Tod an der Förde
fragte Brown den Kriminaldirektor: »Ist Ihr Mitarbeiter weiter mit diesem Fall befasst? Oder woran arbeitet er
jetzt?«
»Herr Lüders ist
mein engster Mitarbeiter und wird stets mit Sonderaufgaben betraut. Wir haben
in unserer Abteilung vielfältige Aufgaben zu erledigen.« Nathusius sah von
Glahn an. »Um den Stand der laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden, sehe ich
mich gezwungen, keine weiteren Details zu erörtern.«
Von Glahn stand auf.
»Ich denke, das war’s dann, meine Herren.«
Er verabschiedete
Nathusius und Lüder ohne Händedruck. Mr. Brown war wortlos sitzen geblieben.
*
Die beiden Kriminalbeamten kehrten zum Parkplatz
zurück.
»Warum ist Berlin eigentlich so heiß an diesem Fall
interessiert?«, fragte Lüder.
»Das hat verschiedene Ursachen«, erklärte Nathusius.
»Die Werft liefert als Generalunternehmer schlüsselfertige Marineschiffe ab.
Einzigartig ist der außenluftunabhängige Antrieb der U-Boote auf der Basis einer
Wasserstoff-Brennstoffzelle. Mit dieser Technologie ist die Werft weltweit
führend. Denken Sie an die Probleme, die zum Beispiel die Russen mit ihren
U-Booten haben. Außerdem hat sie als einziges deutsches Unternehmen
Torpedorohre entwickelt. Dies verleiht dem Unternehmen ein
Alleinstellungsmerkmal. Damit glänzt die Werft in der globalisierten Welt. Und
von diesem Strahlen fällt genug für Berlin ab. Außerdem schafft es
Arbeitsplätze. Immerhin sind auf der Werft mehr als dreitausend Menschen
beschäftigt. Das ist mehr als ein dicker Brocken.«
»Und was ist mit den Vorstellungen der
Friedensaktivisten? Könnte diese qualifizierte Technik nicht für andere Schiffe
verwendet werden?«
Nathusius lächelte müde. »Schwerter zu Pflugscharen?
Andere Aufträge gibt es kaum noch, abgesehen von ein paar Kreuzfahrtschiffen.
Südostasien kann herkömmliche Tanker und Containerschiffe günstiger bauen. Die
Werft hat sich eine Weile mit dem Bau von Panzerwannen über Wasser gehalten.
Davon kann sie aber auf Dauer nicht existieren. Zum einen hält sich die
Bundeswehr aus Geldmangel mit neuen Aufträgen zurück, außerdem wird bei den
Panzern die Technologie, wie zum Beispiel die Elektronik, im Süden der Republik
eingebaut. Und da gibt es in Berlin viele machtpolitische Bestrebungen, den
dortigen Politikern nicht das ganze Feld des Hightechs zu überlassen. Niemand
spricht offen darüber, aber Berlin ist schon an einem hochwertigen
industriellen Standort nördlich der Weißwurstgrenze gelegen. Denken Sie zum
Beispiel nur an die Förderung des Flugzeugbaus in Hamburg. Wenn jetzt Unruhe an
der Küste entsteht, durchkreuzt es diese Intentionen. Darum könnte Berlin ein
gesteigertes Interesse daran haben, aufkeimende Konflikte mit allen Mitteln
unter der Decke zu halten.«
»Und deshalb versucht man, die Kieler aus dem Fall
herauszudrängen«, sagte Lüder.
Nathusius schwieg einen Moment, bevor er antwortete: »Das wären mögliche Beweggründe.«
»Was hat von Glahn gesagt? Jemand könnte ein Interesse
daran haben, Argentinien zu schwächen. Aber wer?«, überlegte Lüder. »Die
Chilenen waren ihren Nachbarn nicht sonderlich gut gesinnt. Und der angebliche
Journalist da Silva ist Chilene. Ist er das wirklich? Oder gibt er es nur vor?«
»Sie sollten sich auch noch einmal die
Friedensaktivisten genauer ansehen«, schlug Nathusius vor. »Insbesondere diesen
Urquía sollten wir unter die Lupe nehmen.«
»Und wenn Argentinien das alles selbst inszeniert, um
sich vor der Abnahme und damit der Bezahlung der U-Boote zu drücken? Was ist,
wenn Kapitänleutnant Heimberger de Escudero mit einem Spezialauftrag unterwegs
ist?«, fragte Lüder.
Nathusius stutzte einen Moment. »Sie meinen, er ist
vielleicht gar nicht als der ›zweite Mann‹ hier, sondern soll das Projekt ins
Chaos führen?«
»Immerhin hat er uneingeschränkt Zugang zur Werft. Und
die Einbruchversuche, aber auch die Störungen im Betriebsablauf kann nur jemand
verursacht haben, der sich auf dem Gelände frei bewegen kann. Was verstehen wir
schon von südamerikanischer Mentalität? Ging der Auftrag so weit, dass der
Commodore, obwohl er ein verdienter Offizier war, als Opfer hingenommen wurde?
Wenn der U-Boot-Deal wirklich wegen Nichterfüllung durch die Werft platzt, muss
Argentinien nicht noch einmal wegen Zahlungsunfähigkeit passen und kann das
Gesicht wahren. Denn sonst würde das internationale Ansehen noch mehr
beschädigt, und das wäre für die wirtschaftliche Akzeptanz des Landes eine
Katastrophe. Ich
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