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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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zwängten sich durch gelockerte Gitter und jagten an stinkenden Rattennestern vorbei. Ihr Dachshundführer bezeichnete die Nager allerdings als köstliche Futtervorräte. Obwohl sie den Weg für ›unförmige‹ Hunde gingen, musste Giacomo sich häufig ducken, kriechen oder sich durch etwas zwängen, über das er nicht genauer nachdenken wollte. Er hoffte sehr, dass seine Nase keinen bleibenden Schaden nahm. Irgendwann, als sie schon nicht mehr sagen konnten, wie viele Stunden sie gelaufen waren, traten sie endlich aus einem Rohr in die Nacht hinaus. Sie erschien ihnen nach der langen Zeit unter der Erde strahlend hell. Der Dachshund kam nicht mit hinaus in den immer noch strömenden Regen, sondern rief nur ein paarAbschiedsworte und verschwand wieder im Labyrinth der Kanalisation Albas.
    »Ich glaube, jetzt bin ich dir was schuldig, Kleiner«, sagte Giacomo und schüttelte sich lange, lange aus. Aber das konnte den Gestank nicht vertreiben. Hoffentlich, dachte er, regnet es die ganze Nacht durch.
    »Heißt das etwa, du kommst mit nach Rimella?« »Sag einfach, wo wir lang müssen.«
    »Du wirst sehen, Rimella ist ein wun-der-ba-rer Ort. Da können wir Hunde noch so leben, wie wir wollen, und die Menschen in Rimella sind toll – also wenn sie wieder da sind. Es ist unglaublich friedlich dort. Und es gibt köstliches Futter, wahrscheinlich finden sich in den Wäldern sogar Trüffel. Bestimmt sogar! Jetzt, wo du mir hilfst, wird alles gut werden. Das spüre ich! Das kann gar nicht anders sein!«
    »Ist ja gut, du musst mich nicht mehr überzeugen. Lass uns einfach gehen.«
    Doch Niccolò bewegte sich nicht. Denn erst jetzt war ihm aufgefallen, dass er den Weg zurück gar nicht kannte.
     
    Canini sprang auf den prallgefüllten Koffer und bellte. Isabella durfte nicht ohne sie fahren!
    »Nun spring schon runter«, sagte diese und gab Canini einen Kuss auf die Stirn. »Ich hab dir doch gesagt, dass meine Mutter kommt und auf dich aufpasst. Das kennst du doch alles schon. Ihr zwei mögt euch doch so!«
    Ein Bellen erklang als Antwort. Canini blieb sitzen und zog ihre Cockerspanielohren hoch, signalisierend: Ich verstehe dich nicht. Dieses Spiel war Isabella nur allzu vertraut. Sie zog sich einen Stuhl heran, setzte sich und versenkte das Gesicht in die Hände. Dann starrte sie Canini an. »Kann ich auch«, sagte sie. »Du musst mich nicht für blöd verkaufen, Prinzessin. Du weißt genau, was ich will.«
    Und damit hatte Isabella, deren kurzes, blondes Haar igelgleich abstand und die ihren Regenbogenschal bereits reisefertig um den Hals geschlungen hatte, vollkommen recht. Canini wusste Bescheid. Genau deswegen würde sie ja nicht nachgeben. Entweder würden sie beide fahren oder zusammen in der kleinen Turiner Wohnung bleiben, deren Blick auf den Po sie so liebten. Hier ließ es sich gut leben, fand Canini. Auch wenn Isabella häufiger weg war und die Wohnung durch Aktenordner, Tierpräparate, große Mikroskope und unzählige Kartons mit Pfotenabdrücken und Fellproben mittlerweile bis in die letzte Ecke zugestellt war, so dass die Spanielhündin keine drei Meter mehr rennen konnte, ohne gegen etwas zu stoßen. Dadurch fühlten sich die zwei Zimmer, Küche, Diele, Bad für Canini aber auch wie der sicherste Ort in der Welt an. Es war zudem der Ort, an dem sie immer gewesen war, seit sie ihre Mutter und Geschwister verlassen musste.
    »Komm, ich geb dir noch was von deinem Lieblingsfutter, ja? Dann lässt du mich gehen. Haben wir einen Deal, Prinzessin?«
    Sie ging in die Küche. Canini hörte, wie die Dose geöffnet wurde – Leber, es war sofort zu riechen – und die Fleischstücke mit einem Löffel in den Napf geschabt wurden.
    »Ach, Mist! Jetzt ... Warum hab ich auch schon den blöden Schal um!«
    Isabella kam zurück, einen Spülschwamm über den Schal reibend und das Futter vor den Koffer stellend.
    Canini bellte. Wenn Isabella wirklich ging, würde sie mitkommen. Und wenn sie sich dafür im Koffer verbeißen müsste. Isabella hatte mit dem Futter zu unfairen Mitteln gegriffen, also konnte sie das ja wohl auch!
    »Komm runter, oder ich nehm dir das Futter wieder weg und geb es dem dicken Nachbarshund. Es wäre doch schade, wenn das gute Zeug verkommt.«
    Canini heulte auf. Isabellas feine Augenbrauen zogen sich überrascht auf die sonnengebräunte Stirn. Hatte ihre Hündin etwa verstanden, wohin sie wollte? Sie schüttelte den Kopf, die Idee schnell wieder verwerfend.
    »Schön geheult, aber du kommst trotzdem

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