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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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geschlossen. Ein zweites
Wohnzimmer, das Schlafzimmer – all das interessierte den Mann nicht. Endlich
fand er, wonach er suchte. Der Hausherr hatte sich ein Arbeitszimmer gegönnt.
    Der Mann beugte sich über den Schreibtisch. Dort lagen
wahllos CD s, Posteingänge und
andere Papiere herum. Die Briefe waren ausschließlich privater Natur.
Rechnungen, Mahnungen, Werbeschreiben.
    Auf der Schreibtischecke lag ein Stapel gefalteter
Papiere. Es waren technische Zeichnungen, deren Inhalt der Mann nicht
beurteilen konnte. Er legte den Stapel beiseite. Diese Unterlagen würde er
mitnehmen. Das galt auch für die CD s,
die er auf dem Schreibtisch fand.
    Mit dem Zeigefinger, der in Latexhandschuhen steckte,
fuhr der Mann die Reihe der Ordner im Wandregal ab. Zwei zog er heraus. Auf dem
einen Rücken stand in unregelmäßiger Handschrift »Hausfinanzierung«, auf dem
anderen »Argentinienanleihe«.
    Mit flinken Fingern blätterte er die Ordner durch.
Fast bei jeder zweiten Seite murmelte er leise etwas vor sich hin. Schließlich
zog er eine kleine Digitalkamera aus der Hosentasche und begann, die ihn
interessierenden Seiten zu fotografieren. Das Gleiche machte er mit den
Papieren, die er im zweiten Ordner für lesenswert erachtete.
    Nachdem er eine Reihe von Aufnahmen gemacht hatte,
stellte er die Ordner wieder an ihren Platz zurück. Er wollte sich gerade zur
Tür hinausbegeben, als er stutzte und zum Schreibtisch zurückkehrte. Neben dem
Arbeitsplatz stand der Drucker, in dessen Ablagefach sich ein einzelnes Blatt
Papier befand. Es war die Kopie eines zwei Tage alten Schreibens an die Commerzbank
in Kiel, in dem sich Forstheim beschwerte, dass seine EC -Karte am Geldautomaten im Sophienhof mit dem Hinweis, er
möge sich an seine Zweigstelle wenden, eingezogen worden war.
    Eigentlich hatte er nicht vor, das Schlafzimmer zu
betreten. Nun tat er es doch. Der Blick in die Schränke zeigte ihm, dass
vornehmlich Frau Forstheim über umfangreiche und mehr als ausreichende
Garderobe verfügte. Sonst war nicht Bemerkenswertes zu sehen.
    In der linken Nachttischschublade fanden sich ein paar
angebrochene Tablettenschachteln.
    Die rechte Nachttischschublade war leer. Fast. Bis auf
die Pistole, die einsam dort lag. Der Mann nahm sie in die Hand. Die Waffe war
geladen. Er fotografierte sie und kontrollierte das Bild. Auf dem war die Marke
nicht erkennbar. Der Mann merkte sich den Namen. Es war eine Walther.
    Er legte die Waffe an ihren Platz zurück und huschte
auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Nichts war zu hören. Er durchquerte das
Esszimmer, blieb noch einmal kurz stehen und nahm sich einen rot leuchtenden
Apfel aus dem Obstkorb, der auf einer Anrichte stand. Dann verließ er durch die
angelehnte Terrassentür das Haus. Im Nachbargarten wurde immer noch
gefrühstückt.
    Der Mann umrundete Forstheims Haus. Auch jetzt war
niemand auf der Straße zu sehen. Er kehrte zu seinem Auto zurück, startete und
fuhr, herzhaft in den Apfel beißend, in Richtung Innenstadt.
    *
    Die Stadt wirkte wie ausgestorben. Es waren
erstaunlich wenig Menschen auf den Straßen unterwegs. Entweder waren die Kieler
alle an den Gestaden der Förde spazieren oder sie liebten ihr Heim, überlegte
Lüder. Tatsächlich gehörte die Innenstadt in der verkaufsfreien Zeit nicht zu
den Orten, zu denen die Menschenmassen strömen.
    Er war in die Johannesstraße gefahren, parkte
verbotenerweise halb auf dem Gehweg vor der Gaststätte »Alt Gaarden« und betrat
das Haus durch den in einem Torweg versteckten Eingang. Im Treppenhaus roch es
nach fremdländischer Küche. Lüder klingelte bei Potthoff-Melching. Der Lehrer
war erstaunt, als er öffnete und Lüder gegenüberstand. Er bat ihn aber, ohne
Umstände zu machen, in die Wohnung. Sie gingen in den Lüder bereits bekannten
Wohnraum.
    »Ich habe keine Adresse von Jesus Raúl Urquía«, sagte
Lüder.
    Der Lehrer zog eine Augenbraue hoch. »Das überrascht
mich, dass Sie Ihre Unwissenheit so offen eingestehen. Ich war der festen
Überzeugung, die Polizei wäre über so etwas informiert.«
    »Dann muss ich Ihren falschen Eindruck korrigieren.
Natürlich gibt es Quellen, aus denen wir die deutsche Meldeadresse ermitteln
können. Wir betrachten es aber nicht als unsere Aufgabe, als ›Big Brother‹
hinter allem und jedem hinterherzuschnüffeln.«
    Es gelang Potthoff-Melching sogar, ein Lächeln auf
sein Gesicht zu zaubern.
    »Sie haben sicher Verständnis für meine kritische
Einstellung. Wenn Sie mit einer nicht allen

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