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Tod am Chiemsee (German Edition)

Tod am Chiemsee (German Edition)

Titel: Tod am Chiemsee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina May
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ihrer
Klosterzelle im Bett lag und der Mond zu ihr hereinschien. »Du hast es auch
nicht gesehen, weil du gar nicht alles sehen kannst«, führte sie ihr
einseitiges Gespräch mit demjenigen weiter, der immer an seinem Platz war.
»Aber in unseren Seelen, da sitzt es, dieses Wissen. Und da findest du auch die
Antwort, ob ich Rick Dante vergiftet habe.«
    Dante. So wie der Dichter und Philosoph, der die »Göttliche Komödie«
schrieb.
    Althea stand auf und ging zum Fenster. Sie konnte den kleinen
Lichtschein nicht sehen, aber jeder in der Gegend wusste, dass die alte Kath
fast jede Nacht ins Moor ging. Ihren Mann hatte man nicht gefunden, obwohl sein
Kamerad geständig war und der Polizei damals auch den Ort gezeigt hatte. Man
erzählte sich, Katharina Venzl habe den Mörder mit den Worten »Behalt den Ring,
dafür hast du gemordet, er gehört dir!« zum Weinen gebracht.
    Eine unsterbliche Liebe, musste Althea denken. So unsterblich wie
die von Theresa und Moritz. Weil es die schlechten Zeiten für sie nie gab.
    Warum war Maximilian heute in die Kapelle gegangen? Was hatte
Friederike ihm erzählt? Ihr musste etwas eingefallen sein – etwas von
Bedeutung. In der Badewanne.
    Maximilian hatte nach der Madonna gesucht, aber die hatte man
irgendwann …
    Althea fuhr herum, als hätte etwas sie gestochen. »Die Madonna«,
flüsterte sie. Die Figur, die früher in der Kapelle gestanden hatte, befand
sich jetzt in einem der Zimmer, in dem hin und wieder auch Seminarteilnehmer
untergebracht waren. Es war das Zimmer, in dem momentan Stefan Sanders schlief.
    »Dem Geheimnis werden wir auf den Grund gehen«, sagte Althea,
schlüpfte in ihre Schuhe – der Steinfußboden war eiskalt – und schlich im
Nachthemd den Gang entlang.
    Hoffentlich hatte Stefan in seiner Angst, von einer der Nonnen
zwecks Beischlafs überfallen zu werden, nicht seine Tür abgesperrt.
    Althea bewegte sich so leise wie eine Maus, huschte von einem
Schattenfleck zum andern. Sollte sie anklopfen?
    Einige Male pochte sie mit den Fingerknöcheln gegen das Holz, aber
so leise, dass man es drinnen wohl kaum hören konnte. Kurzentschlossen drückte
sie schließlich die Türklinke nach unten und registrierte erleichtert, dass
Stefan sich nicht eingeschlossen hatte. Leise schlüpfte sie in den Raum.
    Ihr Neffe hatte die Vorhänge nicht zugezogen, und der Mond hatte
sich genauso heimlich ins Zimmer gestohlen wie Althea. Stefan lag
zusammengerollt und nur mit Shorts bekleidet auf dem Bett. Er schlief, doch es
sah nicht nach einem Schlaf aus, aus dem man nicht geweckt werden will. Er
murmelte vor sich hin, und seine Hände bewegten sich abwehrend.
    »Stefan … bitte wach auf. Mir ist da etwas eingefallen. Maximilian
hat mich drauf gebracht.« Sie strich ihm das feuchte Haar aus der Stirn.
    »Ahhh, nein, ich mag nicht. Geht weg!«
    »Was magst du nicht?«, fragte Althea alarmiert.
    »Ich will nicht angemacht werden. Doch nicht in einem Kloster«,
sagte er, und sie war nicht sicher, ob er wirklich wach war.
    »Wenn jemand das versucht hat, dann begehe ich einen Mord«, sagte
Althea.
    »Tante Marian!«, seufzte er erleichtert. »Ich habe schlecht
geträumt. Nackte Nonnen. Sie waren hinter mir her.« Er setzte sich auf und
schaltete das Licht an. »Was machst du hier?«
    »Ich bin nicht nackt und auch nicht hinter dir her. Wir müssen die
Madonna untersuchen.« Und sie deutete auf die Figur, die auf einem Sockel in
der Nische stand. Maria trug einen langen Mantel, und auf ihrem Arm saß das
Jesuskind.
    »Hat das nicht Zeit bis morgen?« Stefan warf einen müden Blick auf
die Heiligenfigur.
    »Warum? Du hast doch schlecht geträumt, also verpasst du nichts.«
Althea nahm Maria und trug sie zum Bett.
    Plötzlich lachte Stefan. »Ein echt toller Dreier.«
    Drei sind immer einer zu viel. Aber manchmal war der Dritte auch ein
Geheimnisträger. »Damals stand diese Madonna in der Klosterkapelle. Und
plötzlich wurde Moritz Lanz sprichwörtlich katholisch, und auch Theresa zündete
ziemlich viele Kerzen an.«
    »Ein geheimer Treffpunkt?«
    »Nein, das nicht. Aber womöglich etwas anderes. Und Friederike
Villbrock wusste davon. – Das ist allerdings nur eine Vermutung.« Althea
werkelte an der Madonnenfigur herum. Wenn jemand etwas darin verstecken wollte,
dann ging das nur im Sockel.
    »Damals ist lange her«, sagte Stefan zweifelnd.
    »Damals ist lange her, aber nicht vorbei«, gab Althea zurück. Der
Sockel ließ sich abnehmen, und darin war ein Hohlraum, in dem sich

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