Tod am Laacher See
denn, der alte Mann aus
Wassenach hätte einmal bei mir etwas Fisch gekauft. Aber daran kann ich mich
nicht mehr erinnern. Ich bin nicht der, den Sie suchen.«
Er wirkt so glaubwürdig, dachte Wärmland. Hatten sie doch den
falschen Mann? Ihm kam eine Idee. Doch um die umzusetzen, brauchte er zunächst
einige Informationen.
»Sie sind an den Montagen normalerweise vor Sonnenaufgang am Laacher
See. Das haben wir, wie schon gesagt, von den Patres erfahren, von denen Sie
die Fischerei gepachtet haben. Und die werden es wohl wissen. Was machen Sie an
einem solchen Morgen üblicherweise?«
Trobisch schaute Wärmland fragend an. Er verstand nicht, worauf
Wärmland hinauswollte.
»Normalerweise bringe ich die Netze und Reusen schon am Sonntagabend
aus und lasse sie über Nacht liegen.« Petry klang nun etwas ruhiger. »Montags
kontrolliere ich alles und entnehme die Fische.«
»Verstehe«, sagte Wärmland. »Und in welchem Bereich des Sees
arbeiten Sie genau? Überall auf dem gesamten Gewässer, oder haben Sie einen
Schwerpunkt?«
»Zurzeit bin ich im südlichen Bereich aktiv, so ziemlich an der
Südspitze. Wegen der Wind- und Wasserverhältnisse ist es da im Augenblick am
besten.«
»Um welche Uhrzeit sind Sie mit Ihrer Arbeit in der Regel fertig?«
»Kommt darauf an, wie viele Netze und Reusen ich ausgebracht habe.
Meist so um neun oder halb zehn.«
Das dürfte reichen. Wärmland beugte sich ruckartig vor, stützte
seine Arme auf den Schreibtisch und schob seinen Kopf näher an Petry heran. Der
wich ein wenig zurück.
»Schade nur, dass die beiden Angler, die an diesem frühen Morgen
ebenfalls an der Südspitze unterwegs waren, nichts von einem Fischer bemerkt
haben. Sie haben von ihrem Boot aus zwar Stangen im Wasser sehen können, an
denen Sie möglicherweise Ihre Netze oder Reusen befestigen. Aber da war
niemand. Auch bis halb zehn nicht.«
Petry war sichtlich überrumpelt und rutschte unangenehm berührt auf
seinem Stuhl herum. Wärmland setzte noch eins drauf.
»Sie waren am See, aber nicht auf dem See, wie Sie es normalerweise hätten sein sollen,
Herr Petry. Wo waren Sie? Was haben Sie gemacht, wenn Sie nicht als Killer auf
der anderen Seeseite damit beschäftigt waren, diese Menschen umzubringen?«
»Das war ich nicht«, beteuerte Petry mit weinerlicher Stimme, gab
aber keine Erklärung ab. Wärmland fixierte ihn weiter mit scharfem Blick und
wollte ihn nicht aus der Ecke entkommen lassen, in die er ihn getrieben hatte.
»Wir sperren Sie wegen Mordverdachts ein, Herr Petry, bis Sie damit
rausrücken. Bis Sie sagen, was Sie uns verschweigen. Das sieht schlecht aus für
Sie: kein Alibi, nur ein paar Hobbys, die prima zum gesuchten Mörder passen«,
sagte Trobisch mit ruhiger Stimme.
»Ich kann es Ihnen nicht sagen!« Die Worte platzten aus Petry heraus
wie aus einem Kessel, dem der Deckel durch zu viel Überdruck wegfliegt. »Ich
kann es nicht sagen, weil es nicht nur um mich allein geht.«
Wärmland durchzuckte ein kurzer, angenehmer Stromschlag der
Genugtuung. Er hatte sich also nicht geirrt.
»Sie waren also nicht allein dort. Das ist es, was Sie uns nicht
sagen wollen, nicht wahr? Da war noch jemand, von dem niemand etwas erfahren
soll. Ist es so, Herr Petry?«
Petry schien bestürzt und erleichtert zugleich. Die Wahrheit hatte
eine befreiende Wirkung, das stellte Wärmland immer wieder fest.
»Haben Sie vielleicht ein Verhältnis mit einem der
Klosterangehörigen?«, fragte Wärmland. Es klang sachlich, traf Petry jedoch
vollkommen unvermittelt. Er riss entsetzt die Augen auf.
»Nein, um Gottes willen, nein. Wie kommen Sie denn darauf?«
»War nur so eine Idee. Es liegt schließlich alles ganz nah
beieinander. Ihre Hütte, das Kloster … Es hätte doch sein können.«
»Ich bin heterosexuell, ich könnte nie …« Hier stockte Petry, weil
seine Phantasie ihm offenbar ein unliebsames Bild offenbarte.
Nun, nachdem er erkannt hatte, worauf Wärmland abzielte, nahm
Trobisch den Faden auf. »Dann waren Sie also mit einer Frau dort? Ist es so
gewesen?«
Petry senkte schuldbewusst den Kopf. Wärmland und Trobisch gaben ihm
einen Augenblick der Ruhe. Obwohl Wärmland nicht wollte, dass sich der bei
Petry aufgebaute Druck wieder verflüchtigte. Er war reif für ein Geständnis,
auch wenn es nicht das Geständnis war, das sie so gerne erhalten hätten.
»Sie sollten endlich sprechen und es sich nicht so schwer machen,
Herr Petry«, setzte Trobisch nach. »Wenn nicht Sie dieser Taucher sind, der
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