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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Gabelstapler findest du einen toten Hasen, den ich letzte Nacht gerissen habe. Ich hatte noch keinen Hunger. Du kannst ihn haben.«
    »Wie willst du es machen?«
    »Ist das wichtig? Mein Herr wartet.«
    »Wie willst du etwas in den Brunnen geben?«
    »Ich?«, er schnaubte verächtlich. »Mein Herr wird es tun.«
    »Aber wie willst du ihm das klarmachen? Es wird nicht reichen, zum Brunnen zu laufen und zu bellen.«
    »Hast du eine perfekte Verbindung?«
    Die Frage überraschte Niccolò, doch er war sehr erfreut, sie mit »Ja« beantworten zu können.
    »Dann weißt du zu wenig darüber. Am Tage können wir die Gedanken der Menschen nur lesen. Doch im Traum sind ihre Geister beweglich. Wie Wasser, in das ein Stein fällt. Aus den kleinen Wellen werden große, und diese können alles bewegen. Du musst dich nah an die Stirn deines Menschen legen, berühre sie am besten, steig in seinen Geist und übe an der richtigen Stelle Druck aus. Doch du darfst nie zu heftig pressen! Sonst könnte dein Mensch verletzt werden. Erzwinge nichts, hörst du? Nie! Es könnte bleibenden Schaden anrichten.«
    Niccolò rannte sofort los, ohne ein Wort des Abschieds, denn es gab eine Frage, die er in Isabellas Träume werfen wollte.
    »Vergiss den Hasen nicht!«, rief der Dobermann. »Und wunder dich nicht über die alten Schlingenspuren am Hinterlauf, er ist frisch erlegt.«
     
    Giacomo merkte sofort, dass er ohne den Spürer in Rimella nicht willkommen war. Die Wölfe schlichen knurrend auf ihn zu, zeigten ihre Zähne. Rasch bat er um ein Treffen mit dem weißen Wolf, zeigte sich devot, gab seinen Bauch preis. »Wir werden dich vorlassen, weil du ein Freund des Spürers bist. Grarr wird entscheiden, ob wir dich auch wieder ziehen lassen.«
    Zu beiden Seiten flankierten ihn hochgewachsene Wölfe, unmissverständlich deutlich machend, dass ein Rückzug nun nicht mehr möglich war.
    Mit ihnen durch ein Treppenhaus der Menschen zu gehen, fühlte sich falsch an. So, als würde er mit Menschen in einem Körbchen liegen. Es passte einfach nicht zusammen. Giacomo blieb aber kaum Zeit, sich länger unwohl zu fühlen, denn nach nur kurzer Wartezeit wurde er in einen weißen Raum eingelassen. Von der Sofaecke funkelten ihn zwei Augen an. Sie gehörten zu dem Wolfswesen, das mit dem weißen Polstermöbel fast verschmolz.
    »Ich fasse es nicht«, sagte Garr. »Giacomo! Wie lange ist es her?« Er sprang herunter. »Ich konnte es vorhin kaum glauben, als ich dich mit dem Spürer sah.«
    So freundlich sich die Worte anhörten, so unsicher war Giacomo, was der Albino im Schilde führte. Er war nicht mehr der Alte, das war unübersehbar. Sein Fell war blitzblank geleckt, er versuchte nicht mehr wie früher, sich so lange im Dreck zu wälzen, bis niemand mehr sehen konnte, dass er schlohweiß war. Grarr war schnell, das wusste Giacomo, er hatte es immer sein müssen, denn der Spott der anderen hatte sich seit frühester Jugend über ihn ergossen. Grarr hatte sich deshalb entschieden, stets besser zu sein als all seine Artgenossen.
    Die Augen des Albinos verrieten nichts, als er sich Giacomo jetzt näherte. Würde er ihm nun die Kehle durchbeißen, da die gemeinsamen Zeiten so lang zurücklagen? Oder würde er als Reminiszenz an diese mit ihm tollen, sich übermütig auf ihn stürzen und durch den Raum kullern? Es war verdammt lange her, dass sie sich so benommen hatte. Giacomo spürte trotzdem immer noch den jungen Hund in sich, der gerne wieder eine Runde drehen würde.
    Grarr schnüffelte an Giacomos Hinterteil und gewährte auch diesem die traditionelle Begrüßung. Wie sie ihrem Alter entsprach.
    »Zwölf Läufe der Sonne ist es her! Damals warst du noch ...«
    »Alle raus«, unterbrach Grarr ihn. »Lasst mich allein mit diesem Hund.«
    Er sagte nicht Freund, dachte Giacomo, und seinen Namen nannte er auch nicht. Er war hier also nur ein Hund. Und er wusste, was dieses Wort für Wölfe bedeutete. Verräter.
    »Es ist wirklich überraschend, dich wiederzusehen. Gerade jetzt. Bist du immer noch den Trüffeln verfallen?«
    »Das hört nie auf, oder ist es bei dir etwa anders?« Giacomo sagte es mit einem Glitzern in den Augen, das er nun auch bei Grarr sah.
    »Es sind schöne Zeiten gewesen, Giacomo«, sagte Grarr und stupste den alten Trüffelhund spielerisch mit dem Fang. »Aber sie kommen nicht wieder, oder?«
    Auf unerlaubten Ausflügen hatte Giacomo den jungen Wolf getroffen, und gemeinsam hatten sie Trüffel ausgemacht und verschlungen, bis nichts

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