Tod am Laacher See
dass Sie
schon frei sind. Das war ein bisschen einfältig, nicht wahr? Aber so sind
manche Männer eben. Ein bisschen zu schnell und ein bisschen zu naiv. Das haben
Sie nicht zu verantworten.«
»Ich hätte distanziert bleiben müssen. Dass ich es nicht war, war
mein Fehler. Es tut mir wirklich leid, Jan. Sie sind ein ganz prima Kerl, und
Sie werden bestimmt auch eine Frau kennenlernen, die frei und von Anfang an
ganz für Sie da ist. Das glaube ich ganz fest.«
Sie ist und bleibt eine Krankenschwester, dachte Wärmland. Mut
machen und Hoffnung schüren, auch wenn der Patient ein hoffnungsloser Fall ist.
Aber das durfte er ihr nicht verübeln.
»Ich danke Ihnen«, sagte er mit einer größeren Portion Trauer und
Abschiedsschmerz. »Ich bin trotzdem froh, dass wir uns begegnet sind. Nach
einer längeren Zeit des Alleinseins weiß ich nun schon einmal, dass mich
attraktive Frauen offenbar immer noch wahrnehmen. Das ist in jedem Fall ein
Gewinn. Eine wichtige Botschaft für meine Zukunft. Jetzt werde ich doch nicht
den Job eines Callboys in einem Ü-90-Altenheim annehmen müssen, um an Frauen
heranzukommen. Diese Erfahrung haben Sie mir erspart.«
Er merkte, dass sie lächelte. Das war gut so. Er lächelte auch ein
wenig, obwohl ihm elend zumute war. Jetzt war es wenigstens raus, und er
wusste, woran er war.
Sie verabschiedeten sich mit ein paar lieben Worten für die Zukunft.
»Ich wünsche Ihnen viel Glück, Ariane Althoven. Dass jetzt alles gut wird und
Sie wieder eine glückliche Familie sind.«
Dann war die Leitung still.
Wärmland fühlte sich unendlich einsam.
SIEBEN
Am nächsten Morgen war Wärmland noch vor der
Präsidiumsbesprechung im Krankenhaus. Er klopfte an Trobischs Krankenzimmertür
und trat ein. Trobisch saß halb aufrecht im Bett und grinste.
»Da lass ich dich mal allein mit den bösen Jungs spielen, und schon
geht es schief«, sagte Wärmland ernst und ohne den sonst üblichen
herausfordernden Blick.
»Ich hab denen am Empfang gesagt, sie sollen auf alles schießen, was
dir ähnelt«, antwortete Trobisch gut gelaunt. »Du hast dich wahrscheinlich
durch eine Hintertür reingestohlen.«
»Es gibt keine offene Hintertür. Ich musste eine Nacht mit dem alten
Hausmeister verbringen für einen Zweitschlüssel. Aber du warst es mir wert«,
gab Wärmland zurück.
»Igittigitt.« Trobisch wirkte angewidert. »Gib mir bloß nicht die
Hand.«
»In Ordnung«, sagte Wärmland und umschlang andeutungsweise
freundschaftlich Trobischs Schultern, bevor er sich einen Stuhl heranrückte und
sich neben das Bett setzte.
»Musst du denn gleich so nah sitzen? Ich hab ein Auge auf eine der
Tagschwestern geworfen. Die soll nicht auf falsche Gedanken kommen. Die jungen
Frauen heutzutage sind sehr sensibel und registrieren alles.«
»Du solltest endlich anfangen, offen zu unserer Liebe zu stehen.
Aber jetzt mal ernsthaft: Was ist schiefgegangen?«
»Ich hab einen kleinen Fehler gemacht. Ich hab mich im Flur noch mal
quer bewegt und die Seite gewechselt, als Mr. Arschloch gerade ganz schlecht
gelaunt war. Da hat er mich mit einem Schuss durch eine Tür erwischt. Unnötig
und ziemlich ärgerlich.«
»Wie es aussieht, hätte es schlimmer kommen können. Du hast noch mal
Glück gehabt mit dem Durchschuss. Unglaubliches Glück. Wie übel solche
Beinschüsse in die Schlagader sind, haben wir ja erst voriges Jahr erlebt.«
»Du meinst die Sache mit dem Jungen, der dir im Wald verblutet ist.«
»Er hatte keine Chance.« Schon huschte wieder das Bild des
sterbenden jungen Mannes vor Wärmlands Augen. »Gut, dass man dich gleich
versorgen konnte. Sonst hätte ich am Ende die ganze Sache noch allein an den
Hacken.«
»Na ja, ein paar Tage hast du den Fall ganz sicher für dich«,
erwiderte Trobisch. »Die werden mich nicht gleich wieder laufen lassen.«
»Und das ist auch ganz gut so. Dann stehst du mir nicht immer im Weg
rum. Entspann dich, erhol dich, löse Kreuzworträtsel, lerne lesen und
schreiben, tu was Sinnvolles. Nur nicht wieder sinnlose Querbewegungen.«
»Hast du nicht noch ein zweites Rendezvous mit dem Hausmeister? Oder
werd ich dich irgendwie anders wieder los?«, fragte Trobisch mit bitterernster
Miene.
»Bleib ganz ruhig. Ich geh ja schon. Ich muss schließlich los und
den Fall retten. Wir sagen dir dann, wenn es vorüber ist.«
»Bring mir wenigstens den Kopf von dem Arschloch, das mir das Loch
gemacht hat«, sagte Trobisch scheinbar erregt, aber ein leichtes Lächeln
umspielte seine
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