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Tod am Zollhaus

Tod am Zollhaus

Titel: Tod am Zollhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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im «Hamburgischen Correspondenten». Schließlich gab sie es auf, die immer tiefer werdenden Seufzer ihrer Großnichte zu überhören. Sie ließ ihre Lorgnette sinken und betrachtete das Mädchen liebevoll. «Freust du dich auf die Ehe?»
    Sophie blickte erstaunt auf. «Natürlich, Tante Augusta. Es wird so aufregend sein, so voller Abenteuer, und immer scheint die Sonne. Lissabon, schreibt Martin, ist schon wieder ganz neu aufgebaut und prächtiger als Paris, und das Meer ist so blau wie das Kleid, das ich trug, als wir uns das letzte Mal sahen …»
    «Bei dem Abschiedsessen? War es nicht grün?»
    «Das macht doch nichts. Der Gürtel war blau.»
    «Ein Jahr ist eine lange Zeit.»
    «Nun sind es ja nur noch neun Wochen. Und nur noch fünf, bis Martin wieder hier ist.»
    «Nein, mein Kind, ich meine: Ihr habt euch ein ganzes Jahr nicht mehr gesehen. In einem Jahr kann sich viel ändern.»
    «Findest du, dass ich schöner geworden bin?»
    Augusta lachte. «Du bist ein Kindskopf. Natürlich bist du schöner geworden, aber darauf kommt es nicht an.»
    «Doch. Darauf kommt es an. Es ist viel leichter, ein Mädchen zu lieben, das schön ist.»
    «Findest du Martin schön?»
    «O ja. Und so männlich.»
    Sophie stützte mit einem kleinen Seufzer die Wange in die Hand und sah sehnsüchtig zum Fenster hinaus. «Sicher ist er auch hübscher geworden.»
    Hoffentlich, dachte Augusta und versuchte, ihre Erinnerung an den blassen, ein wenig schmallippigen Martin durch ein eleganteres Bild zu ersetzen. Er war tüchtig, zuverlässig und ganz sicher äußerst ehrbar. Schönheit oder gar Leidenschaft hatte Augusta bisher nicht an ihm entdeckt. Sie wünschte Sophie eine ebenso glückliche Ehe, wie sie selbst gehabt hatte, zweifelte jedoch, ob das mit Martin möglich sein würde. Aber wer verstand schon die seltsamen Wege der Liebe? «Schreibt er schöne Briefe?»
    Sophie nahm ihre Handarbeit wieder auf und stocherte mit der Nadel in dem Leintuch. «Doch. Er schreibt sehr schöne Briefe. Und so klug. Ich weiß jetzt so viel über den Handel in Portugal und über all die Schiffe, die im Hafen von Lissabon liegen, was sie laden und …»
    «Verzeih die Frage, Sophie. Aber schreibt er auch über seine Liebe zu dir?»
    «Betty sagt, nur Frauen schreiben von ihrer Liebe. Aber mit seinem letzten Brief hat er mir ein Gedicht geschickt. Von Blumen und Schäferinnen, und vom Frühling.»
    «Immerhin», Augusta nickte zufrieden, «immerhin ein Gedicht. Männer, die nicht einmal vor der Hochzeit ein Gedicht zu Papier bringen, selbst wenn es nur abgeschrieben ist, machen auch nach der Hochzeit wenig Vergnügen.»
    «Du bist frivol.»
    «Ich bin alt, mein Kind, ich darf frivol sein. Du», sagte sie und hob den Zeigefinger, «darfst das nicht! Sticke weiter, sonst bist du zur silbernen Hochzeit noch nicht fertig.»
    Damit vertiefte sie sich wieder in ihre Zeitung.
    Sophie stickte ein Monogramm auf ein feines Leinentuch. Um genau zu sein: Sie war gerade dabei, es wieder aufzutrennen. «Ich kann wirklich nicht glauben, dass Martin mich mehr liebt, wenn ich all diese Monogramme selber sticke», sagte sie und ließ die Näharbeit ärgerlich in ihren Schoß fallen. «Sie werden doch nie so hübsch wie die von Madame Florentine.»
    «Madame Florentine tut seit zwanzig Jahren nichts anderes, und sie wird dafür bezahlt. Aber wer heiraten will, muss auch sticken. Das ist ein uraltes Sprichwort.» Augusta sah das Mädchen über den Rand ihrer Zeitung streng an.
    «Von diesem Sprichwort habe ich nie gehört. Und selbst wenn es so eines gäbe, warum sollte es mich kümmern? Ich werde Annecke fragen, ob du deine Wäsche damals selbst bestickt hast. Ich bin sicher, du hast kein einziges Monogramm zustande gebracht.»
    Augusta ließ die Zeitung sinken und seufzte. «Würdest du bitte respektvoller mit deiner Großtante sprechen? Und Annecke ist steinalt, sie erinnert sich an gar nichts mehr. Jedenfalls nicht an Dinge wie das Besticken meiner Aussteuer.»
    Sie legte die Zeitung auf den kleinen Rosenholztisch und griff nach dem Leinen, das zerknittert und nicht mehr ganz reinlich auf Sophies Knien lag. «Deine Stickerei ist schauderhaft. Danke dem Herrn, dass du genug andere Talente hast. Wie lange ist es noch bis zur Hochzeit? Neun Wochen?»
    «Neun Wochen und zwei Tage. Bitte, lass uns wenigstens die Mundtücher und das Bettleinen zu Madame Florentine bringen. Sie macht so hübsche Muster, und ich habe so viel anderes zu tun.»
    Sophie wusste, dass sie schon

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