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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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der schlechten Nachricht büßen lassen für das drohende Unheil.
    »Grarr denkt«, sagte Commodus, seine Stimme ein ängstliches Flüstern, »dass du dich vom Rudel lossagen willst und versuchst, so viele wie möglich mitzunehmen. Das ist nicht im Sinne der Mutter, sagt er.«
    Grarr wusste es also. Jemand musste geredet haben, jemand, dem sie vertraut hatte. Und das waren nur Söhne und Töchter gewesen. Die Situation war nun sehr ernst.
    Laetitia schubste Commodus an, dieser kippte wie ein Stein über die Brüstung. Doch dann packte sie ihn am Nacken und zog ihn wieder auf die Glockenplattform hinauf. Sie wollte ihn ›Verräter‹ nennen, doch sie wusste, was er geantwortet hätte. Dass er nur dem Befehl Grarrs gehorchte. Denn das war schließlich die herrschende Ordnung.
     
    Tarcisio Burgnich kämmte sich die Haare, legte sich eine Strähne frech in die Stirn. Wie immer mit dem Lauf einer kleinkalibrigen Pistole. Geladen. Das gab der Sache erst den richtigen Kitzel und ließ ihn sich einen ganzen Kopf größer fühlen.
    Genau das brauchte er zur Zeit. Die Kreditgeber standen ihm nicht länger auf den Füßen. Sie saßen ihm im Nacken. Dass sie vor allem aus seinem Vater bestanden, machte die Sache nicht besser. Dieser hatte nämlich beschlossen, ihn wie jeden anderen zu behandeln. Damit er etwas fürs Leben lernte. Auch auf die Gefahr hin, dass es dadurch kurz werden könnte. Tarcisio Burgnichs Vater betrieb keine offizielle Bank, es war mehr das Hinterzimmer einer Bar, in der sich Freunde halfen. Ganz unbürokratisch und schnell.
    Er schaltete den Fernseher an. Lokale Nachrichten. Und wen sah er da? Die Wolfstussi! Und über wen redete sie? Über ihn natürlich. Die Mediensperre auf seinem Grund und Boden war also unterlaufen worden. Er würde nachbessern müssen. Niemand sollte mehr hierher kommen, bis er alles geregelt hatte. Die Straßenbarrieren hatte er schon organisiert.
    Burgnich holte sich ein Glas, aber keinen Wein. Lieber Grappa. Isabella Tinbergen klagte ihn gerade an, er habe die Wölfe ausräuchern wollen, doch das sei ihm glücklicherweise nicht gelungen. In Rimella spiele sich ein einmaliges Naturschauspiel ab, ein nationaler Schatz Italiens sei entstanden. Hinter ihr brach Jubel aus, und plötzlich sprangenhalbnackte Hippies mit Transparenten ins Bild. Sie hatten sich Wolfsköpfe auf die Brust gemalt. Also die Männer. Die Frauen hatten die Oberarmvariante vorgezogen.
    Burgnich machte die Glotze wieder aus. Wie hatte es nur so weit kommen können? Das hier sollte ein Spaziergang werden. Die Kosten waren überschaubar, die Risiken gering. Doch dann kamen die Wölfe, und mit ihnen der Ärger. In Form von Kabel zerbeißenden Mardern, ihren Kot bevorzugt auf seinen Arbeitern abladenden Krähen, neuerdings auch Wildschweinen sowie Ökospinnern und durchgeknallten Hunden. Als er heute die Straßenarbeiten beaufsichtigt hatte, waren zwei davon, ein uralter Collie und ein nicht viel jüngerer Lagotto Romagnolo , durch Rimella spaziert, hintereinanderher wie Enten auf Landurlaub. Und was machten die Wölfe? Gafften den beiden blöde hinterher. Toller nationaler Schatz! Eher eine nationale Tier-Irrenanstalt.
    Aber morgen würde all dieser Spuk ja eh vorbei sein.
    Die besten Ideen kamen ihm doch immer noch im Schlaf!
    Das Pulver war leicht gelblich und stand in einer durchsichtigen Tüte neben seinem Rasierschaum. Es ließ sich Zeit mit der Wirkung. So dass keins der Biester misstrauisch werden konnte, wenn plötzlich jemand neben ihm in tiefen Schlaf fiel. Es würde erst losgehen, wenn alle schon getrunken hätten. Er selbst würde die Wölfe dann ›retten‹ und sie genesen zurück in ihr altes Revier bringen. Was für eine Werbung!
    Die Schutzausrüstung würde Ernesto heute mitbringen. Damit konnte man zum Brunnen auf der Piazza rennen. Mit ordentlichen Überlebenschancen.
     
    Eins mit den Schatten zu sein fühlte sich kühl an, als sei er zu einer wandelnden Nacht geworden. Die Kralle hatte Vespasian ins Dunkel gedrängt, denn sie hatten ihn gesucht,gejagt, doch nicht gestellt. Nur im Schatten war er fortan sicher, und er stand in diesem, als Commodus die Leiter zu ihm hinunterstieg, lange Zeit nachdem Laetitia fort war. Vespasian hatte sie nicht ansprechen, nicht in Gefahr bringen wollen, die von nun an immer bei ihm sein würde wie eine eiternde Wunde.
    »Bist du schon einmal gejagt worden, alter Freund? Gehetzt? Von deinem eigenen Rudel?«
    »Vespasian!« Seine Stimme klang unsicher. »Du wirst

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