Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Juergen Sittig
Vom Netzwerk:
als sie ihm anbot, auf
einem der Polstersessel Platz zu nehmen.
    »Danke!«, antwortete sie erfreut. »Aber nicht jeder mag diesen
ländlichen Stil. Eine alte Schulfreundin von mir pflegt beispielsweise zusammen
mit ihrem Mann eine ganz andere Art des Wohnens. Viel Grau und Schwarz und
Metall. Ich fühle mich dort immer etwas eigenartig, aber unserer Freundschaft
tut das keinen Abbruch.«
    »Man hört ja immer wieder mal, dass Freundschaften oder Beziehungen
sogar zwischen Menschen bestehen können, die völlig verschiedenen politischen
Richtungen angehören«, sagte Wärmland.
    »Na ja, es heißt ja ›Gegensätze ziehen sich an‹. Aber in der Regel
klappt es wohl doch besser, wenn man in der Hauptlinie nah beieinander ist. Das
war bei Peter und mir eigentlich der Fall. Aber irgendetwas hat wohl doch nicht
gestimmt.« Sie machte ein etwas verlegenes Gesicht, und Wärmland bedrückte die
Erwähnung ihres Mannes heute eher noch mehr als schon bei ihrem ersten Treffen.
    »Und Ihre Mädels?«, fragte er, um vielleicht ein wenig abzukommen
vom Thema Ehemann.
    »Die sind noch bei Freundinnen«, antwortete sie lächelnd. Das war
wieder die Version ihrer Person, die Wärmland besonders mochte. Aber er fühlte
sich irgendwie gehemmt, als sei er in das Revier eines anderen, noch in der
Nähe herumstreifenden Tigers eingedrungen. »Nach dem, was ich in der Zeitung
gelesen habe, handelt es sich ja wohl um einen ziemlich mysteriösen Fall, den
Sie jetzt bearbeiten«, sagte sie beinahe vorsichtig. »Furchtbar, dass ein
Mensch so viele andere Menschen kaltblütig töten kann. Wie werden Sie nur mit
so etwas fertig?«
    »Die Begegnung mit Mordopfern lässt auch uns Polizisten nicht
unberührt. Aber man lernt, damit umzugehen. Vielleicht steht dem Schrecken auch
ein etwas üppig ausgefallener Beschützerinstinkt gegenüber, den wir ausleben
müssen. Mörder fangen, damit sie nicht noch mehr Menschen gefährden und
bestraft werden können. Oder es liegt einfach nur daran, dass ich früher zu
viele Western mit sympathischen Sheriffs gesehen habe.«
    »Gut, dass es Menschen wie Sie gibt. Auch wenn Sie das Schlechte
nicht völlig verhindern können. Aber Sie leisten eine wichtige Arbeit.«
    »Nicht zu vergessen das medizinische Personal«, erwiderte Wärmland
mit einem Augenzwinkern. »Was täten wir ohne gute Krankenschwestern? Eine
furchtbare Vorstellung, wenn es nur alte Ärzte und keine jungen Krankenschwestern
mehr gäbe.«
    »Jung sollten sie schon sein, nicht wahr?«, fragte sie mit ihrem
entzückenden Lächeln.
    »Am besten in Ihrem Alter«, meinte Wärmland schmunzelnd.
    »Wer so charmant ist, der darf in diesem Haus sogar Wünsche
aussprechen. Was möchten Sie trinken?«
    Allmählich fühlte sich Wärmland etwas wohler in seiner Haut, aber zu
einer Antwort kam er nicht mehr. Das Telefon läutete, und sie entschuldigte
sich, um in der Küche um die Ecke abzuheben.
    Sie sprach leise, aber Wärmland hörte irgendwann den Namen Peter,
und ihm wurde klar, dass ihr Mann am Telefon war. Sofort nahm sein Wohlgefühl
wieder merklich ab. Als sie schließlich aus dem Küchenbereich kam, hielt sie
eine Hand auf das Mikrofon und entschuldigte sich. Es sei wichtig, sagte sie
und fragte, ob er sich nicht vielleicht selbst etwas nehmen wolle. Aber
Wärmland stand auf, wies auf seine Uhr und sagte, dass es ein langer Tag war
und er seinen Bruder bei sich daheim als Gast habe. Er habe ohnehin nicht sehr
viel Zeit gehabt.
    Sie verabschiedeten sich etwas zu hastig, und Sekunden später stand
Wärmland draußen allein im Vorgarten. Er fühlte sich elend. Als habe er etwas
Wichtiges verloren, etwas, was wertvoll für ihn gewesen war. Er setzte sich in
den Land Rover und fuhr los. Seine Gedanken wirbelten wild durcheinander, und
er versuchte nachzuempfinden, was genau geschehen war. Auf den ersten Blick
eigentlich nichts Besonders. Ihr Ehemann hatte angerufen, und sie hatte gesagt,
dass es wichtig war.
    Wärmland versuchte, seiner inneren Bestürzung eine nüchternere
Analyse entgegenzusetzen. Es war nur ein Telefonat, in dem es möglicherweise
darum ging, dass ihr Mann sich etwas mehr um die gemeinsamen Töchter kümmern
wollte. Das war kein Grund, sofort alles in Frage zu stellen. Aber irgendwie
gelang es ihm nicht recht, sich davon zu überzeugen. Also grübelte er noch
während seines Heimwegs, der ihn in die nächste Ungewissheit führte: die
Situation mit seinem Bruder.
    ***
    Als Wärmland die Wohnungstür aufschloss, bemerkte er

Weitere Kostenlose Bücher