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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Juergen Sittig
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würde. Wobei ihm in keiner Weise der Sinn stand nach
einem Gefährt à la Trobisch, der seinen alten roten Porsche heftig liebte.
    Endlich war der lange Anstieg geschafft, und Wärmland konnte die
gemächliche Fahrt bei einhundert Stundenkilometern wieder etwas mehr genießen.
Sein Blick schweifte über die weite Senke der Pellenz, wie die Landschaft zu
seiner Rechten zwischen Ochtendung und den Vulkanbergen hinter Mayen genannt
wurde. Die Sonne stand tief. Sie suchte und fand immer wieder Lücken in den
dunklen Wolkenstreifen. Wärmland verließ die Autobahn spontan an der Abfahrt
Ochtendung und fuhr auf der Landstraße ein kleines Stück nach Norden, bis er
nach rechts in den nächsten Feldweg abbog und zweihundert Meter den Hügel
hinauffuhr. Auf der Anhöhe wendete er den Land Rover und stellte ihn so in
Richtung Westen, dass er durch die Windschutzscheibe die Lichtspiele der
untergehenden Sonne beobachten konnte.
    Das Land senkte sich von seinem Aussichtspunkt kilometerweit langsam
nach Norden und Westen und erhob sich erst wieder hinter Thür, Kottenheim und
Mayen zu den markanten Vulkankegeln des Hochstein und des Hochsimmer, die mit
ihren dunklen Silhouetten wie die vorgeschobenen Wachposten der Hocheifel
wirkten. Es war eine beinahe mystische Szenerie. Es lag Dunst in der Ebene, der
alles etwas undeutlich und wie unter Schatten erscheinen ließ. Denn die Sonne
erreichte nicht mehr die tiefsten Einschnitte, sondern sandte ihre Strahlen nur
hin und wieder zwischen den Wolkenlücken über die etwas höher liegenden Hügel.
Wärmland war einmal ein Western-Fan gewesen, den die Aufnahmen der weiten
amerikanischen Prärie und die Dimensionen der Sandsteinwüste in Arizona mit
ihren Felsformationen immer sehr beeindruckt hatten. Und jetzt gerade ergriff
ihn eine vergleichbare Ehrfurcht vor diesem großartigen Landschaftsgemälde, das
im einen Augenblick in seinen gedeckten Brauntönen perfekt vollendet schien,
sich aber im nächsten Moment auch wieder neu gestaltete, je nachdem, wie das
Spiel zwischen Sonne und Wolken verlief. Wärmland durchströmte ein Gefühl der
Dankbarkeit, weil er das Glück hatte, Zeuge dieser Inszenierung zu werden. Er
wurde sich wieder einmal bewusst, dass er in einer ganz besonderen Region
lebte. Im Frühjahr war sie übergossen vom intensiven Braun, Grün und
leuchtenden Gelb der Äcker, Wiesen und Rapsfelder. Diese Phase des intensiven
Farbspiels war über den Sommer hinweg nun in eine stillere Phase einer fast
endlos weiten und beinahe einsam anmutenden Landschaft hinübergeglitten. Und
auch in dieser stilleren Version zeigte sich, wie schön doch seine alte und
auch wieder neue Heimat war.
    Zurück auf der A 48, bemerkte er, dass die Colafläschchentüte
leer war. Ihm kam aber sogleich die rettende Idee, dass er diesen
unerträglichen Zustand bei der  ED -Tankstelle
auf der Polcher Straße mit einer neuen Packung beheben konnte.
    Ich werde einer der wenigen Menschen auf diesem Globus sein, die
einmal an einer Überdosis Colafläschchen sterben werden, dachte er und
lächelte.
    Auf der Treppe zu seiner Wohnung in den ersten Stock nahm er zum
ersten Mal seit dem frühen Morgen wieder ganz bewusst seine schmerzenden
Muskeln wahr. Er verspürte Müdigkeit und gähnte, als er die Wohnungstür hinter
sich schloss. Als habe er soeben eine erdfremde Atmosphäre betreten, die zu
wenig Sauerstoffanteile besaß. Erschöpft ließ sich Wärmland auf sein Sofa
fallen und schlief innerhalb weniger Minuten ein. In seinem Traum sah er einen
Jungen, der Stefan ähnelte. Schwarze Wölfe fraßen ihm aus der Hand. Alles war
in Ordnung.
    ***
    Als Wärmland von der Sirene eines vorbeifahrenden Rettungswagens
geweckt wurde, war es schon kurz vor elf. Er schaltete den Fernseher an, um
zumindest noch die Wettervorhersage der Tagesthemen zu sehen, doch daraus wurde
nichts, denn im nächsten Augenblick läutete das Telefon. Da das Display seines
Apparates nicht funktionierte, konnte er nicht sehen, wer der späte Anrufer
war. Vielleicht konnte Stefan nicht einschlafen und wollte sich noch ein
bisschen unterhalten. Wärmland stellte also den Fernseher leise und nahm den
Hörer ab. Doch es war nicht Stefan, sondern Wärmlands Schwester Ulli.
    »Jörg ist wieder da«, hörte er sie sagen. Am Klang ihrer Stimme
erkannte er, wie aufgewühlt sie war.
    »Was heißt das, ›Jörg ist wieder da‹?«, wollte er wissen.
    »Er ist wieder in Deutschland. Er hat mich vorhin angerufen.«
    Wärmland konnte erst einmal

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