auch wir machen uns viele Gedanken über das Gehirn«, setzte sie in freundlichem Tonfall hinzu. Auf wen bezog sich dieses »wir«? Pluralis majestatis?
    Immerhin fand sie mein Vorhaben nicht völlig spleenig. Ich verneigte mich gebührend, was höchst komisch aussehen musste, weil mir zu spät in den Sinn kam, dass ich ja aufzustehen hatte, und mit dem Kinn auf die Knie stieß. Inzwischen saß Mia auf den Fersen, einer graziösen Bildsäule gleich, und die Tante redete auf sie ein. Es war wieder einer ihrer einschläfernden Monologe, bei dem sie viel knurrte und kaum die Lippen bewegte und Mia nichts weiter tat, als zustimmend zu nicken. Gerade fühlte ich, wie ich erneut ins Dösen kam, als Mia sich endlich bewegte und mich ansprach.
    Â»Sie lässt dir sagen, dass ihr Haus unter Denkmalschutz steht und später ein Museum werden soll.«
    Das war mir bereits bekannt. Vielleicht gab mir die alte Dame zu verstehen, dass ich mir die Sache aus dem Kopf schlagen sollte. Ich verbarg meine Enttäuschung unter einem unverbindlichen: »Oooh!«
    Wahrscheinlich war der Ausruf genau der Richtige gewesen. Die Tante nickte wohlwollend, und Mia sprach weiter: »Die Denkmalpflege zahlt ihr einen Betrag, damit sie hier leben kann. Aber es ist schlecht für das Haus, dass es seit drei Jahren unbewohnt ist. Nur der Gärtner kommt und hält den Garten instand. Sie bittet mich, dir zu sagen, dass du dort wohnen kannst.«

    Ich fiel vor Überraschung fast vom Stuhl.
    Â»Im Ernst? Ich kann es nicht glauben.«
    Â»Du musst dich bei ihr bedanken«, sagte Mia. »Nicht verbal, wenn du kannst. Aber unterwürfig, bitte!«
    Ich glitt mit Getöse von meinem Stuhl, legte die Hände in Abstand von fünfzehn Zentimeter neben die Knie und senkte den Kopf so tief, dass meine Nase den Boden berührte, der nach Desinfektionsmittel roch. Danach richtete ich mich auf, rot im Gesicht und sah, wie die alte Dame huldvoll nickte.
    Â» Yoroshii  – so ist es gut!«, knurrte sie.
    Daraufhin setzte ich mich wieder. Ich war mir noch nie so albern vorgekommen. Inzwischen zog die Tante in wortloser Beiläufigkeit einen großen, seltsam gearbeiteten Schlüssel aus irgendeiner Ärmeltasche und überreichte ihn Mia, die ihn mit allen Anzeichen von größter Ehrfurcht an sich nahm. Ich hielt es für angebracht, mich erneut zu verbeugen, und konnte endlich die Frage anbringen: Ȁhm … würdest du sie vielleicht fragen, wie viel Miete ich bezahlen muss, bitte?«
    Â»Oh ja«, sagte Mia, »das ist natürlich wichtig.«
    Sie fragte. Die alte Dame antwortete, ohne im Geringsten die Miene zu verändern. Mia sah mich an und nannte den Betrag. Ich rechnete kurz nach und rechnete noch mal, zur Sicherheit. Himmel, dachte ich, in Hamburg würde ich die gleiche Summe für eine mickrige Zweizimmerwohnung ausgeben müssen, die nicht einmal im Zentrum läge!
    Â»Bist du sicher, dass sie sich nicht verrechnet hat?«
    Mia schüttelte den Kopf.
    Â»Nein, nein. Sie weiß genau, was sie sagt.«
    Â»Wie soll ich mich jetzt bedanken?« fragte ich. »Unterwürfig?«
    Â»Diesmal nicht«, sagte Mia. »Nur höflich, das sollte genügen.«

    Ich verneigte mich also, wobei ich feierlich Arigato gozaimasu sagte. Die Tante schürzte die Lippen.
    Â» Do itashimashite  – gern geschehen«, knurrte sie. Ob es nun der Wahrheit entsprach oder nicht.
    Das Gespräch war beendet. Sie zeigte es, indem sie Mia ein Zeichen gab, sie solle ihr beim Aufstehen helfen. Mia griff ihr unter die Arme und zog sie hoch. Tante Azai, die sehr kleine Füße in weißen Stulpen sehen ließ, kam nicht ohne Mühe, aber sehr würdevoll auf die Beine. Ich stand da, wusste nicht, ob ich helfen sollte, und öffnete schließlich die Tür. Mia räumte noch schnell die Teeschalen zusammen. Dabei stieß sie eine Schale um, und ein Rest Tee tropfte auf das Tablett.
    Â»Oh, oh, ah!«, stöhnte Mia.
    Die Tante sah sie missbilligend an, zischte irgendetwas, bevor sie, den Kopf hoch erhoben, an uns vorbeischlurfte. Sie reichte mir ungefähr bis zum Ellbogen. Eine Pflegerin, die draußen auf einer Bank saß und auf sie zu warten schien, brachte sofort einen Rollator. Wir verabschiedeten uns mit Verbeugungen, während sich die Tante bereits in Richtung Aufzug bewegte. Wir

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