Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
Sie müssen jeden Augenblick kotzen und haben mich gebeten, dass
ich Sie hinaus an die frische Luft begleite.«
Rosa wurde schlagartig blass, hängte sich bei Angela Bischoff ein
und wurde von ihr förmlich aus dem Kreuzgang geschleift. Die von Cristóbal
angegebene Tür war tatsächlich offen. Ein junger Mann, der an dem langen Tisch
saß, an dem früher die Ministranten ihre Belohnung in Form einer Mahlzeit
eingenommen hatten, sprang auf, als die beiden Frauen hereinstolperten.
»Hier ist der Durchgang verboten«, bellte er unfreundlich.
Angelas geübtem Blick entging nicht, dass er unter seinem weiten
Hawaiihemd eine Waffe trug. Gräfin Rosa begann, herzerweichend zu würgen. »Der
Dame ist schlecht, sie muss ganz schnell an die frische Luft.«
Von der Dringlichkeit dieses Anliegens überzeugt, sprang der junge
Mann auf und wollte Angela helfen, das Bündel Elend doch lieber schnell nach
draußen zu begleiten. Kaum stand er vor ihnen, ließ sich Gräfin Rosa in seine
Arme fallen. Er konnte gar nicht anders als sie mit beiden Armen auffangen. In
so einem Augenblick kann auch ein zierliches Persönchen, wie die Gräfin es war,
ein ziemliches Gewicht entwickeln. Ächzend zog er sie an sich. »Meine Herren,
ist die schwer.« Er schaute sich nach Angela Bischoff um, die jetzt hinter ihm
stand. »Könnten Sie mal bitte die Füße Ihrer Freundin nehmen?«
»Ja, natürlich, sofort«, antwortete sie, machte aber keine
Anstalten, die gräflichen Füße zu erreichen, sondern nahm vom Holztisch einen
Metallleuchter und schlug ihn dem jungen Mann ins Genick.
Mehr als ein Grunzen war nicht von ihm zu hören. Erst ließ er die
Gräfin aus seinen Armen rutschen, dann fiel er wie ein gefällter Baum der Länge
nach neben den Tisch. An seinem Kopf hatte sich eine ziemlich übel aussehende
Platzwunde aufgetan, die heftig blutete.
Rosa bekam einen Schreck, als sie sah, was Angela da angerichtet
hatte. »Mussten Sie denn gleich so doll zuhauen?«
»Woher soll ich denn wissen, dass der überhaupt nichts aushält? Nun
haben wir beide wenigstens ein richtiges Opfer, das dringend aus der Kirche
rausmuss.«
Mit geübtem Griff entwaffnete sie den Mann und durchsuchte ihn nach
anderen gefährlichen Gegenständen. Sie nahm ihm einen Rosenkranz, ein Handy und
ein Funksprechgerät ab. Gräfin Rosa öffnete inzwischen die Tür zur Straße, die
wohl von dem jungen Mann verriegelt worden war. Dann griffen beide zu, hoben
ihr Opfer auf und schleppten es stöhnend auf die Straße.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich mir an der Jugend noch mal einen
Bruch heben werde«, schimpfte Rosa.
Als sie die andere Straßenseite erreicht hatten, legten sie den jungen
Mann ab. Mehrere Streifenwagen rasten um die Ecke und hielten abrupt neben der
Kirche. Berger sprang aus einem der Wagen, gefolgt von Carmen.
»Was ist denn hier passiert?«
»Cristóbal hat uns rausgeschickt, um Hilfe zu holen, da drin geht
gleich eine wilde Schießerei los, befürchtet er. Er hat sieben tief
verschleierte Personen gezählt, und er glaubt, dass die bis unter die Zähne bewaffnet
sind.«
»Sie werden lachen, Angela, aber der gute Mann hat leider recht. Ist
da drin noch alles ruhig?«
Angela nickte.
»Und was habt ihr mit dem da gemacht?« Er zeigte auf den blutenden
Kerl zu ihren Füßen.
Gräfin Rosa rang nach der Anstrengung noch immer nach Luft. »Angela
hat ihn mit einem ›Candle-Light-Schwinger‹ ins Nirwana geschickt. Scheint einer
der Bösen zu sein, er war auch bewaffnet und hat die Tür bewacht.«
Carmen gab einem Kollegen ein Zeichen. »Nehmen Sie den hier fest und
rufen Sie Krankenwagen und Notarzt in großer Besetzung. Wenn es da drin
wirklich eine Schießerei gibt, brauchen wir einige.« Der Mann rannte
erschrocken zum Funkgerät seines Dienstwagens. »Wie ist die Lage da drin?«,
wollte sie von Angela wissen.
Die benutzte die staubige Heckscheibe des Streifenwagens als
Flipchart. »Das hier ist der Altar. Eine verschleierte Person steht links, eine
weitere rechts neben dem Katafalk, dann gibt es jeweils zwei im linken und im
rechten Kreuzgang und hier hinten am Mittelgang der Kirchenreihen. Was die noch
an Zivilpersonen in der Kirche postiert haben, ist nicht ersichtlich. Ich
glaube aber, den Hafenmeister hier hinten gesehen zu haben. Der ist ja wohl
einer von denen.«
»Da fehlt eine.« Carmen zog ihre Stirn kraus. »In der Kirche müssen
acht sein. Die beiden Álvarez-Mädchen und sechs Amazonen.«
»Ich habe nur sieben gesehen«, erwiderte
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