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Tod & Trüffel

Titel: Tod & Trüffel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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ich noch nie gesehen.« Blitz starrte vor sich auf den Boden, als würde er sich gleich auftun und ihn verschlingen. »Es war furchtbar.« Er rückte näher an den Baumstamm, und schreckte James Dean hoch, als er dagegenstieß. Der Boxer bellte panisch auf, doch Blitz begann wieder zu erzählen, konnte den Fluss der Worte, der so lange eingedämmt war, nun nicht mehr halten.
    »Ich hab Carabiniere getroffen.«
    Alle Hunde spitzten die Ohren. Der Rottweiler hatte als bester Wachhund Rimellas gegolten. Nie hatte er seinen Posten verlassen, er war fast wie festgeschraubt in seiner Hütte gewesen. Sein Organ war mächtig und hatte manche Nacht im Dorf zum Tag gemacht. »Er blickt jetzt auf eine Straße – und sieht nichts.«
    »Wie? Er sieht nichts?«, fragte Franca.
    »Ist er erblindet?«, kam es von Niccolò, der seine kurze Hoffnung auf Verstärkung schon wieder schwinden sah.
    »Nein, nein«, stieß Blitz hervor, nachdem er wieder Atem geholt hatte. »Es gibt kein Leben auf der Straße. Deshalb sieht er nichts. Selbst in Marcos neuer Trattoria soll es leer sein. Am Anfang wären sie alle da gewesen, jaja, hätten geredet, sogar mal gefeiert, aber jetzt hockten sie alle in ihrenHäusern, die Gärten hätten Zäune, und kaum ein Hund käme ihn besuchen. Das Einzige, was er sehen würde, wären Autos, die vorbeirasen. Da müsste er immer bellen, so gehört sich das ja für ihn, deshalb ist er immer heiser. Als er ...«
    »Wie geht es meiner Menschenfrau?«, platzte Franca heraus. »Hat sie dort wieder einen Salon, trimmt sie auch wie früher Hunden die Haare?«
    Blitz achtete nicht auf sie. »Als er eines Tages ordnungsgemäß einen LKW verbellte, der direkt vor dem Haus geparkt hatte ... «
    » Ist meine Friseurin da? « Franca zwickte Blitz ins Fell. James Dean hörte das folgende Aufjaulen des Chow-Chow und fing wieder an zu bellen.
    Irritiert wendete sich der Chow-Chow zu ihr. Als er Francas Miene sah, wurde er ängstlich. »Jaja, die Friseurin ist da, lebt und schneidet Haare, aber wenig Kundschaft, sagt Carabiniere, meist fummelt sie an Perücken rum und dekoriert ihr Fenster neu.«
    »Hat sie einen ... Hund?«
    »Wieso? Nein. Du bist doch hier.«
    Niccolò wusste, was Franca meinte. Sie hatte ausgesprochen, was sich alle Hiergebliebenen fragten. Waren sie zurückgelassen worden, weil die Menschen sie nicht mehr wollten? Viele der Hunde Rimellas waren schließlich mit ihren Menschen verschwunden, nur sie nicht. Ein neuer Hund bei Signorina Elisabetha hätte den Verdacht bestätigt. Als Franca nun hörte, dass dem nicht so war, veränderte sich nicht nur ihre Haltung, sondern auch ihr Herzschlag, das fast zittrige Pochen, das auf ihrem ausgemergelten Leib zu sehen gewesen war, verwandelte sich in ein kraftvolles Schlagen.
    »Wo ist das Dorf? Ich will zu ihr!«, rief Franca nun und wedelte fröhlich. »Es ist nicht weit, oder? Ich werde baldwieder bei ihr sein!« Dann würde sie wieder schön sein, ihr Fell glänzend, und eine Schleife würde ihr Köpfchen krönen.
    »Und meine Menschen? Die Frau und das Mädchen?«, fragte Niccolò. Die Frage war erst spät in seinem Kopf aufgetaucht, doch nun war sie drängend.
    »Einfach die Hauptstraße runter in Richtung des großen Pappelwalds. Dorthin, wo lange nichts anderes kommt, nichts kam, denn jetzt kommt da ja was, das neue Rimella, das kommt da, du musst nicht lange rennen, aber pass auf die Autos auf, gut musst du aufpassen, denn sie fahren schnell, sehr schnell.«
    Es war Blitz anzusehen, dass er nun den Faden verloren hatte. Die eine Frage hatte er beantwortet, aber war da nicht noch eine gewesen? Er blickte sich um, als wäre sie irgendwo auf den Boden gefallen. Franca war bereits losgerannt. Schließlich blickte er Niccolò in die Augen. »Du hattest etwas gefragt, oder? Was war es noch? Warte, ich komme gleich drauf, hab’s gleich! Worum ging es noch?«
    »Meine Menschen. Sind sie da? Und ... allein?«
    »Ach ja«, sagte Blitz und freute sich. »Das war es, genau. Danke!«
    » Und? «
    »Was, und? Du wolltest wissen, ob deine Menschen auch da sind. Und ob sie einen Hund haben, wenn ich dich richtig verstanden habe.«
    »Genau das wollte ich wissen.«
    »Sag ich doch!« Blitz drehte sich um und rief in den hohlen Baumstamm. »He, James Dean. Deine Menschen sind auch da. Die haben aber leider einen neuen Hund. Den kann keiner leiden, sagt Carabiniere. Ebenfalls ein Boxer.«
    »Darf er auch schönes Leder tragen?«, kam es leise aus dem Dunkel.
    » Blitz! «,

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