Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
Polizisten. Sie sind in
Sicherheit. Wie heißen Sie?«
Aus dem vor Angst schlotternden Knäuel wurden wieder zwei Menschen.
Es war ihnen noch anzusehen, wie schön sie einmal gewesen sein mussten, vor
ihrem Martyrium.
»Ich bin Felipa«, sagte die eine, »Ich bin Rosalia«, die andere.
»Wir sind Zwillinge«, antworteten sie zusammen.
»Geht es euch gut?«
»Es wird schon wieder.« Rosalia versuchte stöhnend aufzustehen.
Dabei half ihr ihre noch sitzende Schwester. Auch Carmen und Berger sprangen
ihr bei.
»Hat man Ihnen etwas angetan?«, fragte Carmen.
»Nein, man hat uns nur mal wieder fürchterlich verprügelt, weil ich
gestern das Couscous habe anbrennen lassen.«
»Aber was sollen wir machen, wenn wir nicht genug Öl zum Kochen
bekommen? Da kann so etwas schon mal passieren«, ergänzte Felipa. »Wir hatten
noch Glück im Unglück, dass nur dueñas da waren,
sonst wären wir nicht nur verprügelt worden, nehme ich an.«
Berger half nun Felipa auf die Beine. »Sie meinen die beiden
Álvarez-Mädchen?«
»Nein, unsere dueñas . Wir wurden ihnen von
den beiden großen dueñas geschenkt.«
Berger versuchte sich zu konzentrieren. »Die Álvarez-Mädchen sind
also die Besitzerinnen eurer Besitzerinnen?«
Rosalia nickte. »Genau so ist es.«
»Wie alt sind Sie beide, wenn ich fragen darf?«
»Wir sind seit einer Woche zweiundzwanzig.«
Carmen war noch immer sehr um die beiden besorgt. »Wie lange hat man
Sie hier gefangen gehalten?«
»Seit der Frühmesse des 5. Dezember. Da hielt plötzlich ein Wagen
neben uns, und wir wurden hineingezogen. Man hat uns hier ausgeladen, und
seitdem wurden wir wie Sklavinnen gehalten.« Felipas Hand suchte nach der ihrer
Schwester. »Das ist nun schon ein Dreivierteljahr her.«
»Aber ich bitte Sie, so hoch waren die Hecken doch nun auch wieder
nicht«, sprudelte es aus Carmen heraus. »Da wäre ich an Ihrer Stelle doch schon
längst geflohen.«
»Was meinen Sie, wie oft wir daran gedacht haben? Einmal haben wir
es sogar versucht.« Felipa stockte in ihrem Bericht, dafür sprang Rosalia ein.
»Sie hatten doch unseren Bruder. Zur Strafe haben sie uns seinen
kleinen Finger geschenkt, der steht in der Küche, in Formalin eingelegt. Wenn
wir noch einmal fliehen sollten, hieß es, würden wir noch mehr Teile von Joau
bekommen. Irgendwann muss er auch einmal versucht haben, zu entkommen.«
»Haben die das erzählt?«
»Nicht direkt«, sagte nun Rosalia. »Eines Abends kamen sie in unsere
Schlafkammer. Sie haben mich gegriffen und mir einfach das Ohr abgeschnitten.
Doll wehgetan hat es eigentlich nicht. Es hat nur so furchtbar geblutet.«
»Haben sie dazu nichts gesagt?«, fragte die entsetzte Carmen.
»Doch. Sie sagten, wenn unser Bruder noch einmal fliehen sollte,
seien unsere Brüste fällig.«
Carmen wurde blass. »Wir sollten nach oben gehen. Mir wird übel in
diesem Kabuff. Ist das Ihre Schlafkammer?«
»Nein«, antwortete Felipa. »Die ist oben. Hier wurden wir nur eingesperrt,
wenn unsere dueñas weg waren, damit Pablo nicht über
uns herfällt. Das hat er nämlich schon ein paarmal versucht.«
»Pablo ist dieses greinende Jüngelchen da oben?«
»Haben Sie ihn gefangen genommen?«
»Sí« , bestätigte Berger.
»Ach, wissen Sie, wenn er seine Hormone besser unter Kontrolle
hätte, wäre er eigentlich ein ganz netter Kerl. Dem ging es auch nicht viel
besser als uns.«
Sie kletterten alle vier in die Küche. Den beiden jungen Frauen
bereitete jeder Schritt Schmerzen, daher dauerte es etwas, bis alle in der
Küche standen.
»Dürfen wir Ihnen einen Pfefferminztee machen? Kaffee haben wir
leider nicht im Haus.«
Berger und Carmen schauten sich irritiert an. Sie nickte. »Warum
nicht, wenn es Ihnen nichts ausmacht?«
Felipa lachte hell auf. »Nein, ganz und gar nicht. Das ist das erste
Mal, dass es uns Spaß macht, einen Pfefferminztee zu kochen.«
Rosalia füllte einen Wasserkessel und setzte ihn auf den Gasherd.
»Wir sind Ihnen ja so dankbar, dass Sie unseren Bruder befreit haben.«
»Natürlich«, fügte Felipa hinzu, »sind wir Ihnen auch für unsere
Freiheit dankbar.«
Carmen und Berger nahmen an einem kleinen Küchentisch Platz. Schon
bald standen kleine Tassen mit dampfendem Pfefferminztee vor ihnen. Das
wunderbare Aroma zog durch die ganze Küche.
»Trinken Sie ihn vorsichtig. Er ist von der Konsistenz her etwas
likörartig, deshalb kann man sich daran leicht die Zunge verbrennen.«
Sie rührten viel Zucker hinein. Der erste vorsichtige
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