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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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gewesen war.
    » Der! Will! Einfach! Nicht! Weg! «
    Das Ziehen hörte auf.
    »Dann so. Du bleibst da keinen Moment länger drunter. Und wenn es dir nicht gutgeht, dann bringe ich den Kerl um! «
    Etwas klackte, und plötzlich entspannte sich die straff anliegende Welt mit einem schneidenden Geräusch, dannöffnete sie sich weit und war erfüllt von einer Isabella, der beim Anblick der hechelnden Canini Tränen in die Augen schossen, die ihr Survivalmesser ins hohe Gras fallen ließ, um ihre Hündin zu umarmen.
    »Warum hast du denn nichts gesagt, du dummes, dummes Ding!«
    Zu schwach um zu bellen, konnte Canini sich nur drücken lassen. Selbst wenn ihr dabei wieder die Luft wegblieb, tat es gut, sehr sogar. Isabella zeterte immer noch, über den Zeltverwüster und ihre schweigsame Hündin, doch wandelte sich die Stimmungslage allmählich von trotziger Wut in Erleichterung und weiter in entschlossenen Enthusiasmus.
    Isabella ließ sich nicht kleinkriegen, das wusste Canini. Nicht vom Hausverwalter, der sie bereits dreimal wegen ausstehender Miete vor die Tür setzen wollte und per Anwalt, mit einer geerbten Perlenkette und einem Eimer Putzwasser zur Ruhe gebracht worden war. Und nicht von Männern, die immer wieder in ihr Leben traten, für Tage, Wochen, manchmal Monate, aber immer wieder gingen, und Isabella unter Tränen, einem zerwühlten Bett und einer abgenutzten Zahnbürste zurückließen. Jedes Mal. Trotzdem gab es stets schnell wieder einen neuen Mann, dessen Augen glänzten, wenn er über die Schwelle der kleinen Wohnung trat, mit einer Flasche Nebbiolo in der Hand und mit der anderen sein dichtes Haar durchfahrend.
    »Jetzt schau dir das an, Prinzessin!« Isabella deutete in Richtung des kleinen Dorfes, während sie Caninis Ohren kraulte. »Hast du jemals ein solch großes Wolfsrudel gesehen? Ich noch nie. Meist sind es unter sechs Tiere, in wenigen Fällen über zehn und allerhöchstens zwanzig – das ist aber enorm selten. Doch dieses hier, ich habe vierundzwanzig Tiere gezählt! Das ist das mächtigste Rudel, das jemals gesichtet wurde. Als es das letzte Mal gesehen wurde, wares noch viel kleiner. Seit Ewigkeiten hat es sich nicht mehr gezeigt. Und wir beide können es jetzt beobachten! Und wir lassen uns nicht verjagen, oder?« Sie legte ihren Arm um die Spanielhündin, drückte sie an sich. Der Stoff von Isabellas Jacke erinnerte Canini an die Zeltplane, und sie wurde unruhig. Sie wollte nie mehr in das Zelt zurück – und wenn es noch so stürmte.
    »Ich werde gleich einen guten Freund anrufen, Domenico, er arbeitet bei der La Stampa di Torino . Wenn er einen Artikel schreibt, kann uns keiner mehr was. Das traut sich dann niemand. Außerdem ist mein Messer scharf – und deine Zähne sind es auch!« Ihre Stimme drückte Entschlossenheit aus. Das beruhigte Canini, auch wenn sie die Worte nicht verstand.
    Plötzlich beugte sich Isabella vor, kniff die Augen zusammen, rannte dann zurück zum Zelt, wo verwüstet und weit verteilt Kleidung und Ausrüstung lagen, und suchte. Sie fand schnell. Mit ihrem Fernglas in der Hand setzte sie sich wieder neben Canini, drehte daran und senkte ihre Augen tief hinein. »Zwei Marder?«, sagte sie leise. »Sie gehen in die Stadt. Was machen Marder hier?«
    Ein Fernglas brauchte Canini nicht, um das merkwürdige Geschehen in dem kleinen Ort zu beobachten, der wie den Hang hinuntergekugelt in einer Kuhle lag. Doch sie beobachtete nicht die Marder, sie beobachtete vier Menschen, die ihr merkwürdiger erschienen, als es ein Tier je könnte. Sie trugen Helme auf dem Kopf, und an ihre Schultern hatten sie Gewehre gepresst. Von Rimella selbst aus würden sie nicht zu sehen sein, denn sie hatten sich auf einen verlassenen Traktoranhänger gelegt, der noch mit Heuballen beladen war. Nur die Rohre schauten hervor, wie die Fühler einer Schnecke, und zeigten in Richtung dreier patrouillierender Wölfe. Das heißt, einer zog nicht seine Runde, sondern leckte sich ausgiebig den rechten Hinterlauf, derwohl verletzt sein musste. Er war schlanker, graziler als die anderen, und hatte rötliches Fell.
    »Was machen die denn da?« Isabella sprang auf. » Nein! «, schrie sie. Doch ihre Stimme trug nicht bis hinunter nach Rimella, die Bäume, Felsen und der Wind verschluckten den Ruf wie einen kleinen Vogel.
    Dann fielen Schüsse.
    Die zwei patrouillierenden Wölfe jaulten auf und versuchten, die Geschosse sogleich aus den Einschusslöchern zu beißen, doch ihre Kraft versagte. Auch der

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