Tod an der Förde
des
Landeskriminalamtes und betrachtete geistesabwesend seinen Kaffeebecher. Er
blickte auf, als Lüder sich näherte. Mit einem Kopfnicken begrüßte er seinen
Mitarbeiter.
Lüder berichtete von dem Einbruch in sein Haus, dem
Schock, dem seine Familie ausgesetzt war, und dass seine Lebenspartnerin im
Krankenhaus lag. Er informierte Nathusius auch über die sonderbare schwarze
Rose.
»Da versucht jemand, uns einzuschüchtern«, stellte der
Kriminaldirektor fest.
Lüder musterte seinen Vorgesetzten. Nathusius war wie
immer korrekt gekleidet. Das hellblaue Hemd passte hervorragend zum
dunkelblauen Clubblazer. Die dezent gestreifte Krawatte war mit einem
Windsorknoten exakt zwischen den Kragenspitzen ausgerichtet. Seit ihrer ersten
Begegnung akzeptierte Lüder den Kriminaldirektor als Vorgesetzten, der mit
seinem bestimmenden Auftreten keinen Zweifel an seinem Führungsanspruch zuließ,
aber jederzeit ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter fand. Jochen Nathusius
hatte die seltene Gabe, zuhören zu können. Mit einem messerscharfen Verstand,
der herausragenden analytischen Fähigkeit und seiner umfassenden Bildung war er
für Lüder immer ein gesuchter Gesprächspartner gewesen, der allerdings nie davor
zurückscheute, zu gegebenem Anlass auch Worte der Kritik zu finden.
»Wer hat so viel Einfluss, dass er über das Auswärtige
Amt Druck auf das Kieler Innenministerium ausüben kann? Pagenkämper ist in
meinen Augen nur eine Galionsfigur, die vorgeschickt wird. Der Mann verfügt
vermutlich ebenso wie wir über keine Hintergrundinformation.«
Nathusius nickte stumm.
»Es mag ja sein, dass es Beweggründe gibt, die
elementar die Sicherheit der Bundesrepublik berühren. In einem solchen Fall
würden die Aktivitäten aber über andere Wege laufen. Da wären die
Sicherheitsdienste wie der BND oder der Verfassungsschutz involviert. Wir hätten es dann auch mit dem
Innenminister in Berlin zu tun, der bekanntlich keine Gelegenheit auslässt,
sich in sicherheitspolitischen Fragen zu profilieren. Aber das
Außenministerium? Wer ist eigentlich dieser von Glahn?«
Nathusius sah Lüder lange an, bevor er antwortete.
»Die ganze Geschichte ist eigenartig. Zugegeben. Von Glahn ist der persönliche
Beauftragte der Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Da wird etwas auf ganz
heißer Flamme gekocht. Möglicherweise gibt es Probleme auf internationaler
Ebene. Da scheint es jemandem nicht zu gefallen, dass wir U-Boote für
Argentinien bauen.«
»Könnte es sein, dass sich hier eine Szene breitmacht,
die gegen Waffenexporte ist? Besonders, wenn es sich um in der Welt einmalige
Hochtechnologie ›Made in Germany‹ handelt? Auch ein terroristischer Hintergrund
ist nicht auszuschließen. Wer hat etwas gegen Argentinien? Gibt es dort eine
militante Opposition, die ihren bewaffneten Kampf auf deutschem Boden
fortsetzt?«
Nathusius wiegte den Kopf hin und her. »Die ist
vorhanden. Um diesen Leuten kein Forum zu bieten, könnte die argentinische
Regierung Berlin gebeten haben, das Feuer klein zu halten. Dies wäre ein denkbares
Szenario. Vielleicht liegt das Problem aber auch ganz woanders. Wie kommt man
ohne Gesichtsverlust aus einem Vertrag, den man nicht oder nur mit erheblichen
Opfern erfüllen kann?«
»Sie meinen …?«, fragte Lüder.
»Ja. Was würden Sie machen, wenn Sie einen Vertrag
abgeschlossen haben, den Sie nicht einlösen können?«
Lüder hatte Nathusius’ Anspielung verstanden. »Ich
würde eventuell ein gefährliches Spiel beginnen und versuchen, meinem
Vertragspartner Dinge in die Schuhe zu schieben, die ihn schlecht aussehen
lassen.«
Der Kriminaldirektor streckte die Hand aus und wies
mit dem Zeigefinger auf Lüder. »Sehen Sie, auch das könnte ein Motiv sein. Wenn
der Kunde ›Argentinien‹ Gründe findet, die ordnungsgemäße Auftragerfüllung
seitens der Deutschen in Zweifel zu ziehen, könnten sie aus dem Vertrag
aussteigen und hätten ein großes finanzielles Problem weniger.«
»Das kann der Bundesregierung natürlich nicht
gefallen. Es geht nicht nur um das internationale Prestige unseres
Hightech-Standortes, sondern auch um Arbeitsplätze an der Küste.«
»Und um Folgeaufträge auf diesem Sektor. Jeder
Arbeitsplatz ist eine Wählerstimme. Vergessen Sie nicht, dass im schlimmsten
Fall der Bund auch noch finanziell bluten muss, da die U-Boote sicher durch
eine Bundesbürgschaft abgesichert sind. Da stecken viele Interessen hinter, für
die eine Handvoll Menschenleben bedeutungslos sind. Und die
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